Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Details zur achten Signalwertberechnung

Seit dem Jahr 2002 wurden auf der Basis der Daten aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung sieben Signalwertwertberechnungen in jährlichem Abstand durchgeführt. Wie bereits in der Bilanz des BVL Anfang 2009 nach sechs Jahren Minimierungskonzepts erläutert, wurde im Verlauf der letzen Jahre bei den meisten Warengruppen der Acrylamidgehalt verringert. Insgesamt war das Minimierungskonzept ein Erfolg, an dem Wirtschaft und Lebensmittelüberwachung gleichermaßen beteiligt waren. Durch die enge Zusammenarbeit beider Bereiche wurden in vergleichsweise kurzer Zeit die technisch möglichen Maßnahmen effektiv umgesetzt.

Der Acrylamidgehalt einzelner Warengruppen hat sich in den letzten Jahren in Deutschland auf einem niedrigen Niveau stabilisiert, eine weitere signifikante Absenkung der Gehalte stößt an technologische Grenzen. Vor diesem Hintergrund hat sich das BVL entschlossen, das Minimierungskonzept für die Berechnung des neuen Signalwerts zu überarbeiten und anzupassen und damit den nationalen und internationalen Entwicklungen auf diesem Gebiet Rechnung zu tragen.

Bei einer Signalwertberechnung im jährlichen Abstand erwies sich für einige Warengruppen die Datengrundlage als zu gering, um statistisch verwertbare Ergebnisse zu erzielen. Vor diesem Hintergrund wurde der Auswertezeitraum auf zwei bis drei Jahre verlängert. Mit dem Stichtag 31. März 2010 liegen nun 3.897 Datensätze zur Auswertung vor, in allen bisher betrachteten Warengruppen ist die Datengrundlage damit befriedigend.

Auch innerhalb einzelner Warengruppen waren Anpassungen erforderlich. Die beiden Warengruppen Frühstückscerealien und Kaffeeersatz waren sehr heterogen zusammengesetzt. Darin waren eine Vielzahl von Produkten zusammengefasst, deren Acrylamidbildungspotenzial sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.

Acrylamid wird abhängig von der Herstellungstechnologie in ganz unterschiedlichen Mengen während der Erhitzung des Lebensmittels gebildet. Erfolge bei der Minimierung einzelner Lebensmittel waren nicht ohne weiteres auf alle Lebensmittel dieser Gruppe anzuwenden, ein niedrigerer Signalwert war deshalb aus technologischen Gründen nicht für alle Lebensmittel dieser Warengruppe einzuhalten. Es entstand somit bei diesen beiden Warengruppen in den vorangegangenen Signalwertberechnungen ein verzerrtes Bild.

In der Signalwert-Warengruppe Frühstückscerealien wurden beispielsweise Müslis und Cornflakes zusammengefasst, obwohl der Acrylamidgehalt klassischer Müslis und Früchtemüslis im Vergleich zu Cornflakes sehr gering ist. Müslis und Früchtemüslis enthalten Getreideflocken, die durch Dämpfen bei schwacher Hitze hergestellt werden. Im Vergleich dazu ist das Potenzial, Acrylamid zu bilden bei der Herstellung von Cornflakes unter trockener Hitze und deutlich höheren Temperaturen viel stärker ausgeprägt.

Im Ergebnis lag der Signalwert der Frühstückscerealien aufgrund des geringen Acrylamidgehalts der Weizenflocken bei einem so niedrigen Wert, dass er von den Cornflakes in der Regel nicht eingehalten werden konnte. Deshalb war hier eine Anpassung der Zusammensetzung der Warengruppe erforderlich. Die Müsliprodukte wurden herausgenommen, wie erwartet stieg der errechnete Signalwert der verbliebenen Lebensmittel auf 260 µg/kg an. Deren Acrylamidgehalt wurde somit sehr viel realistischer abgebildet. Für diese Warengruppe wurde deshalb die bis dahin gültige Festlegung aufgehoben, wonach Signalwerte nicht mehr ansteigen dürfen.

Eine ähnliche Situation bestand bei der Warengruppe Kaffeeersatzprodukte. Hier ist z. B. zwischen Mischungen aus Getreidekaffeeextrakt mit Zichorieextrakt (höheres Acrylamid-Bildungspotenzial) und Malzkaffee (niedrigeres Acrylamid-Bildungspotenzial zu unterscheiden. Derzeit wird diese Warengruppe neu strukturiert. Bis auf Weiteres wird der Signalwert hier auf 1000 µg/kg festgesetzt.

Parallel zu der Datenerhebung in Deutschland wurde auf EU-Ebene seit 2007 ein Acrylamid-Monitoring für die in Empfehlung Nr. 2007/331/EG definierten Warengruppen durchgeführt.
Das EU-Monitoring war zunächst für drei Jahre bis zum Jahr 2009 befristet. Mit der EU-Empfehlung Nr. 2010/307/EU wurde die Datenerhebung über diesen Zeitraum hinaus verlängert. In diese Empfehlung wurden außerdem einige Anpassungen der bisherigen Verteilung der Warengruppen vorgenommen sowie Hinweise zur Probenentnahme ergänzt.

Die Ergebnisse aus den ersten beiden Jahrgängen des EU-Monitorings nahmen die EU-Kommission und die Experten aus den Mitgliedstaaten zum Anlass, EU-weit gültige Signalwerte auszuarbeiten, die voraussichtlich Anfang des Jahres 2011 angewandt werden sollen. Von diesem Zeitpunkt an gelten für die meisten Warengruppen, für die in Deutschland bisher Signalwerte berechnet wurden stattdessen die europäischen Signalwerte. Für die verbleibenden Warengruppen (nach bisherigem Stand: Lebkuchen, Kartoffelpuffer und Kaffeeersatz) wird das Minimierungskonzept nach bisheriger Prägung weitergeführt.

Zusammenfassend wurden folgende Anpassungen des Signalwertkonzepts gegenüber der letzten Signalwertberechnung vorgenommen:

  • Rundung der Signalwerte auf Zehner-Stellen vor dem Komma, um der Schwankungs-breite sowie der Messungenauigkeit bei der quantitativen Bestimmung von Acrylamid Rechnung zu tragen.
  • Wegfall des Beobachtungswerts, wie bereits bei der letzten Signalwertberechnung angekündigt. Anstelle des Beobachtungswerts wird der Fokus auf die statistischen Kennwerte gesetzt.
  • Anpassung der Zusammensetzung der Warengruppe Frühstückscerealien. Müsliprodukte mit geringem Acrylamidbildungspotenzial werden nicht mehr bei der Berechnung berücksichtigt.
  • Festlegung des Signalwerts auf 1000 µg/kg für die Warengruppe Kaffeeersatz.