Hintergrundinformation: Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2022

21.601 Proben auf Rückstände untersucht: Drei Viertel davon risikoorientiert – Belastung abhängig von Herkunft und Kultur

Datum: 15.01.2024

Der jährliche Bericht „Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln“ gibt die Ergebnisse der Untersuchungen von Lebensmitteln auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln wieder. Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 396/2005.

Von den 21.601 Lebensmittelproben, die im Jahr 2022 in den amtlichen Laboratorien der Bundesländer auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückständen untersucht wurden, wurden 6.179 Proben im Rahmen des Monitorings genommen. Dabei wird das Ziel verfolgt, Aussagen über die Verbraucherexposition anhand von repräsentativen Untersuchungsergebnissen nach zufälliger Probenahme treffen zu können. Die anderen 15.422 Proben wurden risikoorientiert zur Überprüfung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften untersucht. Hierbei wurde die Probenauswahl auf Lebensmittel ausgerichtet, die erfahrungsgemäß häufiger Überschreitungen aufweisen bzw. die in der Vergangenheit auffällig waren. Durch diese risikoorientierte Vorgehensweise der Kontrollbehörden ist der Anteil an Proben, bei denen Pflanzenschutzmittelrückstände festgestellt werden, verhältnismäßig hoch und spiegelt daher nicht die durchschnittliche Belastung von Lebensmitteln mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln wider.

Eine Überschreitung der Rückstandshöchstgehalte ist in den meisten Fällen nicht mit einem direkten Risiko für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher gleichzusetzen, da die gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte in der Regel weit unter den gesundheitlichen Referenzwerten liegen. Nicht verkehrsfähige Lebensmittel werden grundsätzlich beanstandet und dürfen nicht mehr im Handel angeboten werden.

Unterschiedliche Belastung je nach Herkunft

Im Untersuchungsjahr 2022 wurde bestätigt, dass Lebensmittel aus Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten weniger mit Rückständen belastet sind als Erzeugnisse aus Nicht-EU-Staaten. So lagen die Quoten für Überschreitungen der gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte für Waren aus Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich bei 1 bis 2 %, für Waren aus Nicht-EU-Staaten dagegen zwischen 5 und 11 %. Im Jahr 2022 lag die Überschreitungsquote bei 9,8 % (2021: 10,9 %). Diese kann verschiedene Ursachen haben. Zum Beispiel werden Lebensmittel, wie tropische Früchte, in die EU eingeführt, die in Europa nicht oder wenig angebaut werden. In den Herkunftsländern werden hierfür zum Teil zwar in der EU genehmigte Pflanzenschutzmittel eingesetzt, aber gegebenenfalls wurde kein spezifischer Höchstgehalt für die Kultur festgelegt. Die entsprechenden Drittstaaten müssten hier einen Rückstandshöchstgehalt über Einfuhr- oder Importtoleranzen beantragen, was oft nicht passiert.

Deutliche Unterschiede auch bei den Kulturen und Lebensmittelgruppen

Im Gegensatz zum Vorjahr sank im Jahr 2022 die Überschreitungsquote bei der Gruppe der verarbeiteten pflanzlichen Lebensmittel und bei Obst und Gemüse. Dagegen stieg sie bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs, Säuglings- und Kleinkindernahrung moderat und bei Getreide stark an. Derartige Schwankungen können unter anderem auf wechselnde Schwerpunkte in einem Untersuchungsjahr zurückzuführen sein. So wurden im Jahr 2022 besonders viele Proben an Getreide (Chiasamen im Rahmen eines Projektmonitorings), tierischen Lebensmitteln (vor allem Schafleber im Rahmen des Warenkorbmonitorings) und an Beikost für Säuglinge und Kleinkinder auf Kupfer untersucht. Die hier nachgewiesenen Kupfergehalte überschritten häufig die geltenden Rückstandshöchstgehalte.

Allerdings ist für das lebensnotwendige Spurenelement Kupfer in Säuglings- und Kleinkindernahrung spezialrechtlich eine über den Rückstandshöchstgehalten liegende Höchstmenge vorgesehen. Die Herkunft des Kupfers in Säuglings- und Kleinkindernahrung kann aus dem ermittelten Kupfer-Gesamtgehalt im Lebensmittel jedoch nicht abgeleitet und somit auch rechtlich nicht eindeutig bewertet werden.

Chiasamen sind der Kategorie „Buchweizen und anderes Pseudogetreide“ gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 mit einem aktuell festgelegten Rückstandshöchstgehalt von 10 mg/kg zugeordnet. Sie weisen aber einen relativ hohen Fettgehalt auf. Fett- bzw. ölhaltige Pflanzen wie Chiasamen können aufgrund ihrer Physiologie im Boden enthaltenes Kupfer verstärkt aufnehmen und in hohem Maße anreichern. Daher wird davon ausgegangen, dass die natürlichen Kupfergehalte in Chiasamen bereits zu einer Überschreitung des Höchstgehalts führen. Für die menschliche Ernährung sind diese Kupfergehalte in Chiasamen im Rahmen der üblichen Verzehrmengen jedoch als unbedenklich anzusehen. Das Problem, angemessene Rückstandshöchstgehalte festzusetzen, die auch den natürlichen Gehalt berücksichtigen, wird bereits auf europäischer Ebene diskutiert.

Bei Kupferrückständen in Schafleber ist zu berücksichtigen, dass neben Pflanzenschutzmittelrückständen und Verunreinigungen von Luft, Wasser sowie Boden ein Eintrag von Kupfer auch über die Aufnahme von kupferhaltigen Futtermitteln erfolgen kann. Kupfer ist regulär als ernährungsphysiologischer Zusatzstoff zur Verwendung in Futtermitteln mit unterschiedlichen Höchstgehalten zugelassen. So können zur Spurenelementversorgung bei Schafen bis zu 15 mg Kupfer/kg Alleinfuttermittel verwendet werden. Auch die physiologisch bedingte Anreicherung von Kupfer in der Leber trägt zu den vergleichsweise hohen Kupfergehalten bzw. den erhöhten Anteil an Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen bei.

Wirkstoffe und Mehrfachrückstände

Es wurden bei 195 Wirkstoffen (18,3 %) Überschreitungen der Rückstandshöchstgehalte festgestellt. Wirkstoffe mit relativ häufigen Überschreitungen im Jahr 2022 waren Kupfer, Paraquat, Ethylenoxid, Dithiocarbamate und Chlorpyrifos. Mit Ausnahme von Kupfer und zwei der sechs wirksamen Dithiocarbamate dürfen diese Stoffe EU-weit nicht mehr in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Die Überschreitungsquoten lagen, bezogen auf einen einzelnen Wirkstoff, bei maximal 2,0 %. Bei Kupfer lag sie bei 5,0 %.

Bei 33,2 % aller untersuchten Proben wurde mehr als ein Wirkstoff nachgewiesen. Wie im Vorjahr fielen bei Lebensmitteln mit mehr als 100 untersuchten Proben insbesondere Kirschen, Mandarinen, Tafeltrauben, Orangen, Grapefruit und Pfirsiche/Nektarinen, Erdbeeren, Rosenkohle, Birnen, Himbeeren und Aprikosen auf. Bei den genannten Lebensmitteln wiesen mehr als drei Viertel der Proben Mehrfachrückstände auf.

Für das Auftreten dieser Mehrfachrückstände ist eine Vielzahl von Ursachen denkbar. Dazu zählen die Anwendung unterschiedlicher Wirkstoffe zur Bekämpfung verschiedener Schadorganismen, die Anwendung von Kombinationspräparaten mit mehreren Wirkstoffen oder ein gezielter Wirkstoffwechsel, um die Entwicklung von Resistenzen bei Schaderregern zu vermeiden. Auch während der Lagerung und/oder beim Transport ist zum Beispiel eine Übertragung durch kontaminierte Transportbehälter oder Förderbänder möglich. Hinzu kommt die Vermischung von Produkten verschiedener Erzeuger.

Ausgabejahr 2024
Datum 15.01.2024

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