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Nationale Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2010

Zusammenfassung der Ergebnisse des Jahres 2010 aus der Bundesrepublik Deutschland

Hintergrund

Dieser Bericht fasst die Ergebnisse der in Deutschland im Jahr 2010 an Lebensmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs sowie an Säuglings- und Kleinkindernahrung durchgeführten Untersuchungen auf Pflanzenschutzmittelrückstände zusammen. Er beinhaltet auch die Ergebnisse des auf die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 gestützten mehrjährigen koordinierten Kontrollprogramms der Europäischen Gemeinschaft, welches der Gewährleistung der Einhaltung der Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebensmitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs sowie der Bewertung der Verbraucherexposition mit Pestizidrückständen über die Nahrung dient. Die im Rahmen dieses Programms zu untersuchenden Lebensmittel und Wirkstoffe wurden in der Verordnung (EG) Nr. 901/2009 der Kommission vom 28. September 2009 bekanntgegeben.

Dementsprechend wurden im vorliegenden Bericht alle Daten von Erzeugnissen mit einer Probenahme vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2010 berücksichtigt, die dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) von den Untersuchungseinrichtungen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung der 16 Länder gemeldet wurden. Insgesamt beteiligten sich im Jahr 2010 27 Untersuchungsämter an der Datenübermittlung, welche alle nach ISO 17025 akkreditiert sind und ihre Leistungsfähigkeit durch regelmäßige Teilnahme an nationalen und / oder internationalen Ringversuchen nachweisen.

Die detaillierten Tabellen zu den hier beschriebenen Auswertungen finden sich unter dem Link "Tabellen zur Nationalen Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2010" am Ende dieses Berichtes.

Daten- und Probenumfang

Im Jahr 2010 wurden in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 17.585 Lebensmittelproben auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelrückstände durch die amtlichen Lebensmittelüberwachung der Länder untersucht. Im Vergleich zum Berichtsjahr 2009 (16.866 Proben) sind +4,3% mehr Proben untersucht worden.

Von den 17.585 Proben wurden 3.854 Proben im Rahmen des Monitorings und 13.731 Pro-ben im Rahmen des bundesweiten Überwachungsplans gezogen. Die Unterscheidung in diese zwei Ansätze der Probennahme liegt an der unterschiedlichen Zielsetzung der Programme. Das Monitoring dient der Ermittlung der Verbraucherexposition gegenüber unerwünschten Stoffen in Lebensmitteln. Diese Proben werden nach einem jährlich festgelegten Probennahmeplan repräsentativ gezogen. Demgegenüber dienen die Proben des Überwachungsplans der Überprüfung der Einhaltung der gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte. Die Probenahme erfolgt hier risikoorientiert. Die erhaltenen Ergebnisse sind daher nicht repräsentativ für die Gesamtheit der auf dem Markt befindlichen Lebensmittel.

Für die Berichterstattung an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Kommission der Europäischen Gemeinschaft werden die Proben in "surveillance sampling" und "follow-up enforcement sampling" unterteilt. Als "surveillance"-Proben bezeichnet man dabei die Plan- und die Monitoring-Proben, während Verdachts-, Beschwerde und Verfolgsproben unter der Bezeichnung "follow-up enforcement sampling"-Proben zusammengefasst werden. Von den 17.585 Proben des Berichtsjahres fallen insgesamt 17.218 Proben in die Kategorie "surveillance sampling" und 367 Proben in die Kategorie „follow-up enforcement sampling“. Die Lebensmittel des mehrjährigen koordinierten Kontrollprogramms der Europäischen Gemeinschaft umfassten im Jahr 2010 1.618 Proben.

Die Berichte der einzelnen Mitgliedstaaten werden von der EFSA zu einem Gesamtbericht zusammengefasst. Hierzu leisten die aus Deutschland übermittelten Ergebnisse zu Pflanzenschutzmittelrückständen einen erheblichen Beitrag, wie die beiden folgenden Beispiele aus “The 2009 European Union Report on Pesticide Residues in Food” der EFSA vom 16. November 2011 [EFSA Journal 2011; 9(11):2430] zeigen:

  1. 24,8 % aller in dem Bericht dargestellten Proben (16.866 von 67.978 Proben) stammen aus Deutschland. Daran anschließend lieferte Italien einen Beitrag von 10,2 %, Frankreich von 5,9 % und die Niederlande von 5,7 % der Proben. Im Vergleich zum Jahr 2008 nahm die Gesamtzahl der Proben aller EU - Länder um 3,1 % ab. Entgegen dem Trend konnte Deutschland die Probenzahl um 7,5 % von 15.683 Proben im Jahr 2008 auf 16.866 Proben 2009 steigern.
  2. In Deutschland wurde 2009 auf insgesamt 794 Wirkstoffe untersucht, so viele wie in keinem anderen Land. Spanien, die Niederlande, Schweden, Österreich und Belgien folgten mit 439 - 497 unterschiedlichen Wirkstoffen, die analysiert wurden. Schlusslicht war Island, das auf 61 Wirkstoffe untersuchte.

Die für das Berichtsjahr 2010 übermittelten Daten verteilen sich auf insgesamt 164 verschiedene Lebensmittel, wobei die Anzahl der Proben pro Lebensmittel stark variiert. So reichte die Spanne von einer Probe bis zu 1.008 Proben pro Erzeugnis. Die Verteilung der Probenzahlen ist in der Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Verteilung der Anzahl der Proben pro Lebensmittel 2010
Anzahl der ProbenAnzahl der Lebensmittel
> 5007
100 – 49943
50 – 9912
30 – 4917
10 – 2932
1 – 953

Die am häufigsten untersuchen Lebensmittel waren im Jahr 2010 Erdbeeren (1.008 Proben), Äpfel (935 Proben) und Tafeltrauben (737 Proben), gefolgt von grünem Salat (687 Proben), Tomaten (661 Proben), Paprika (592 Proben) und Kartoffeln (505 Proben).

Von den insgesamt 17.585 Proben, die in Deutschland gezogen und untersucht wurden, stammten 7.706 der beprobten Erzeugnisse aus Deutschland, 5.078 aus anderen EU-Mitgliedstaaten und 3.444 aus Drittländern. Für 1.357 Proben wurden keine Angaben zur Herkunft übermittelt.
Die Erzeugnisse nicht deutscher Herkunft verteilten sich auf 88 Staaten. Hiervon stammten die meisten Erzeugnisse aus Spanien (1.839 Proben), Italien (1.362 Proben), den Niederlan-den (746 Proben), der Türkei (408 Proben) und Frankreich (397 Proben).

Über die Hälfte der untersuchten Proben (58,7 %) wurden 2010 im Lebensmitteleinzelhandel gezogen. Fast ein Viertel (21,5 %) stammte von Großhändlern sowie Im- und Exporteuren. Unmittelbar beim Erzeuger erfolgte die Probenahme in 8,9 % der Fälle, während 5,7 % der Proben beim Hersteller und 0,6 % bei Dienstleistungsbetrieben genommen wurden. Bei 4,6 % der Proben lagen keine Angaben zur Betriebsart vor.

Rückstandshöchstgehalte von Pflanzenschutzmitteln

Der „Rückstandshöchstgehalt“ (RHG) ist die höchste zulässige Menge eines Pestizidrückstands in oder auf Lebens- oder Futtermitteln, der für jede Kombination von Erzeugnis und Wirkstoff einzeln festgelegt wird. Innerhalb der EU erfolgt die Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten in einem Gemeinschaftsverfahren. Bei der Festsetzung werden sowohl Daten zur Toxikologie und zur Verzehrsmenge als auch Daten zur guten landwirtschaftlichen Praxis (GAP) berücksichtigt. Es handelt sich also um die Menge an Pflanzenschutzmittelrückständen, die bei ordnungsgemäßer Anwendung durch den Landwirt für die jeweilige Kultur nicht überschritten werden sollte. Dementsprechend stellen Rückstandshöchstgehalte in der Regel keine toxikologisch begründeten, gesundheitlich relevanten Grenzwerte dar, sondern Werte zur Regelung der Verkehrsfähigkeit eines Erzeugnisses. D.h. dass Lebensmittel, deren Rückstandsgehalte über dem gesetzlichen Rückstandshöchstgehalt liegen, nicht verkehrsfähig sind und folglich nicht im Handel angeboten werden dürfen. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht mit einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit gleichzusetzen.

Wird bei einem Erzeugnis eine Rückstandshöchstgehaltsüberschreitung festgestellt, schätzt die zuständige Überwachungsbehörde das für den Verbraucher ausgehende toxikologische Risiko ab. Konkret wird im Fall von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln geprüft, ob die gefundenen Gehalte über der akuten Referenzdosis (ARfD) oder der duldbaren täglichen Aufnahmemenge (ADI = Acceptable Daily Intake) liegen. Die akute Referenzdosis definiert dabei die Rückstandsmenge, die über die Nahrung innerhalb eines Tages in Abhängigkeit des Körpergewichtes aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein Gesundheitsrisiko für den Verbraucher entsteht, während die ADI - Werte die Menge eines Stoffes auf Basis des Körpergewichtes bezeichnen, die jeder Verbraucher und jede Verbraucherin täglich lebenslang aufnehmen kann, ohne mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung rechnen zu müssen. Wenn im Falle einer Überschreitung der ARfD bzw. des ADI - Wertes eine Gefährdung des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden kann, so wird eine Meldung an das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) übermittelt. Hierzu sind alle Mitgliedstaaten der EU gemäß Artikel 50 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Basisverordnung) verpflichtet, wenn von einem Lebensmittel (oder Futtermittel) ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.

Im Jahr 2010 wurden von Deutschland insgesamt 396 Meldungen zu Lebens- und Futtermitteln an das Schnellwarnsystem übermittelt; davon sind 53 Meldungen auf Pflanzenschutzmittelrückstände zurückzuführen.

Lebensmittelbezogene Betrachtung

Von den 17.218 untersuchten „surveillance sampling“-Proben enthielten 7.132 (41,4 %) keine quantifizierbaren Rückstände. In 10.086 (58,6 %) der Proben traten Rückstände auf, welche bei 458 (2,7 %) der Proben die geltenden Rückstandshöchstgehalte überschritten. Von diesen wurden 287 (1,7 %) beanstandet.

Die Belastung der „follow-up enforcement sampling“-Proben war erwartungsgemäß höher als die der „surveillance sampling“-Proben, da diese Proben aufgrund konkreter Verdachtsmomente gezogen werden. Von den untersuchten 367 Proben enthielten dabei 114 (31,1 %) keine quantifizierbaren Rückstände, während in 253 (68,9 %) Rückstände auftraten. Von den 24 Proben (6,5 %) Proben, die Rückstände oberhalb der geltenden Rückstandshöchstgehalte aufwiesen, wurden 20 (5,4 %) beanstandet.

Die Differenz zwischen der Anzahl der Proben mit einer Rückstandshöchstgehaltsüberschreitung und der Anzahl der beanstandeten Proben resultiert daraus, dass bei der Beanstandung einer Probe auch die analytischen Messunsicherheiten berücksichtigt werden müssen. Deshalb erfolgt eine Beanstandung in der Regel erst, wenn auch nach dem Abzug einer sogenannten "erweiterten Ergebnisunsicherheit" der Wert noch über dem entsprechenden Rückstandshöchstgehalt liegt. Diese erweiterte Ergebnisunsicherheit beträgt 50 % gemäß Dokument No. SANCO/10684/2009 „Method Validation and Quality Control Procedures for Pesticide Residue Analysis in Food and Feed“, implementiert am 01.01.2010.

Wie bereits in den Vorjahren wurde auch 2010 eine gesonderte Auswertung der insgesamt 1337 „surveillance sampling“- und „follow-up enforcement sampling“-Proben aus ökologischem Anbau durchgeführt. Die Belastung dieser Proben war deutlich niedriger verglichen mit der der Probengesamtheit. So enthielten von den untersuchten Bio-Proben 1068 (79,9 %) keine quantifizierbaren Rückstände. In 269 (20,1 %) der Proben traten Rückstände mit meistens sehr geringen Gehalten (im Spurenbereich) auf. Nur bei 3 Proben (0,2 %) lagen die gefundenen Rückstände über den Rückstandshöchstgehalten. Beanstandet wurde davon 2 (0,1 %) Proben.

Bei der Betrachtung dieser Auswertungen muss berücksichtigt werden, dass sie größtenteils auf risikoorientiert gezogenen Proben basieren. D.h. Lebensmittel, die in der Vergangenheit auffällig geworden sind, werden häufiger und mit höheren Probenzahlen untersucht als solche, bei denen man aus Erfahrung keine erhöhte Rückstandsbelastung erwartet. Aus diesem Grund erlauben die oben dargestellten Ergebnisse keinen Rückschluss auf die Belastung der Gesamtheit der auf dem Markt befindlichen Lebensmittel.

Die Tabelle 2 enthält eine Übersicht über die „surveillance sampling“-Proben 2010 ausgewertet nach einzelnen Lebensmittelgruppen.

Tabelle 2: Gesamtübersicht über die Ergebnisse 2010 („surveillance sampling“-Proben)

Lebensmittelgruppen

Proben gesamt

Proben ohne Rückstände (nicht quantifizierbar)

Proben mit Rückständen

Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt

Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-

Getreide444288
(64,9 %)
156
(35,1 %)
17
(3,8 %)
11
(2,5 %)
Säuglings- und Kleinkindernahrung273226
(82,8 %)
47
(17,2 %)
1
(0,4 %)
1
(0,4 %)
Verarbeitete Lebensmittel177112
(63,3 %)
65
(36,7 %)
9
(5,1 %)
7
(4,0 %)
Lebensmittel tierischen Ursprungs1508991
(65,7 %)
517
(34,3 %)
4
(0,3 %)
0
(0,0 %)
Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse148165515
(37,2 %)
9301
(62,8 %)
427
(2,9 %)
268
(1,8 %)
Gesamt172187132
(41,4 %)
10086
(58,6 %)
458
(2,7 %)
287
(1,7 %)

Bei Getreide konnten im 2. Jahr in Folge in ca. 65% der Proben keine quantifizierbaren Rückstände nachgewiesen werden und sind damit rückstandsfrei. Auffällig ist hier jedoch im Vergleich zum Jahr 2009, in dem es keinerlei Höchstgehaltsüberschreitungen und Beanstandungen gab, dass im Jahr 2010 17 (3,8%) Proben Rückstände über dem Rückstandshöchstgehalt aufwiesen und 11 (2,5%) davon beanstandet wurden. Bei den 11 beanstandeten Proben handelt es sich ausschließlich um Reis, in dem Isoprothiolan nachgewiesen wurde. Bei einer der beanstandeten Proben stammte der Reis aus Italien; bei einer weiteren war das Ursprungsland die Türkei. Für die restlichen 9 Proben liegen keine Angaben zu Herkunftsländern der Reiserzeugnisse vor.

Der Wirkstoff Isoprothiolan wird als Fungizid und Wachstumsregulator (unter anderem zur Beschleunigung der Wurzelbildung) beim Reisanbau angewendet. In der EU ist Isoprothiolan entsprechend Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 nicht zugelassen. Für zahlreiche Wirkstoffe, die in anderen Regionen der Erde angewendet werden in Europa aber nicht zum Einsatz kommen, ist kein spezifischer Rückstandshöchstgehalt festgelegt. In diesem Fall gilt ein vorsorglicher Standardwert von 0,01mg/kg entsprechend Artikel 18(1)(b) der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Unter der Voraussetzung, dass keine Gefährdung für den Verbraucher besteht, können auf Antrag sogenannte Importtoleranzen für festgelegte Wirkstoff-Lebensmittel-Kombinationen erlassen werden. Derzeit liegt der EFSA ein Antrag zur Festlegung eines spezifischen Rückstandshöchstgehaltes für Isoprothiolan in Reis vor. Eine abschließende Beurteilung liegt noch nicht vor.

Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, wiesen 82,8 % der untersuchten Proben bei Säuglings- und Kleinkindernahrung keine quantifizierbaren Rückstände auf. In 17,2% der Proben wurden Rückstände nachgewiesen. Eine Probe wies zu beanstandende Rückstände über dem Rückstandshöchstgehalt auf. Im Vergleich zu 2009 hat sich die Rückstandssituation bei Säuglings- und Kleinkindernahrung leicht negativ entwickelt. 2009 wurden in nur 14,1% der Proben Rückstände ermittelt und in keinem Fall die geltenden Rückstandshöchstgehalte überschritten. Insgesamt ist die Rückstandssituation bei Säuglings- und Kleinkindernahrung jedoch als positiv zu werten. Bei den Proben, in denen Rückstände nachgewiesen werden konnten, handelt es sich überwiegend um Spuren von ubiquitär verbreiteten, persistenten organischen Schadstoffen (POPs).

Die Lebensmittelgruppe mit der ungünstigsten Rückstandssituation bezüglich Pflanzenschutzmittel stellte im Jahr 2009 mit nachgewiesenen Rückständen in 63,8 % der Proben und 9,1 % an Überschreitungen sowie 7,5 % an Beanstandungen die der verarbeiteten Lebensmittel dar. In dieser Gruppe wurden 2010 in nur noch 36,7 % der untersuchten Proben Rückstände nachgewiesen. Allerdings lag diese Gruppe immer noch mit 5,1 % an Proben über dem Rückstandshöchstgehalt und mit 4,0 % an beanstandeten Proben über dem Durchschnitt.

Die Beanstandungen und Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen bei verarbeitenden Lebensmitteln lassen sich im Jahr 2010 vornehmlich auf Chilis Fruchtgewürz und auf Paprikapulver Fruchtgewürz zurückführen. In Chilis Fruchtgewürz wurden in 73,9 % (17 Proben) der Proben Rückstände gefunden. In 21,7 % (5 Proben) der Fälle wurde der Rückstandshöchstgehalt überschritten und auch beanstandet. Bei Paprikapulver wurden in 71,4 % (15 Proben) Rückstände nachgewiesen und bei 9,5 % (2 Proben) der Proben wurden die Rückstandshöchstgehalte überschritten und beanstandet.

Insgesamt weist die Lebensmittelgruppe „verarbeitete Lebensmittel“ grundsätzlich auch noch die Schwierigkeit auf, dass die Rückstandshöchstgehalte in der Regel für frische Erzeugnisse festgesetzt werden und bei der Beurteilung von verarbeiteten Lebensmitteln dementsprechend Verarbeitungsfaktoren berücksichtigt werden müssen. Diese sind beispielsweise bei Fruchtsäften vergleichweise eindeutig und damit einheitlich. Bei anderen Lebensmitteln können die Werte aber je nach Komplexität der Zusammensetzung schwieriger zu ermitteln sein.

Die Ergebnisse aus dem Bereich der Lebensmittel tierischen Ursprungs sind sehr positiv. In 65,7 % der Proben konnten keine quantifizierbaren Rückstände gemessen werden. In nur 0,3 % der Proben wurde Rückstandshöchstgehalte überschritten; Beanstandungen gab es keine. In den Proben, die Rückstande enthielten, wurden vor allem die persistenten und praktisch ubiquitär nachweisbaren chlororganischen Insektizide wie DDT, HCB und Lindan nachgewiesen. Diese dürfen in Deutschland seit langem nicht mehr angewendet werden. Altlasten, vor allem im Boden, führen aber immer noch zu nachweisbaren Rückständen in den entsprechenden Lebensmitteln. Bei drei von insgesamt 339 Proben in der Gruppe Milch und Milchprodukte von Rindern wurde hier der Höchstgehalt von Lindan überschritten, jedoch nicht beanstandet. Des Weiteren wurde bei einer von insgesamt 247 Honigproben der Höchstgehalt von Thiacloprid überschritten, die Überschreitung blieb aber ohne Beanstandung.

Die weitaus größte Anzahl an mit Rückständen belasteten Proben sind mit Abstand in der Lebensmittelgruppe Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse mit 62,8 % zu finden. Diese Lebensmittelgruppe stellt auch die Gruppe mit den meisten Proben dar (14.816 Proben). Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher pflanzlicher Erzeugnisse ist die Spannbreite von Lebensmitteln, bei denen es keine oder nur wenige Überschreitungen und Beanstandungen gab, bis hin zu einem Erzeugnis (frische Kräuter), bei dessen Proben die prozentuale Beanstandungsrate im zweistelligen Bereich lag, sehr groß. Erfreulicherweise traten aber gerade bei vielen Lebensmitteln, deren Verzehr besonders hoch ist, wie beispielsweise Äpfel, Bananen, Kartoffeln, Karotten und Tomaten, nur wenige Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen bzw. Beanstandungen auf.

In der Tabelle 3 sind die Lebensmittel zusammengefasst, bei denen der Anteil der beanstandeten Proben unter einem Prozent lag und von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden.

Tabelle 3: Obst und Gemüse mit den wenigsten Beanstandungen 2010
LebensmittelAnzahl der untersuchten ProbenProben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet- in %
Kartoffeln4890,0
Spargel4740,0
Birnen4140,0

Karotten

3210,0
Kopfkohl 3080,0
Mandarinen2250,0
Rhabarber 1890,0
Rote Rüben1550,0
Bananen1240,0
Heidelbeeren1230,0
Äpfel 9170,1
Kirschen2690,4
Kohlrabi 2460,4
Porree 2300,4
Feldsalat 1860,5
Erdbeeren9770,6
Tomaten6460,6
Tee3610,6
Zitronen1560,6
Kiwi2900,7
Grapefruit, Pomelo2570,8
Pfirsiche4290,9
Ananas2300,9

In anderen Obst- und Gemüsesorten wurden hingegen wesentlich mehr Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen beobachtet. Die zehn Lebensmittel, die prozentual im Jahr 2010 am häufigsten beanstandet wurden, hat die Tabelle 4 zum Inhalt. Auch hier wurden nur Erzeugnisse berücksichtigt, von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden.

Frische Kräuter fielen wie bereits im Jahr 2009 aufgrund besonders vieler beanstandeter Proben auf, wenn auch die Zahl der Beanstandungen von 20,7 % in 2009 auf 10,4 % in 2010 gesunken ist. Besonders frische Kräuter aus Thailand wurden wie schon im Vorjahr häufig beanstandet (21 von 61 Proben). Aber auch Paprika aus Thailand fielen durch zahlreiche Beanstandungen auf (18 von 36 Proben).

Tabelle 4: Obst und Gemüse mit den meisten Beanstandungen 2010
LebensmittelAnzahl der untersuchten ProbenProben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet- in %
Frische Kräuter32810,4
Paprika5676,5
Bohnen (mit Hülsen)1865,9
Grünkohl1414,3
Himbeeren2572,3
Mangos1342,2
Tafeltrauben 7022,0
Zucchini 2442,0
Rettich, Radieschen1012,0
Spinat1071,9

Die Rückstandssituation ist bei einzelnen Lebensmitteln häufig stark von ihrer Herkunft abhängig. Interessanterweise konnten in Tafeltrauben aus Argentinien, Brasilien, Chile und Südafrika keine Höchstgehaltsüberschreitungen festgestellt werden. Während in Tafeltrauben aus Indien, Deutschland und der Türkei die Quote der Beanstandungen bei 33,3 % (8 von 24 Proben aus Indien), 9,3 % (4 von 43 Proben aus Deutschland) und 5,9 % (1 von 17 Proben aus der Türkei) lag. Im Durchschnitt ergab sich für Tafeltrauben eine Beanstan-dungsquote von 2,0 %.
Die vier Beanstandungen aus Deutschland sind auf das Fungizid Folpet zurückzuführen. Im Jahr 2009 wurden sogar 17 (47,2%) von 36 Tafeltraubenproben aufgrund von Folpet beanstandet, so dass sich die Situation stark verbessert hat, wenn sie auch noch nicht zufriedenstellend ist. Pflanzenschutzmittel, die das Fungizid Folpet enthalten, sind nur für Keltertrauben mit einen maximalen Rückstandsgehalt von 5 mg/kg an Folpet zugelassen. Für Tafeltrauben liegt der Rückstandshöchstgehalt bei 0,02 mg/kg. Offenbar wurden Keltertrauben als Tafeltrauben vermarktet.

Ausführliche Darstellungen der Datenauswertung hinsichtlich Lebensmitteln und Lebensmittelgruppen enthalten die Tabellen „Lebensmittelbezogene Darstellung – surveillance sampling“, „Lebensmittelbezogene Darstellung – follow-up enforcement sampling“ und „Lebensmittelbezogene Darstellung – Bio-Proben“ (siehe Links am Ende des Berichtes).

Herkunftsbezogene Betrachtung

Die Belastung von Lebensmitteln mit Pflanzenschutzmittelrückständen kann in Abhängigkeit ihrer Herkunft stark variieren. So traten 2010 insgesamt bei 1,0 % der aus Deutschland und bei 1,5 % der aus anderen EU-Mitgliedstaaten stammenden Proben Überschreitungen der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf, während dies bei 8,0 % der Proben von Erzeugnissen mit Herkunft aus Drittländern der Fall war. Dem entsprach auch die Situation hinsichtlich der Beanstandungen. So wurden im Berichtsjahr 0,6 % der untersuchten deutschen bzw. 0,7 % der europäischen Erzeugnisse nicht deutscher Erzeugung aufgrund von Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen beanstandet. Bei Lebensmitteln aus Drittländern erfolgte hingegen bei 5,5 % der Proben eine Beanstandung.

Als mögliche Ursachen für die höheren Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungs- und Beanstandungsraten bei Erzeugnissen mit Herkunft aus Drittländern kommen unter anderem die unterschiedliche Gesetzeslage bzw. höhere Rückstandshöchstgehalte in den einzelnen Herkunftsländern in Betracht. Die Daten aus Deutschland und den übrigen EU-Ländern zu Überschreitungen und Beanstandungen von Rückstandshöchstgehalten sind nun schon im 2. Jahr in Folge ähnlich. Diese Angleichung lässt sich vermutlich auf die Harmonisierung der Rückstandshöchstgehalte in allen EU-Mitgliedstaaten mit dem vollständigen in Kraft treten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zum 01. September 2008 zurückführen.

Der Anteil an Proben ohne quantifizierbare Rückstände ist aber nach wie vor bei Lebensmitteln aus deutscher Erzeugung am höchsten. Im Berichtsjahr 2010 konnten bei Lebensmitteln aus Deutschland in 51,1 % der Proben keine Rückstände quantifiziert werden, während dies nur für 30,8 % der untersuchten Erzeugnisse aus anderen EU-Mitgliedstaaten und 31,7 % der Erzeugnisse aus Drittländern zutraf. Bei einer Bewertung solcher Prozentzahlen sollten stets aber auch die klimatischen Bedingungen der jeweiligen Herkunftsländer berücksichtigt werden, die teilweise einen stärkeren Einsatz von Pestiziden zum Schutz der Pflanzen erforderlich machen können.

Eine detaillierte Auswertung der Rückstandsgehalte der einzelnen Lebensmittel in Abhängigkeit des Herkunftslandes findet sich in der Tabelle „Lebensmittel- und herkunftsbezogene Darstellung“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Wirkstoffbezogene Betrachtung

Zu den im Jahr 2010 untersuchten 17.585 Lebensmittelproben wurden insgesamt 5.160.058 einzelne Analysenergebnisse zu 845 verschiedenen Wirkstoffen erhoben (ausgenommen Metabolite und Isomere). Es wurde aber keine Probe auf das gesamte Stoffspektrum untersucht. Während die Analyse auf manche Substanzen nur bei einzelnen oder wenigen Proben erfolgte, wurden 234 Wirkstoffe in mehr als 10.000 Proben untersucht. Bei 166 Wirkstoffen betrug die Anzahl der auf ihr Vorkommen analysierten Proben weniger als 1.000 und bei 445 Wirkstoffen waren es zwischen 1.000 und 10.000 Proben. Der Durchschnitt lag 2010 bei 293 Wirkstoffen pro Lebensmittelprobe. Dabei wurden bei 474 Wirkstoffen (56,1 %) keine quantifizierbaren Gehalte gefunden bzw. 371 Wirkstoffe (43,9 %) in mindestens einer Probe nachgewiesen. Insgesamt traten bei 149 Wirkstoffen (17,6 %) Gehalte oberhalb der geltenden Rückstandshöchstgehalte auf, die bei 106 Wirkstoffen (12,5 %) zur Beanstandung der jeweiligen Probe führten. Tabelle 5 fasst diese Angaben unterteilt nach den einzelnen Lebensmittelgruppen zusammen.

Tabelle 5: Gesamtübersicht über die untersuchten Wirkstoffe 2010
LebensmittelgruppenAnzahl der untersuchten WirkstoffeAnzahl der Wirkstoffe ohne quantifizierbare RückständeAnzahl der Wirkstoffe mit quantifizierbaren Rückständen
Getreide764736
(96,3 %)
28
(3,7 %)
Säuglings- und Kleinkindernahrung740719
(97,2 %)
21
(2,8 %)
Verarbeitete Lebensmittel749668
( 89,2%)
81
(10,8%)
Lebensmittel tierischen Ursprungs579546
(94,3 %)
33
(5,7 %)
Obst, Gemüse und andere pflanzliche Erzeugnisse800455
(56,9 %)
345
(43,1 %)
Gesamt845474
(56,1 %)
371
(43,9 %)

Eine vollständige Aufstellung der im Jahr 2010 analysierten Wirkstoffe enthält die Tabelle „Zusammenfassende Übersicht über die Anzahl der Untersuchungen, der Rückstände, der Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen und der Beanstandungen für die einzelnen Wirkstoffe“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Insgesamt wurden im Berichtsjahr 619 Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen festgestellt. Diese führten in 382 Fällen zur Beanstandungen der betroffenen Lebensmittelproben. Die Wirkstoffe, die mehr als zehn Beanstandungen verursachten, sind in Tabelle 6 dargestellt.

Tabelle 6: Wirkstoffe mit den häufigsten Beanstandungen 2010
WirkstoffAnzahl der untersuchten ProbenAnzahl der Proben mit Rückständen über dem RückstandshöchstgehaltAnzahl der Proben mit Rückständen über dem Rückstandshöchstgehalt -beanstandet-
Dimethoat154825135
Carbendazim 140452716
Profenofos144691813
Bromhaltige Begasungsmittel berechnet als Bromid6241312
Methomyl150931712
Isoprothiolan25351511
Acetamiprid151052411
Chlorpyrifos159642111

Allein auf die hier genannten 8 Wirkstoffe entfielen 2010 31,6 % (121 von 382) der Beanstandungen.
Wirkstoffe, die bezogen auf die Anzahl untersuchten Proben besonders häufig beanstandet wurden, sind bromhaltige Begasungsmittel mit einer Beanstandungsquote von 1,92 % (12 von 624 Proben), Chlormequat mit einer Beanstandungsquote von 0,58% (8 von 1374) und Ethephon mit einer Beanstandungsquote von 0,50% (7 von 1399).

Eine Liste der untersuchten Lebensmittel-Wirkstoff-Kombinationen, bei denen in mindestens einer Probe quantifiziere Rückstände gefunden wurden, befindet sich in der Tabelle „Darstellung der Lebensmittel-Wirkstoff-Kombinationen mit quantifizierten Rückständen“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Auftreten von Mehrfachrückständen

In 7.084 (40,3 %) von 17.585 Proben des Jahres 2010 wurde mehr als ein Wirkstoffrückstand in quantifizierbarer Menge nachgewiesen. Für das Auftreten dieser Mehrfachrückstände ist grundsätzlich eine Vielzahl von Ursachen denkbar. Neben der Anwendung unterschiedlicher Wirkstoffe während der Wachstumsphase zur Bekämpfung verschiedener Schadorganismen können sie beispielsweise auf die Anwendung von Kombinationspräparaten mit mehreren Wirkstoffen oder einen gezielten Wirkstoffwechsel zur Vermeidung der Entwicklung von Resistenzen bei Schaderregern zurückzuführen sein. Auch während der Lagerung und / oder beim Transport ist eine weitere Anwendung bzw. eine Übertragung von kontaminierten Transportbehältern oder Förderbändern möglich. Geringe Wirkstoffrückstände können von vorangegangenen Anwendungen oder durch Abdrift bei Pflanzenschutzmaßnahmen von benachbarten Feldern stammen. Des Weiteren setzen sich manche Proben aus Partien von verschiedenen Erzeugern zusammen, die unterschiedliche Wirkstoffe angewendet haben. Darüber hinaus kann auch eine nicht ausreichende Umsetzung der guten landwirtschaftlichen Praxis bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht immer ausgeschlossen werden.

Detaillierte Angaben über die Mehrfachrückstände in den einzelnen Lebensmitteln beinhaltet die Tabelle „Anzahl der Rückstände und deren Häufigkeiten in den untersuchten Lebensmitteln“ (siehe Link am Ende des Berichtes).

Auch 2010 gab es bezüglich der Mehrfachrückstände Unterschiede zwischen den einzelnen Obst- und Gemüsesorten. Die Erzeugnisse („surveillance sampling“-Proben), von denen mindestens 100 Proben untersucht wurden und bei denen in mehr als 50 % der Proben Mehrfachrückstände auftraten, finden sich in der Tabelle 7.

Tabelle 7: Lebensmittel mit den prozentual meisten Mehrfachrückständen 2010
LebensmittelAnzahl der ProbenProben mit Mehrfachrückständen in %Maximale Anzahl der Rückstände
Johannisbeeren (schwarz, rot und weiß)18484,817
Grapefruit, Pomelo25780,912
Erdbeeren97776,213
Mandarine22575,112
Tafeltrauben70273,419
Orangen22473,212
Ananas23067,86
Aprikosen19467,513
Himbeeren25763,813
Grüner Salat67860,215
Birnen41459,715
Pfirsiche42958,715
Kirschen26956,112
Zitronen15655,19
Äpfel91754,516
Porree23050,910
Bananen12450,88

Alle in der Tabelle 8 aufgeführten Lebensmittel fielen bereits 2009 durch Mehrfachrückstände auf, hinzugekommen sind noch Ananas und Porree.
Tafeltrauben und Himbeeren gehören nicht nur zu der Lebensmittelgruppe mit den prozentual meisten Mehrfachrückständen, sondern auch zu den am häufigsten beanstanden Lebensmitteln.

Konzepte zur routinemäßigen Berücksichtigung von Mehrfachrückständen sowohl in der Bewertung als auch bei der Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte sind derzeit noch durch die EFSA in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden der EU-Mitgliedstaaten in der Entwicklung. Eine Beurteilung von Mehrfachrückständen ist daher derzeit nicht möglich.