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OPSON VIII (2018/2019) - Verfälschungen bei Kaffee europaweit im Fokus

Schwerpunkt der Operation OPSON VIII

Der Fokus der diesjährigen von Europol und INTERPOL koordinierten Operation OPSON VIII zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug lag in Deutschland und zwölf weiteren europäischen Staaten auf der Verfälschung von als 100 % Arabica ausgelobtem Kaffee durch eine Substitution mit preisgünstigeren Robustabohnen. Zum zweiten Mal in der Geschichte von OPSON wurde ein Schwerpunktthema in mehreren Staaten gleichzeitig verfolgt. Neben der Schwerpunktaktion zu Kaffee, die vom BVL koordiniert wurde, gab es erstmals bei OPSON parallel noch zwei weitere Schwerpunktaktionen. Die Europäische Kommission koordinierte eine Schwerpunktaktion zur Bekämpfung des Betrugs bei Bio-Lebensmitteln, an der sich 17 europäische Staaten beteiligt haben. Großbritannien und weitere neun Staaten verfolgten Angebote von Fatburner-Produkten, die den Inhaltsstoff DNP (2,4-Dinitrophenol) enthielten.

Kaffee und dessen Aufbereitung Kaffee und dessen Aufbereitung Quelle: CVUA Karlsruhe

Als weiteres Novum in der Geschichte von OPSON gab es im Rahmen der „Targeted Action Coffee“ eine Laborkooperation, die den europäischen Teilnehmerstaaten der Kaffee-Aktion zu Verfügung gestellt wurde. Als neues Element der Vernetzung ermöglichte die von DE initiierte Laborkooperation im Zuge von OPSON VIII den Ausbau der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit auch im Bereich der Analytik.

Zusätzlich unterstütze ein namhaftes Unternehmen aus der Privatwirtschaft die europäische Schwerpunktaktion mit der Bereitstellung von authentischen Mustern für einen Authentizitätsabgleich. Bei diesem wurden jedoch
keine Auffälligkeiten festgestellt.

Warum wurde Kaffee untersucht?

Von den derzeit 124 bekannten Kaffeearten sind nur zwei kommerziell bedeutsam: Coffea arabica (Arabica) und Coffea canephora (Robusta), welche als Plantagepflanzen bevorzugt werden. Die Kaffeepflanze ist sehr sensibel und wächst nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen. So wird Kaffee nur in Ländern rund um den Äquator, im so genannten Kaffeegürtel, angebaut.

Das Betrugspotential bei Kaffee liegt insbesondere in der signifikanten Preisdifferenz zwischen den Sorten Robusta und Arabica begründet. Dieser Unterschied entsteht durch den Anbau der Pflanze, die Aufbereitung sowie Röstung der Bohnen. Die Früchte des preisintensiveren Hochlandkaffees benötigen eine lange Reifedauer und sind anfälliger für Schädlinge und Temperaturschwankungen. Die Robusta-Pflanze dagegen ist widerstandsfähiger und die Früchte reifen wesentlich schneller. Ein weiterer preissteigernder Faktor ist die Nassaufbereitung der Früchte, die in der Regel nur bei höheren Qualitätsklassen (Hochlandkaffee) angewandt wird.

Da Kaffee eines der weltwirtschaftlich bedeutendsten Handelsgüter ist, sind die interkontinentalen Handelswege des Rohstoffes über zahlreiche Zwischenhändler verknüpft. Die Möglichkeit und das Potential zu Verfälschungen sind an vielen Stellen gegeben. Zwischen den beiden Kaffeesorten zu unterscheiden ist besonders dann schwierig, wenn der Rohkaffee schon geröstet und gemahlen wurde. Die Identifizierung der Kaffeeart beruht auf der Analyse ausgewählter Markersubstanzen im Kaffee. Da die Hauptkomponenten in beiden Kaffees weitgehend ähnlich sind, konzentriert sich die Analyse auf spezifische Minorkomponenten, die einen charakteristischen „Fingerabdruck" für Arabica und Robusta darstellen.

Im Vorfeld der Planungsphase zu OPSON VIII deuteten die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Publikation aus dem Vereinigten Königreich aus dem Jahr 2018 auf einen möglicherweise weit verbreiteten Betrug in der Kaffeeindustrie hin. Die wissenschaftliche Untersuchung fand in einem Realprobenscreening heraus, dass zehn Prozent der als 100 % Arabica bezeichneten Kaffees signifikante Anteile an Robustabohnen enthielten (doi: 10.1016/j.foodchem.2017.12.034). Diese Beanstandungsquote konnte allerdings durch die Operation OPSON VIII nicht bestätigt werden. Bei einer europaweiten Gesamtprobenzahl von 397 Proben entsprechen die ermittelten neun auffälligen Proben einer Beanstandungsquote von ca. 2 %. Dies ist eine positive Nachricht für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Möglicher Betrug bei Kaffee

Die Zugabe minderwertigerer Kaffeebohnen wie Robusta zu Arabica und diesen Kaffee folglich als reinen hochwertigen Arabica-Kaffee zu verkaufen, stellt eine Option des Betrugs dar. Aufgrund der hohen Preisdifferenzen zwischen diesen beiden Kaffeesorten gestaltet sich diese Verfälschung als sehr lukrativ. Zwischen den beiden Kaffeesorten zu unterscheiden ist besonders dann schwierig, wenn der Rohkaffee schon geröstet und gemahlen wurde. Zum Nachweis von Anteilen der Robusta-Kaffeebohne werden Proben auf den Gehalt der Markersubstanz 16-O-Methylcafestol, welcher nur in Robustabohnen zu finden ist, untersucht.

Weiteres Betrugspotential eröffnet sich beim Transport des Rohkaffees. Dabei besteht die Möglichkeit falsche Angaben zur geographischen Herkunft zu machen oder gefälschte Gütesiegel auszustellen. Eine Änderung der Deklaration der Anbaumethode von konventionellen Kaffee in Bio-Kaffee kann ebenfalls einen enormen wirtschaftlichen Gewinn erzielen. Besonders die zuletzt erwähnte Betrugsmethode ist nur sehr schwierig aufzudecken. Im Rahmen der OPSON VIII „Targeted Action Organics“, die von der EU-Kommission koordiniert wurde, wurden auch Bio-Kaffees hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit zur Anbaumethode kontrolliert. Sollten im Bereich der Bio-Kaffees im Zuge von OPSON VIII Nichtkonformitäten aufgedeckt worden sein, so werden diese Ergebnisse durch die EU-Kommission veröffentlicht.

Neben der Differenzierung zwischen Robusta und Arabica, befasste man sich in anderen wissenschaftlichen Studien mit der geographischen Authentizität von Kaffees. Hinsichtlich dieser Fragestellung koordinierte das BVL in Zusammenarbeit mit zwei deutschen Geräteherstellern und drei deutschen Untersuchungsämtern eine weitere Laboranalyse, die allen OPSON VIII-Beteiligten zur Verfügung gestellt wurde. 106 Kaffeeproben wurden nach einer Vorauswahl zur Herkunftsbestimmung eingesandt. Bisher fehlt es an eindeutigem Referenzmaterial. Die 106 untersuchten Kaffeeproben repräsentieren einen Probenpool, der sich über mehrere Kontinente und zahlreiche Staaten verteilt. Die Ergebnisse der Herkunftsbestimmung stehen noch aus und werden im Rahmen des OPSON VIII-follow-up ausgewertet. Die im Rahmen der OPSON-Operation mittels IRMS-Analytik (Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie) erzielten Ergebnisse dienen vordergründig dem Aufbau eines Probenpools und damit der Etablierung eines Analyseverfahrens.

Teilnehmer

An der deutschen OPSON VIII-Operation waren die Lebensmittelüberwachungsbehörden aus Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen sowie das Bundeskriminalamt (BKA) aktiv beteiligt. Schleswig-Holstein und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) nahmen im Beobachterstatus teil. Baden-Württemberg beteiligte sich durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe im Rahmen einer Laborkooperation in Amtshilfe. Die deutsche OPSON-Operation wurde durch das BVL koordiniert.

Erneut haben sich bei OPSON VIII europaweit mehrere Staaten zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Schwerpunkt gesetzt. Bei der Zusammenarbeit zur Aufklärung einer möglichen Verfälschung von als 100 % Arabica ausgelobtem Kaffee, die auf eine Initiative des schweizerischen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), der dänischen Lebensmittel- und Veterinärbehörde Fødevarestyrelsen (FVST) und des BVL zurückgeht, beteiligten sich darüber hinaus Belgien, Kroatien, Liechtenstein, Litauen, Norwegen, Österreich, Portugal, Schottland, Slowenien und Zypern. Koordiniert wurde die Schwerpunktaktion durch das BVL. Die EU-Kommission unterstützte die Aktion durch einen Verbindungsbeamten.

Deutschland nahm erstmals zusammen mit 56 weiteren Staaten im Jahr 2015/2016 an OPSON teil. An der aktuellen Operation OPSON VIII haben sich weltweit 78 Staaten mit unterschiedlichsten Schwerpunktsetzungen beteiligt.

Ergebnisse in Deutschland

Lebensmittelüberwachung
Von der Lebensmittelüberwachung konnten in drei Fällen (entspricht ca. 2 % der für Deutschland untersuchten Proben) irreführende Praktiken nachgewiesen werden. Dabei reichten die festgestellten Robusta-Gehalte von ca. 7 % bis hin zu 100 %. Diese Schätzwerte für den Fremdgehalt an Robusta beziehen sich auf den ermittelten Gehalt des Untersuchungsparameters 16-O-Methylcafestol. Aufgrund der natürlichen Schwankungsbreite des 16-OMC-Gehaltes können die tatsächlichen Anteile nur geschätzt werden. Zum Nachweis von Anteilen der günstigeren Robusta-Kaffeebohne wurden die vorgelegten Proben auf das Vorhandensein dieser für Robusta spezifische Markersubstanz untersucht.

Die Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung sind zum Teil noch nicht abgeschlossen. In einem Fall erfolgte aufgrund des Verdachts einer Straftat die Abgabe an die Staatsanwaltschaft. In einem weiteren Fall beabsichtigt die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde den Vorgang an die Strafverfolgungsbehörden abzugeben. Hinweise auf eine Beteiligung weiterer Lebensmittelunternehmer in der Lebensmittelkette bestehen nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht. Ebenso gibt es keine Anhaltspunkte für verfälschte Rohware.

Ergebnisse weiterer Teilnehmerstaaten

In der Schweiz wurden insgesamt 53 Kaffeeproben auf einen möglichen Austausch von Arabica durch Robusta untersucht. Dabei waren drei Proben (entspricht ca. 6 % der in der Schweiz untersuchten Proben) nicht konform, mit errechneten Robustabohnen Anteilen von ca. 10, 8 und 6 %. Eine der auffälligen Proben bezog sich auf importierten Kapselkaffee. Eine entsprechende Meldung an die zuständigen Behörden wurde durch den Schweizer Zoll veranlasst. Die zwei weiteren gemahlenen Röstkaffees sind in der Schweiz abgefüllt worden. Die Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung sind z.T. noch nicht abgeschlossen. Auch in Portugal waren von zehn untersuchten Kaffees drei auffällig bezüglich einer Substitution von Arabica- durch Robustabohnen (entspricht 30 % der in Portugal untersuchten Proben). Die portugiesischen Proben wurden im Rahmen der OPSON VIII Laborkooperation im CVUA Karlsruhe untersucht. Die Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung in Portugal dauern momentan noch an.

Nach dem Zusammentragen aller Ergebnisse, wird auf europäischer Ebene ein Gesamtbild zu Ausmaß und Strukturen beim Kaffeebetrug erstellt. Weitere Folgemaßnahmen können, auch über das Ende der Operation OPSON VIII hinaus, ergriffen werden. Informationen zu den Ergebnissen der anderen Teilnehmerstaaten finden Sie in der Pressemitteilung von Europol und in den Veröffentlichungen der Teilnehmerstaaten (siehe unteren Bereich).

Phasen der Operation OPSON VIII

Die OPSON-Operationen erfordern ein hohes Maß an Planungstiefe und Abstimmungsarbeit zwischen den Beteiligten

Phasen der Operation OPSON VIII Phasen der Operation OPSON VIII Phasen der Operation OPSON VIII

Bei der deutschen Planungssitzung im September 2018 im BVL in Berlin wurde das auf FFN-Ebene (europäisches Food Fraud Netzwerk) erarbeitete Untersuchungsziel für die Operation OPSON VIII vorgestellt. Schon vorher wurde der Grundstein der Kooperation mit der schweizerischen Schwesterbehörde BLV und der dänischen Lebensmittel- und Veterinärbehörde bei OPSON VIII gelegt. Diese waren bei der Planungssitzung ebenfalls vertreten. Der Schwerpunktaktion Kaffee haben sich dann weitere Teilnehmerstaaten angeschlossen.

In der Vorbereitungsphase im Herbst/ Winter 2018 wurde der Ablauf der Operation detailliert ausgeplant und ein entsprechender Operationsplan erstellt. Die 6-wöchige Kernphase der Operation, in welcher die Warenkontrollen durchgeführt worden sind, fand von Anfang Januar bis Mitte Februar 2019 statt. Die Ergebnisse wurden von den beteiligten Ländern an das BVL übermittelt, vom BVL zusammengestellt und anschließend vom Bundeskriminalamt, welches neben dem BVL eine der beiden nationalen Kontaktstellen für die OPSON-Operationen ist, an Europol übermittelt.

Am Rande der OPSON VIII-Operation fand im BVL in Berlin zusätzlich ein Expertenworkshop zur Kaffeeanalytik statt. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus mehreren deutschen Untersuchungsämtern, nahmen an dem Workshop auch europäische Vertreter/-innen aus dem OPSON VIII-Teilnehmerkreis teil. Durch den Erfahrungs- und Informationsaustausch innerhalb dieses Fachkreises konnte die OPSON VIII-Laborkooperation nachhaltig zum Ausbau der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit auch im Bereich der Analytik genutzt werden. Im Vordergrund des Expertenworkshops standen die Methodenweiterentwicklung zur Authentizitätsprüfung von Kaffee sowie die Vorbereitungen für eine Methodenstandardisierung hinsichtlich der NMR-Analyse zum Nachweis von Robusta-Anteilen in reinen Arabica-Kaffeeproben.

Fazit

Die erneut von mehreren europäischen Staaten gemeinsam durchgeführte Schwerpunktaktion im Rahmen von OPSON VIII ist richtungsweisend für die zukünftige Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. Eine erste erfolgreiche Schwerpunktaktion fand bereits bei OPSON VII im Zuge der „Targeted Action TUNA“ statt (http://www.bvl.bund.de/opsonVII).

Der im Rahmen der ersten deutschen OPSON-Operationen vorangetriebene Ausbau der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit von amtlicher Lebensmittelüberwachung, Zoll und Polizeibehörden wurde mit den Schwerpunktaktionen bei OPSON VII und VIII auf den Ausbau der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit ausgeweitet. Diesmal insbesondere auch im Bereich der Analytik, durch die allen europäischen Teilnehmerstaaten im Rahmen der Schwerpunktaktion Kaffee zur Verfügung gestellten Laborkooperation. Geeignete Analyseverfahren spielen neben anderen Maßnahmen eine Schlüsselrolle bei der effektiven Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. Eine besondere Gewichtung kommt daher der Methodenweiterentwicklung und -harmonisierung zu. Das gemeinsame Vorgehen auf allen Ebenen sagt nicht nur den global agierenden Betrügern den Kampf an, sondern stärkt den Schutz des einzelnen Verbrauchers vor dem komplexen Phänomen Lebensmittelbetrug.