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Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2009

Zusammenfassung der Ergebnisse des Jahres 2009 aus der Bundesrepublik Deutschland

Hintergrund

Dieser Bericht fasst die Ergebnisse der in Deutschland im Jahr 2009 an Lebensmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs sowie an Säuglings- und Kleinkindernahrung durchgeführten Untersuchungen zusammen. Er beinhaltet auch die Ergebnisse des auf die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 gestützten mehrjährigen koordinierten Kontrollprogramms der Europäischen Gemeinschaft, welches der Gewährleistung der Einhaltung der Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebensmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs sowie der Bewertung der Verbraucherexposition mit Pestizidrückständen über die Nahrung dient. Die im Rahmen dieses Programms zu untersuchenden Lebensmittel und Wirkstoffe wurden in der Verordnung (EG) Nr. 1213/2008 der Kommission vom 5. Dezember 2008 bekanntgegeben.

Dementsprechend wurden im vorliegenden Bericht alle Daten von Erzeugnissen mit einer Probenahme vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2009 berücksichtigt, die dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) von den Untersuchungseinrichtungen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung der 16 Länder gemeldet wurden. Insgesamt beteiligten sich im Jahr 2009 32 Untersuchungsämter an der Datenübermittlung, welche alle nach ISO 17025 akkreditiert sind und ihre Leistungsfähigkeit durch regelmäßige Teilnahme an nationalen und / oder internationalen Ringversuchen nachweisen.

Die detaillierten Tabellen zu den hier beschriebenen Auswertungen finden sich unter dem Link "Tabellen zur Nationalen Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2009" am Ende dieses Berichtes.

Daten- und Probenumfang

Im Jahr 2009 wurden in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 16.866 Proben von Lebensmitteln auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückständen untersucht. Davon wurden 2.568 Proben im Rahmen des Monitorings und 14.298 Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung gezogen. Während das Monitoring auf einer repräsentativen Probenahme basiert und die Ermittlung der Verbraucherexposition zum Ziel hat, erfolgt die Probenahme bei der amtlichen Lebensmittelüberwachung risikoorientiert und dient der Überprüfung der Einhaltung von Rechtsvorschriften, insbesondere der geltenden Rückstandshöchstgehalte.

Für die Berichterstattung an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Kommission der Europäischen Gemeinschaft werden die Proben in "surveillance sampling" und "follow-up enforcement sampling" unterteilt. Als "surveillance"-Proben bezeichnet man dabei die Plan- und die Monitoring-Proben, während Verdachts-, Beschwerde- und Verfolgsproben unter der Bezeichnung "follow-up enforcement sampling"-Proben zusammengefasst werden. Von den 16.866 Proben des Berichtsjahres fallen insgesamt 16.373 Proben in die Kategorie "surveillance sampling" und 493 Proben in die Kategorie „follow-up enforcement sampling“. Die Lebensmittel des mehrjährigen koordinierten Kontrollprogramms der Europäischen Gemeinschaft umfassten im Jahr 2009 1.451 Proben.

Die Berichte der einzelnen Mitgliedstaaten werden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu einem Gesamtbericht zusammengefasst. Hierzu leisten die aus Deutschland übermittelten Ergebnissen zu Pflanzenschutzmittelrückständen einen erheblichen Beitrag, wie die beiden folgenden Beispiele aus dem “2008 Annual Report on Pesticide Residues according to Article 32 of Regulation (EC) No 396/2005“ der EFSA vom 15. Juni 2010 zeigen:

  • 22,4 % aller in dem Bericht dargestellten Proben (15.683 von 70.143 Proben von Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs) stammen aus Deutschland. Daran anschließend lieferte Italien einen Beitrag von 9,7 %, Spanien von 9,1 % und Frankreich von 7,2 % der Proben.
  • In keinem anderen Mitgliedstaat wurde auf so viele Wirkstoffe untersucht wie in Deutschland. Die Spanne reichte 2009 von 39 Wirkstoffen von Bulgarien bis 679 von Deutschland, der EU-weite Durchschnitt betrug 235.

Die für das Berichtsjahr übermittelten Daten verteilen sich auf insgesamt 156 verschiedene Lebensmittel, wobei die Anzahl der Proben pro Lebensmittel stark variiert. So reichte die Spanne 2009 von einer Probe bis zu 1.168 Proben pro Erzeugnis. Die genaue Verteilung der Probenzahlen ist in der Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Verteilung der Anzahl der Proben pro Lebensmittel 2009
Anzahl der ProbenAnzahl der Lebensmittel
> 50007
100 – 49940
50 – 9914
30 – 4917
10 – 2931
1 – 947

Die am häufigsten untersuchen Lebensmittel waren im Jahr 2009 Erdbeeren (1.168 Proben), Tafeltrauben (911 Proben) und Äpfel (833 Proben), gefolgt von Salat (809 Proben), Paprika (744 Proben), Kartoffeln (568 Proben) und Tomaten (551 Proben).

Von den insgesamt 16.866 Proben stammten dabei 7.095 aus Deutschland, 5.250 aus anderen Mitgliedstaaten der EU und 3.300 aus Drittländern. Für 1.221 Proben wurden keine Angaben zur Herkunft übermittelt. Die Lebensmittelproben nicht deutscher Herkunft verteilten sich auf 84 Staaten. Hiervon stammten die meisten Proben aus Spanien (1.963 Proben), Italien (1.200 Proben), den Niederlanden (891 Proben), der Türkei (451 Proben) und Frankreich (434 Proben).

Über die Hälfte der untersuchten Proben (54,9 %) wurden 2009 im Lebensmitteleinzelhandel genommen. Fast ein Viertel (23,6 %) stammte von Großhändlern, Im- und Exporteuren. Direkt bei Erzeuger erfolgte die Probenahme in 11,7 % der Fälle, während 4,8 % der Proben beim Hersteller und 0,7 % bei Dienstleistungsbetrieben gezogen wurden. Bei 4,3 % der Proben lagen keine Angaben zur Betriebsart vor.

Rückstandshöchstgehalte von Pflanzenschutzmitteln

Rückstandshöchstgehalte sind Maximalwerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in oder auf Lebensmitteln (und Futtermitteln), die für jede Kombination von Erzeugnis und Wirkstoff einzeln festgelegt werden. Bei der Festsetzung werden sowohl Daten zur Toxikologie und zur Verzehrsmenge als auch Daten zur guten landwirtschaftlichen Praxis (GAP) berücksichtigt. Es handelt sich also um die Menge an Pflanzenschutzmittelrückständen, die bei ordnungsgemäßer Anwendung durch den Landwirt für die jeweilige Kultur nicht überschritten werden sollte.

Dementsprechend stellen Rückstandshöchstgehalte in der Regel keine toxikologisch begründeten, gesundheitlich relevanten Grenzwerte dar, sondern Werte zur Regelung der Verkehrsfähigkeit eines Erzeugnisses. D. h. dass Lebensmittel, deren Rückstandsgehalte über dem gesetzlichen Rückstandshöchstgehalt liegen, nicht verkehrsfähig sind und folglich nicht im Handel angeboten werden dürfen. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht mit einer direkten Gefährdung der menschlichen Gesundheit gleichzusetzen. Innerhalb der EU erfolgt die Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten in einem Gemeinschaftsverfahren.

Wird bei einem Erzeugnis eine Rückstandshöchstgehaltsüberschreitung festgestellt, schätzt die zuständige Überwachungsbehörde das davon für den Verbraucher ausgehende toxikologische Risiko ab. Konkret wird im Fall von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln geprüft, ob die gefundenen Gehalte über der akuten Referenzdosis (ARfD) oder der duldbaren täglichen Aufnahmemenge (ADI) liegen. Die akute Referenzdosis (ARfD) definiert dabei diejenige Rückstandsmenge, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein Gesundheitsrisiko für den Verbraucher entsteht, während die duldbare tägliche Aufnahmemenge (ADI – Acceptable Daily Intake) die geschätzte Menge eines Stoffes in einem Lebensmittel bezeichnet, die ein Mensch täglich und ein Leben lang ohne erkennbares Risiko aufnehmen kann.

Wenn im Falle einer Überschreitung der ARfD bzw. des ADI eine Gefährdung des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden kann, so wird eine Meldung an das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) übermittelt. Hierzu sind alle Mitgliedstaaten der EU gemäß Artikel 50 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Basisverordnung) verpflichtet, wenn von einem Lebensmittel (oder Futtermittel) ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
Im Jahr 2009 wurden von Deutschland insgesamt 26 Meldungen aufgrund von Pflanzenschutzmittelrückständen an das Schnellwarnsystem übermittelt.

Lebensmittelbezogene Betrachtung

Von den 16.373 untersuchten „surveillance sampling“-Proben enthielten 6.541 (39,9 %) keine quantifizierbaren Rückstände. In 9.832 (60,1 %) der Proben traten Rückstände auf, welche bei 483 (2,9 %) der Proben die geltenden Rückstandshöchstgehalte überschritten. Von diesen wurden 306 (1,9 %) beanstandet.
Die Differenz zwischen den Proben mit einer Rückstandshöchstgehaltsüberschreitung und den beanstandeten Proben resultiert daraus, dass bei der Beanstandung einer Probe auch die analytischen Messunsicherheiten berücksichtigt werden müssen, damit sie im Falle eines Gerichtsverfahrens Bestand hat. Deshalb erfolgt eine Beanstandung in der Regel erst, wenn auch nach dem Abzug einer sogenannten "erweiterten Ergebnisunsicherheit" der Wert noch über dem entsprechenden Rückstandshöchstgehalt liegt. Diese erweiterte Ergebnisunsicherheit beträgt für Obst und Gemüse gemäß dem Dokument SANCO/2007/3131 „Method Validation and Quality Control Procedures for Pesticide Residue Analysis in Food and Feed“ 50 % und ist bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs konzentrationsabhängig.

Die Belastung der „follow-up enforcement sampling“-Proben war erwartungsgemäß höher als die der „surveillance sampling“-Proben, da diese Proben aufgrund konkreter Verdachtsmomente gezogen werden. Von den untersuchten 493 Proben enthielten dabei 167 (33,9 %) keine quantifizierbaren Rückstände, während in 326 (66,1 %) Rückstände auftraten. Von den 67 Proben (13,6 %) Proben, die Rückstände oberhalb der geltenden Rückstandshöchstgehalte aufwiesen, wurden 56 (11,4 %) beanstandet.

Wie bereits in den Vorjahren wurde auch 2009 eine gesonderte Auswertung der insgesamt 1260 „surveillance sampling“- und „follow-up enforcement sampling“-Proben aus ökologischem Anbau durchgeführt. Die Belastung dieser Proben war deutlich niedriger verglichen mit der der Probengesamtheit. So enthielten von den untersuchten Bio-Proben 975 (77,4 %) keine quantifizierbaren Rückstände. In 285 (22,6 %) der Proben traten Rückstände mit meistens sehr geringen Gehalten (im Spurenbereich) auf. Nur bei 3 Proben (0,2 %) lagen die gefundenen Rückstände über den für konventionell erzeugte Produkte geltenden Rückstandshöchstgehalten. Beanstandet wurde davon 1 (0,1 %) Probe.

Bei der Betrachtung dieser Auswertungen muss berücksichtigt werden, dass sie größtenteils auf risikoorientiert gezogenen Proben basieren. D. h. Lebensmittel, die in der Vergangenheit auffällig geworden sind, werden häufiger und mit höheren Probenzahlen untersucht als solche, bei denen man aus Erfahrung keine erhöhte Rückstandsbelastung erwartet. Aus diesem Grund erlauben die oben dargestellten Ergebnisse keinen Rückschluss auf die Belastung der Gesamtheit der auf dem Markt befindlichen Lebensmittel.

Die Tabelle 2 enthält eine Übersicht über die „surveillance sampling“-Proben 2009 ausgewertet nach einzelnen Lebensmittelgruppen.

Tabelle 2: Gesamtübersicht über die Ergebnisse 2009 („surveillance sampling“-Proben)

Lebensmittelgruppen

Proben gesamt

Proben ohne Rückstände (nicht quantifizierbar)

Proben mit Rückständen

Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt

Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-

Getreide368

238

(64,7 %)

130

(35,3 %)

0

(0,0 %)

0

(0,0 %)

Säuglings- und Kleinkindernahrung191

164

(85,9 %)

27

(14,1 %)

0

(0,0 %)

0

(0,0 %)

Verarbeitete Lebensmittel254

92

(36,2 %)

162

(63,8 %)

23

(9,1 %)

19

(7,5 %)

Lebensmittel tierischen Ursprungs1046

553

(52,9 %)

493

(47,1 %)

3

(0,3 %)

2

(0,2 %)

Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse14514

5494

(37,9 %)

9020

(62,1 %)

457

(3,1 %)

285

(2,0 %)

Gesamt16373

6541

(39,9 %)

9832

(60,1 %)

483

(2,9 %)

306

(1,9 %)

Wie die Tabelle 2 zeigt, stellt sich die Rückstandssituation bei Getreide sehr positiv dar. So enthielten nicht nur circa 65 % der Proben keine quantifizierbaren Rückstände, sondern es traten auch bei den Proben mit Rückständen keine Überschreitungen der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf.

Als noch besser ist die Situation bei Säuglings- und Kleinkindernahrung zu bewerten. Diese kann als nahezu rückstandsfrei angesehen werden. Zwar wurden in etwa 14 % der Proben quantifizierbare Rückstände gefunden, doch waren diese sehr gering und es wurden in keinem Fall die geltenden Rückstandshöchstgehalte überschritten.

Die Lebensmittelgruppe mit der ungünstigsten Rückstandssituation bezüglich Pflanzenschutzmittel ist zweifelsfrei die der verarbeiteten Lebensmittel. Hier wurden in knapp 64 % der untersuchten Proben Pflanzenschutzmittelrückstände nachgewiesen, von denen 9,1 % den geltenden Rückstandshöchstgehalt überschritten und 7,5 % beanstandet wurden. Die vergleichsweise hohe Überschreitungs- und Beanstandungsquote ist allerdings nahezu ausschließlich auf ein Erzeugnis zurückzuführen. Insgesamt fielen in diese Lebensmittelgruppe im Berichtsjahr 2009 Apfel- und Orangensaft, Chili, Paprikapulver sowie getrocknete wildwachsende und gezüchtete Pilze. Die detaillierten Untersuchungsergebnisse dieser „surveillance sampling“-Proben sind in Tabelle 3 dargestellt.

Tabelle 3: Detaillierte Übersicht über die Lebensmittelgruppe „verarbeitete Lebensmittel“ 2009
Verarbeitetes LebensmittelProben gesamtProben ohne Rückstände (nicht quantifizierbar)Proben mit RückständenProben mit Rückständen über dem RückstandshöchstgehaltProben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-
Apfelsaft15

13

(86,7 %)

2

(13,3 %)

0

(0,0 %)

0

(0,0 %)

Chilis

Fruchtgewürz

1

1

-

0

-

0

-

0

-

Orangensaft144

57

(39,6 %)

87

(60,4 %)

0

(0,0 %)

0

(0,0 %)

Paprikapulver

Fruchtgewürz

12

2

(16,7 %)

10

(83,3 %)

0

(0,0 %)

0

(0,0 %)

Wildwachsende Pilze

(getrocknet)

60

8

(13,3 %)

52

(86,7 %)

22

(36,7 %)

19

(31,7 %)

Zuchtpilz, Kulturpilz

(getrocknet)

22

11

(50,0 %)

11

(50,0 %)

1

(4,5 %)

0

(0,0 %)

Der Tabelle 3 kann entnommen werden, dass die Situation hinsichtlich der Belastung mit Pflanzenschutzmittelrückständen sowohl bei den Fruchtsäften als auch bei den untersuchten Gewürzen unproblematisch ist. Bei diesen Lebensmitteln traten 2009 keine Überschreitungen der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf. Auch bei den getrockneten Zuchtpilzen lag der Rückstandsgehalt bei nur einer Probe über dem Höchstgehalt und es erfolgte keine Beanstandung. Ausschlaggebend für die vergleichsweise hohe Belastung der Gesamtlebensmittelgruppe „verarbeitete Lebensmittel“ mit Pflanzenschutzmittelrückständen sind die Untersuchungsergebnisse bei getrockneten Wildpilzen. So wurden hier bei 86,7 % der Proben quantifizierbare Rückstände gefunden.

Von diesen überschritten 36,7 % den geltenden Rückstandshöchstgehalt und 31,7 % wurden beanstandet. Diese relativ hohe Überschreitungs- und Beanstandungsrate geht vor allem auf die Nikotingehalte der Pilze zurück. Hier galt im Jahr 2009 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 noch der Standardwert von 0,01 mg/kg. Da er sich aber EU-weit als nicht einhaltbar erwies, wurden nach dem Vorliegen einer toxikologischen Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) drei vorübergehende Rückstandshöchstgehalte von 0,04 mg/kg für frische wildwachsende Pilze, 2,3 mg/kg für getrocknete Steinpilze und 1,2 mg/kg für andere getrocknete Wildpilze eingeführt (VO (EG) Nr. 765/2010). Diese Rückstandshöchstgehalte sollen in zwei Jahren überprüft werden, wenn umfangreichere Daten und Informationen, einschließlich wissenschaftlicher Erkenntnisse über das natürliche Vorkommen oder die natürliche Bildung von Nikotin in Pilzen, zur Verfügung stehen. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass diese Problematik EU-weit angegangen und gelöst wird.

Insgesamt beinhaltet die Lebensmittelgruppe „verarbeitete Lebensmittel“ grundsätzlich auch noch die Schwierigkeit, dass die Rückstandshöchstgehalte in der Regel für frische Erzeugnisse festgesetzt werden und bei der Beurteilung von verarbeiteten Lebensmitteln dementsprechend Verarbeitungsfaktoren berücksichtigt werden müssen. Diese sind beispielsweise bei Fruchtsäften vergleichweise eindeutig und damit einheitlich. Bei anderen Lebensmitteln können die Werte aber je nach Komplexität der Zusammensetzung schwieriger zu ermitteln sein.

Im Bereich der Lebensmittel tierischen Ursprungs wurden zwar in 47 % der Proben quantifizierbare Rückstände gemessen, doch waren diese in der Regel sehr gering. Gefunden wurden hier vor allem die persistenten und praktisch ubiquitär nachweisbaren chlororganischen Insektizide wie DDT, HCB und Lindan. Diese dürfen in Deutschland seit langem nicht mehr angewendet werden. Altlasten, vor allem im Boden, führen aber immer noch zu nachweisbaren Rückständen in den entsprechenden Lebensmitteln. Gelegentlich werden als Eintragsquelle auch Futtermittel aus Drittstaaten vermutet. In einer Probe Hühnerei überschritt der DDT-Gehalt allerdings den geltenden Rückstandshöchstgehalt. Anders sieht die Situation beim Honig aus. Hier wurden in 3,1 % der untersuchten 97 Proben Rückstände von Amitraz gefunden. Von diesen Proben lagen 2,1 % über dem Rückstandshöchstgehalt und wurden auch beanstandet.

Inhomogener und damit teilweise auch ungünstiger stellt sich die Belastungssituation in der Lebensmittelgruppe Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse dar. So reicht die Spanne hier von einer Vielzahl von Lebensmitteln, bei denen keine oder nur wenige Überschreitungen der geltenden Rückstandshöchstgehalte vorkamen, bis hin zu einem Erzeugnis (frische Kräuter), bei dessen Proben die prozentuale Beanstandungsrate im zweistelligen Bereich lag. Erfreulicherweise traten aber gerade bei vielen Lebensmitteln, deren Verzehr besonders hoch ist, wie beispielsweise Äpfel, Bananen, Kartoffeln, Karotten und Tomaten, nur wenige Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen bzw. Beanstandungen auf. In der Tabelle 4 sind die Lebensmittel zusammengefasst, bei denen der Anteil der beanstandeten Proben unter einem Prozent lag und von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden.

Tabelle 4: Obst und Gemüse mit den wenigsten Beanstandungen 2009
LebensmittelAnzahl der untersuchten ProbenProben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-
Banane2990,0 %
Blumenkohl2410,0 %
Feldsalat1440,0 %
Heidelbeere1250,0 %
Spargel4430,0 %
Tomate5350,0 %
Wildwachsende Pilze1300,0 %
Zitrone1730,0 %
Apfel8060,2 %
Salat8020,2 %
Kiwi2320,4 %
Erbsen ohne Hülsen1950,5 %
Kartoffeln5570,5 %
Karotte / Möhre3200,6 %
Pflaume3150,6 %
Kirsche2810,7 %
Kopfkohl1510,7 %
Erdbeere11420,8 %
Linse1310,8 %

In anderen Obst- und Gemüsesorten wurden hingegen wesentlich mehr Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen beobachtet. Die zehn Lebensmittel, die prozentual im Jahr 2009 am häufigsten beanstandet wurden, hat die Tabelle 5 zum Inhalt. Auch hier wurden nur Erzeugnisse berücksichtigt, von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden.

Tabelle 5: Obst und Gemüse mit den meisten Beanstandungen 2009
LebensmittelAnzahl der untersuchten ProbenProben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-
Frische Kräuter27620,7 %
Himbeere1175,1 %
Grapefruit1015,0 %
Bohnen mit Hülsen2164,6 %
Grünkohl1624,3 %
Mango1004,0 %
Rucola / Salatrauke2603,5 %
Tafeltraube8793,2 %
Johannisbeere1912,6 %
Knollensellerie2042,5 %

Die Rückstandssituation ist bei einzelnen Lebensmitteln häufig auch stark von ihrer Herkunft abhängig. So erfolgte beispielsweise bei keiner aus Deutschland stammenden Birnenprobe eine Beanstandung. Es traten hier auch keine Überschreitungen der gesetzlichen Rückstandshöchstgehalte auf. Hingegen wurden aber 1,3 % der untersuchten italienischen Birnen und sogar 4,0 % der Birnen mit Herkunft aus Argentinien beanstandet. Die durchschnittliche Beanstandungsquote bei Birnen betrug im Jahr 2009 2,2 %.

Ausführliche Darstellungen der Datenauswertung hinsichtlich Lebensmitteln und Lebensmittelgruppen enthalten die Tabellen „Lebensmittelbezogene Darstellung – surveillance sampling“, „Lebensmittelbezogene Darstellung – follow-up enforcement sampling“ und „Lebensmittelbezogene Darstellung – Bio-Proben“ (siehe Links am Ende des Berichtes).

Herkunftsbezogene Betrachtung

Die Belastung von Lebensmitteln mit Pflanzenschutzmittelrückständen kann in Abhängigkeit ihrer Herkunft stark variieren. So traten 2009 insgesamt bei 1,6 % der aus Deutschland und bei 1,5 % der aus anderen EU-Mitgliedstaaten stammenden Proben Überschreitungen der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf, während dies bei 8,6 % der Proben von Erzeugnisse mit Herkunft aus Drittländern der Fall war. Dem entsprach auch die Situation hinsichtlich der Beanstandungen. So wurden im Berichtsjahr 0,8 % der untersuchten deutschen bzw. 0,9 % der europäischen Erzeugnisse nicht deutscher Erzeugung aufgrund von Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen beanstandet. Bei Lebensmitteln aus Drittländern erfolgte hingegen bei 6,0 % der Proben eine Beanstandung.

Als mögliche Ursache für die höheren Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungs- und Beanstandungsraten bei Erzeugnissen mit Herkunft aus Drittländern kommt u. a. die unterschiedliche Gesetzeslage bzw. höhere Rückstandshöchstgehalte in den einzelnen Herkunftsländern in Betracht. Dies würde gleichzeitig auch eine Erklärung für die im Jahr 2009 erstmalig aufgetretene Angleichung dieser Raten bei deutschen Erzeugnissen im Vergleich zu Erzeugnissen mit Herkunft aus anderen EU-Mitgliedstaaten liefern, da die Höchstgehalte für Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln mit dem vollständigen Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zum 01. September 2008 in allen EU-Mitgliedstaaten harmonisiert wurden. Bis zum Jahr 2008 lagen die Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungs- und Beanstandungsquoten für Erzeugnisse, die in anderen Mitgliedstaaten der EU produziert wurden, stets über denen der Erzeugnisse mit Herkunft aus Deutschland, aber deutlich unter denen der Erzeugnisse mit Herkunft aus Drittländern.

Der Anteil an Proben ohne quantifizierbare Rückstände ist aber nach wie vor bei Lebensmitteln aus deutscher Erzeugung am höchsten. Dementsprechend konnten 2009 bei Lebensmittel aus Deutschland in 46,2 % der Proben keine Rückstände quantifiziert werden, während dies nur für 33,1 % der untersuchten Erzeugnisse aus anderen EU-Mitgliedstaaten und 34,6 % der Erzeugnisse aus Drittländern zutraf. Bei einer Bewertung solcher Prozentzahlen sollten stets aber auch die klimatischen Bedingungen der jeweiligen Herkunftsländer berücksichtigt werden, die teilweise einen stärkeren Einsatz von Pestiziden zum Schutz der Pflanzen erforderlich machen können.

Eine detaillierte Auswertung der Rückstandsgehalte der einzelnen Lebensmittel in Abhängigkeit des Herkunftslandes findet sich in der Tabelle „Lebensmittel- und herkunftsbezogene Darstellung“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Wirkstoffbezogene Betrachtung

Zu den im Jahr 2009 untersuchten 16.866 Lebensmittelproben wurden insgesamt 4.727.811 einzelne Analysenergebnisse zu 804 verschiedenen Wirkstoffen erhoben. Es wurde aber keine Probe auf das gesamte Stoffspektrum untersucht. Während die Analyse auf manche Substanzen nur bei einzelnen oder wenigen Proben erfolgte, wurden 213 Wirkstoffe in mehr als 10.000 Proben untersucht. Bei 176 Wirkstoffen betrug die Anzahl der auf ihr Vorkommen analysierten Proben weniger als 1.000 und bei 415 Wirkstoffen waren es zwischen 1.000 und 10.000 Proben. Der Durchschnitt lag 2009 bei 280 Wirkstoffen pro Lebensmittelprobe.

Dabei wurden bei 463 Wirkstoffen (57,6 %) keine quantifizierbaren Gehalte gefunden bzw. 341 Wirkstoffe (42,4 %) in mindestens einer Probe nachgewiesen. Insgesamt traten bei 154 Wirkstoffen (19,2 %) Gehalte oberhalb der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf, die bei 112 Wirkstoffen (13,9 %) zur Beanstandung der jeweiligen Probe führten. Tabelle 6 fasst diese Angaben unterteilt nach den einzelnen Lebensmittelgruppen zusammen.

Tabelle 6: Gesamtübersicht über die untersuchten Wirkstoffe 2009
LebensmittelgruppenAnzahl der untersuchten WirkstoffeAnzahl der Wirkstoffe ohne quantifizierbare RückständeAnzahl der Wirkstoffe mit quantifizierbaren Rückständen
Getreide719

686

(95,4 %)

33

(4,6 %)

Säuglings- und Kleinkindernahrung669

647

(96,7 %)

22

(3,3 %)

Verarbeitete Lebensmittel670

618

(92,2 %)

52

(7,8 %)

Lebensmittel tierischen Ursprungs675

646

(95,7 %)

29

(4,3 %)

Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse767

439

(57,2 %)

328

(42,8 %)

Gesamt804

463

(57,6 %)

341

(42,4 %)

Eine vollständige Aufstellung der im Jahr 2009 analysierten Wirkstoffe enthält die Tabelle „Zusammenfassende Übersicht über die Anzahl der Untersuchungen, der Rückstände, der Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen und der Beanstandungen für die einzelnen Wirkstoffe“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Insgesamt wurden im Berichtsjahr 741 Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen festgestellt. Diese führten in 476 Fällen zur Beanstandungen der betroffenen Lebensmittelproben. Die Wirkstoffe, die mehr als zehn Beanstandungen verursachten, sind in Tabelle 7 dargestellt.

Tabelle 7: Wirkstoffe mit den häufigsten Beanstandungen 2009
WirkstoffAnzahl der untersuchten ProbenAnzahl der Proben mit Rückständen über dem RückstandshöchstgehaltAnzahl der Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-
Dimethoat149644334
Nikotin10113125
Carbendazim140633221
Profenofos142812721
Folpet98842320
Acephat146501918
Acetamiprid145573015
Ethephon10971815
Triazophos151162014
Methamidophos148521613
Amitraz48061212
Carbofuran146611512
Chlorpyrifos153572211
Iprodion / Glycophen146081611
Tetramethrin102871511

Auf die hier genannten 15 Wirkstoffe entfielen 2009 53,2 % (253 von 476) und damit mehr als die Hälfte aller Beanstandungen. Eine Liste der untersuchten Lebensmittel-Wirkstoff-Kombinationen, bei denen in mindestens einer Probe quantifiziere Rückstände gefunden wurden, befindet sich der Tabelle „Bundesweite Darstellung der Lebensmittel-Wirkstoff-Kombinationen mit quantifizierten Rückständen“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Auftreten von Mehrfachrückständen

In 6.713 von 16.866 Proben (39,8 %) des Jahres 2009 wurde mehr als ein Wirkstoffrückstand in quantifizierbarer Menge nachgewiesen. Für das Auftreten dieser Mehrfachrückstände ist grundsätzlich eine Vielzahl von Ursachen denkbar. Neben der Anwendung unterschiedlicher Wirkstoffe während der Wachstumsphase zur Bekämpfung verschiedener Schadorganismen können sie beispielsweise auf die Anwendung von Kombinationspräparaten mit mehreren Wirkstoffen oder einen gezielten Wirkstoffwechsel zur Vermeidung der Entwicklung von Resistenzen bei Schaderregern zurückzuführen sein.

Auch während der Lagerung und / oder beim Transport ist eine weitere Anwendung bzw. eine Übertragung von kontaminierten Transportbehältern oder Förderbändern möglich. Des Weiteren setzen sich manche Proben aus Partien von verschiedenen Erzeugern zusammen, die unterschiedlich Wirkstoffe angewendet haben. Darüber hinaus kann auch eine nicht ausreichende Umsetzung der guten landwirtschaftlichen Praxis bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht immer ausgeschlossen werden.

Detaillierte Angaben über die Mehrfachrückstände in den einzelnen Lebensmitteln beinhaltet die Tabelle „Anzahl der Rückstände und deren Häufigkeiten in den untersuchten Lebensmitteln“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Auch 2009 gab es bezüglich der Mehrfachrückstände Unterschiede zwischen den einzelnen Obst- und Gemüsesorten. Die Erzeugnisse („surveillance sampling“-Proben), von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden und bei denen in mehr als 50 % der Proben Mehrfachrückstände auftraten, finden sich in der Tabelle 8.

Tabelle 8: Lebensmittel mit den prozentual meisten Mehrfachrückständen 2009
LebensmittelAnzahl der ProbenProben mit Mehrfachrückständen in %Maximale Anzahl der Rückstände
Johannisbeere19181,213
Grapefruit10180,211
Mandarine24973,910
Himbeere11772,711
Tafeltraube87970,023
Rucola / Salatrauke26065,89
Aprikose25464,613
Erdbeere114264,312
Birne37060,016
Orange17959,811
Apfel80659,413
Banane29954,57
Kirsche28154,19
Salat80253,616
Zitrone17352,010
Pfirsich34451,517

Von den ersten sechs in der Tabelle 8 aufgeführten Lebensmitteln sind fünf Erzeugnisse auch unter den „Top 10“ der Beanstandungen aufgrund von Überschreitungen des Rückstandshöchstgehaltes zu finden. Konkret handelt es sich dabei um Johannisbeeren, Grapefruits, Himbeeren, Tafeltrauben und Rucola / Salatrauke.

Für die toxikologische Bewertung von Mehrfachrückständen insgesamt gibt es zurzeit noch keine allgemein anerkannten Methoden. Sie befinden sich aber in der Entwicklung. Dabei arbeitet die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eng mit den nationalen Behörden der EU-Mitgliedstaaten zusammen. So sollen Stoffe, deren Wirkung auf dem gleichen Mechanismus basiert bzw. die eine vergleichbare Struktur aufweisen, zu sogenannten „kumulativen Bewertungsgruppen“ zusammengefasst werden. Für ausgewählte Stoffgruppen existieren auch bereits kumulative Bewertungen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat darüber hinaus ein Bewertungskonzept zu Mehrfachrückständen entwickelt und am Beispiel einer Stoffgruppe getestet. Dabei hat sich aber gezeigt, dass eine routinemäßige Anwendung noch nicht möglich ist und weiterer Forschungsbedarf besteht.
Die Zielsetzung für die kommenden Jahre liegt damit vor allem in der Entwicklung praktikabler Konzepte zur routinemäßigen Berücksichtigung von Mehrfachrückständen sowohl in der Bewertung als auch bei der Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte.