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OPSON VII (2017/2018) - Betrug bei Thunfisch europaweit im Fokus

Schwerpunkt der Operation OPSON VII

Gefrierlager mit ganzen Thunfischen Gefrierlager mit ganzen Thunfischen Gefrierlager mit ganzen Thunfischen Quelle: Guardia Civil, Spanien

Das Ziel der diesjährigen von Europol und INTERPOL koordinierten Operation OPSON VII zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug war in Deutschland und zehn weiteren europäischen Staaten die illegale Färbung von frischem und gefrorenem Thunfisch. Erstmalig in der Geschichte von OPSON wurde ein Schwerpunktthema in mehreren Staaten gleichzeitig verfolgt. Das gemeinsame Vorgehen ist die Antwort auf zunehmend globalisierte Strukturen bei den Betrügern und deren Grenzen übergreifende Netzwerke zur Herstellung und Vertrieb der Betrugsware.
In Deutschland gingen die Behörden der Lebensmittelüberwachung Hinweisen nach, dass Thunfisch durch illegale Zusätze oder illegale Behandlung rot gefärbt wird, um Frische vorzutäuschen. Der Zoll stellte insbesondere auf die mögliche Hinterziehung von Einfuhrabgaben bei der Einfuhr von Thunfisch ab.

Warum wurde Thunfisch untersucht?

Lebensmittelbetrug bei Thunfisch ist ein bekanntes, jedoch sehr schwer zu durchdringendes Phänomen. Die hohe Nachfrage nach hochwertigen und dennoch preiswerten Thunfisch ist sowohl für einzelne betrügerisch handelnde Hersteller als auch für global agierende Betrugsnetzwerke im weltweiten Handel von hoher Attraktivität.
Zu bestimmten Praktiken wurden der Europäischen Kommission durch Hinweisgeber konkrete Anhaltspunkte wie auch Beweise zugespielt. Sie führten nach ihrer Verbreitung über das europäische Food Fraud Netzwerk zu der OPSON Schwerpunktaktion Thunfisch.

Die natürliche Farbe von frischem Thunfischfleisch ist rot. Um diese nach dem Fang von hochwertigem teuren Thunfisch, wie zum Beispiel dem Gelbflossen-Thun (Thunnus albacares) längst möglich zu erhalten, muss der Thunfisch bei mindestens -18° Celsius gelagert werden. Der natürliche Alterungsprozess kann auf dem langen Weg vom Fanggebiet zum Verbraucher nicht gestoppt, sondern nur verlangsamt werden, das Fleisch verliert nach und nach seine Rotfärbung und wird braungrau. Thunfisch, der für die Konservenherstellung bestimmt ist, vorrangig der Echte Bonito (Katsuwonus pelamis), wird von vornherein weniger aufwendig in einer Salzlake bei -9° Celsius gelagert und verliert seine rote Farbe ungleich schneller als bei Tiefkühllagerung bei mindestens -18° Celsius. Dieser Unterschied bestimmt nicht nur den Verwendungszweck, sondern auch den Handelspreis für Thunfisch, der für tiefgekühlten Thunfisch bis zu dreifach höher sein kann als für Thunfisch für die Konservenherstellung.

Die Methoden zur Farbmanipulation sind vielfältig und erfordern zum Teil ein ausgereiftes lebensmitteltechnologisches Wissen. Nur so gelingt es, dem Fisch eine dauerhafte, Frische vortäuschende rote Färbung zu geben.

Dem Verbraucher wird eine unter Umständen nicht mehr vorhandene Frische vorgetäuscht bzw. er bekommt einen umgefärbten Thunfisch als frisch verkauft, der ursprünglich als Konserventhunfisch vorgesehen war. Zur Gesundheitsgefahr kann dies werden, wenn das ältere Fischfleisch hohe Mengen an Histamin aufweist.

Aus Zollsicht war die Kontrolle von Thunfisch wegen möglichem Zollbetrug von besonderem Interesse, da Hinweise darauf vorlagen, dass Thunfisch unter unzutreffenden Zolltarifnummern angemeldet wird und somit eventuell nicht ordnungsgemäß verzollt wird. Hintergrund ist die zolltarifliche Differenzierung im Hinblick auf die Art und Qualität bzw. Verarbeitungsstufe des Fischerzeugnisses bzgl. der zolltariflichen Einreihung und dem anzuwendenden Zollsatz.

Wie wird Thunfisch manipuliert?

Durch illegale Zusätze oder Behandlungen kann die natürlich rote Farbe von frischem Thunfischfleisch stabilisiert bzw. wiederhergestellt werden. Durch diese Praktiken gelingt es den Betrügern, dem Thunfischfleisch eine dauerhafte rote Färbung zu geben.

Die eingesetzten Methoden haben ganz unterschiedliche Wirkmechanismen. Der Einsatz von Nitritpökelsalz (Mischung aus Natriumchlorid und Natriumnitrit) führt zu einer sogenannten Umrötung. Der Zusatz von Nitrat/Nitrit als Zusatzstoff mit dem Ziel der Umrötung ist zu unverarbeitetem und verarbeitetem Fisch gemäß EU-Recht verboten. Allerdings versuchen die Betrüger, ihre Spuren durch den hochdosierten Zusatz von Antioxidationsmitteln wie Ascorbinsäure (Vitamin C) zu vertuschen. Ascorbinsäure spielt den Betrügern dabei dreifach in die Hände, indem sie den Umrötungseffekt von Nitritpökelsalz verstärkt, dessen Nachweis erschwert und als Antioxidationsmittel im Zutatenverzeichnis erklärt werden kann. Allerdings sind die eingesetzten Konzentrationen deutlich höher, als es für die antioxidative Wirkung erforderlich wäre. Die illegalen Zusätze gelangen in das Thunfischfleisch z.B. durch Injektion (Abbildung 1).

Abbildung 1 Abbildung 1 Abbildung 1 Quelle: BVL

Eine weitere Methode zur Farbstabilisierung ist die nicht zulässige Behandlung mit Kohlenmonoxid, die zu einer intensiven und lang anhaltenden Rotfärbung des Fischfleisches führt.

Zu den direkten Färbemethoden gehört die Färbung mit Betanin, dem Farbstoff der Roten Bete. Auch hier kann durch den Einsatz von Rote Bete-Extrakten ein doppelter Effekt erreicht werden, da Rote Bete neben dem natürlichen Farbstoff Betanin auch relativ hohe Nitratgehalte aufweisen, welche die Farbe stabilisieren.

Die beschrieben Manipulationen können mit laborchemischen Methoden nachgewiesen werden. Einen ersten Hinweis auf eine Manipulation von Thunfischfleisch kann bereits die Kochprobe geben. Die Probe wird hierbei nach bestimmten festgelegten Kriterien wie Größe des Probenstücks und Dauer der Erhitzung vor und nach dem Durchgaren sensorisch untersucht. Auffällig ist eine Kochprobe, wenn die Oberfläche beige-braun/grau erscheint, jedoch das Innere der Probe eine rosa Färbung behält (Abbildung 2 und 3). Wenn die Umrötung mit Nitritpökelsalz erfolgt ist, kann bei der Kochprobe ein brühwurstartiger Geruch (Pökelnote) auffällig sein.

Abbildung 3: rohes Stück rot, gegarte Stücken rosa Abbildung 3: rohes Stück rot, gegarte Stücken rosa Abbildung 3: rohes Stück rot, gegarte Stücken rosa Quelle: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) Hamburg

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Fischfleisch, welches nicht umgefärbt worden ist, weist nach dem Erhitzen eine durchgängig graue Farbe auf (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Rohe Stücke rot-braun, gegartes Stück grau Abbildung 4: rohe Stücke rot-braun, gegartes Stück grau Abbildung 4: rohe Stücke rot-braun, gegartes Stück grau Quelle: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) Hamburg


Nicht jeder Fisch, der im rohen Zustand verdächtig rot erscheint, muss manipuliert worden sein, wie die Kochprobe in Abbildung 5 zeigt.

Abbldung 5: rohe Stücke leuchtend rot, gegartes Stück beige-braun Abbildung 5: rohe Stücke leuchtend rot, gegartes Stück beige-braun Abbildung 5: rohe Stücke leuchtend rot, gegartes Stück beige-braun Quelle: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) Hamburg


Teilnehmer

An der deutschen OPSON VII Operation waren die Lebensmittelüberwachungsbehörden aus Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie der Zoll (unter anderem das Zollkriminalamt (ZKA) und die für das Recht des grenzüberschreitenden Warenverkehrs zuständige Direktion VI der Generalzolldirektion) und das Bundeskriminalamt (BKA) beteiligt. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als Nationaler Administrator für TRACES stellte die Abfertigungsdaten für die Thunfischimporte zur Verfügung. Das Max Rubner-Institut (MRI) beriet die Teilnehmer mit seiner Expertise zum Fischsektor. Die Länder Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz nahmen als Beobachter teil. In Hamburg und Nordrhein-Westfalen hat die amtliche Lebensmittelüberwachung zum Ausbau der koordinierten Zusammenarbeit den Zoll und die Polizeibehörden in die Planungen der Aktivitäten eng eingebunden. Die deutsche OPSON VII-Operation wurde durch das BVL koordiniert.

Erstmalig in der Geschichte von OPSON haben sich bei OPSON VII europaweit mehrere Staaten zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Schwerpunkt gesetzt. Bei der Zusammenarbeit zur Aufklärung der illegalen Färbung von Thunfisch, die ursprünglich auf eine im Herbst letzten Jahres vereinbarte Kooperation zwischen dem schweizerischen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und dem BVL zurückgeht, beteiligten sich darüber hinaus Frankreich, Italien, Liechtenstein, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Ungarn und das Vereinigte Königreich. Koordiniert wurde die Schwerpunktaktion durch Europol. Die Europäische Kommission hat bei der Planung wie auch Auswertung wertvolle Unterstützungsarbeit geleistet.

Deutschland hat im Jahr 2015/2016 erstmals an OPSON teilgenommen. An der aktuellen Operation OPSON VII haben sich neben den elf bei der Schwerpunktaktion Thunfisch zusammengeschlossenen europäischen Staaten weltweit 67 Staaten mit unterschiedlichsten Schwerpunktsetzungen beteiligt.

Ergebnisse in Deutschland

Lebensmittelüberwachung
Von den Lebensmittelüberwachungsbehörden wurden in 205 Kontrollen 155 t frischer und gefrorener Thunfisch auf illegale Färbung kontrolliert. In 15 Fällen konnten irreführende Praktiken nachgewiesen werden, die von illegaler Behandlung mit Kohlenmonoxid und Nitrat/Nitrit über massiv erhöhte Konzentrationen an Ascorbinsäure bis hin zu undeklarierten Inhaltsstoffen reichen. Bislang wurden von Deutschland sechs Meldungen in das europäische Meldesystem für Lebensmittelbetrug (AAC-System) eingestellt, die zur Ausweitung der Ermittlungen in andere Staaten führen.

Eine illegale Umfärbung von für die Konservenherstellung vorgesehen Thunfischs konnte in der zweiwöchigen Schwerpunktaktion in Deutschland nicht festgestellt werden.

Zoll
In 242 Kontrollen hat sich die Generalzolldirektion mit Zollkriminalamt, Direktion VI und den Abfertigungszollstellen der teilnehmenden Bundesländer an der Operation OPSON VII beteiligt. Schwerpunkt der Operation war die Kontrolle von Thunfischeinfuhren insbesondere im Hinblick auf illegale Zusätze und Färbung der Ware bzw. Zollbetrug durch unzutreffende Anmeldung. An den Grenzkontrollstellen im Hamburger Hafen und am Flughafen Frankfurt arbeiteten die Veterinärkontrollstellen mit den Zollstellen in routinierter Weise eng zusammen. Bei den vom Zoll kontrollierten Waren wurden keine Auffälligkeiten entdeckt.

Ergebnisse weiterer Teilnehmerstaaten

In der Schweiz wurden 49 Thunfischproben auf Kohlenmonoxid, Nitrit und Histamin untersucht. Zwei Proben aus Vietnam wiesen erhöhte Werte von Kohlenmonoxid auf, welche den Verdacht aufkommen lassen, dass eine unzulässige Behandlung mit Kohlenmonoxid vorliegt. Die vietnamesischen Behörden wurden informiert, damit diese Fälle dort weiter verfolgt werden.

Die niederländischen Behörden haben über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF-System) u.a. Deutschland zu Lieferungen von Thunfisch mit erhöhtem Kohlenmonoxidgehalt kontaktiert.

Die spanischen und französischen Behörden haben strafrechtliche Ermittlungen zum Verkauf von für die Konservenherstellung vorgesehenen Thunfisch als frischen Thunfisch und zur illegalen Anwendung von Zusatzstoffen eingeleitet.

Informationen zu den Ergebnissen der anderen Teilnehmerstaaten finden Sie in der Pressemitteilung von Europol und in den Veröffentlichungen der Teilnehmerstaaten (siehe unteren Bereich).

Wie geht es weiter?

Die Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung sind noch nicht abgeschlossen, auch weil europa- und weltweit Informationen zu den Fällen eingeholt werden, welche das BVL als nationale Kontaktstelle über das europäische Meldesystem für Lebensmittelbetrug (AAC-System) weiterleitet. Auf Grundlage der Erkenntnisse darüber, auf welcher Handelsstufe betrügerische Manipulationen stattgefunden haben, werden zielgerichtete Maßnahmen ergriffen werden können.

Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten aktuell gebeten, die Kontrollen zu illegaler Färbung von Thunfisch zu verstärken.

Phasen der Operation OPSON VII

Die OPSON-Operationen erfordern ein hohes Maß an Planungstiefe und Abstimmungsarbeit zwischen den Beteiligten

Phasen der Operation OPSON VII Phasen der Operation OPSON VII Quelle: BVL

Bei der deutschen Planungssitzung im Juli 2017 im BVL in Berlin wurde das Untersuchungsziel für die Operation OPSON VII erarbeitet. Die Beteiligten entschieden sich für Thunfisch als Schwerpunkt der OPSON-Operation, da konkrete Hinweise auf Manipulationen bei diesen Erzeugnissen über die globalen Behördennetzwerke vorlagen. Ende August 2017 fand ein Arbeitsbesuch der schweizerischen Schwesterbehörde BLV beim BVL statt. Hier wurde der Grundstein der Kooperation beider Staaten bei OPSON VII gelegt, der letztlich zur Schwerpunktaktion Thunfisch von zehn europäischen Staaten geführt hat.

In der Vorbereitungsphase im Herbst 2017 wurde der Ablauf der Operation detailliert ausgeplant und ein Ablaufschema erstellt.

Betrug bei Thunfisch Betrug bei Thunfisch Quelle: BVL

Die 2-wöchige Kernphase der Operation, in welcher die Warenkontrollen durchgeführt worden sind, fand von Ende Januar bis Mitte Februar 2018 statt. Die vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als Nationaler Administrator für TRACES zur Verfügung gestellten Abfertigungsdaten waren eine wichtige Planungsgrundlage für die Kontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Die Ergebnisse wurden von den beteiligten Ländern an das BVL übermittelt, vom BVL zusammengestellt und ausgewertet und anschließend vom Bundeskriminalamt, welches neben dem BVL eine der beiden nationalen Kontaktstellen für die OPSON-Operationen ist, an Europol übermittelt.

Fazit

Die von elf europäischen Staaten erstmalig gemeinsam durchgeführte Schwerpunktion im Rahmen von OPSON VII ist richtungsweisend für die zukünftige Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. Der im Rahmen der deutschen OPSON VI Operation im letzten Jahr vorangetriebene Ausbau der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit von amtlicher Lebensmittelüberwachung, Zoll und Polizeibehörden wurde mit der diesjährigen Schwerpunktaktion Thunfisch auf den Ausbau der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit ausgeweitet. Das gemeinsame Vorgehen sagt nicht nur den global agierenden Betrügern den Kampf an, sondern stärkt den Schutz des einzelnen Verbrauchers vor dem komplexen Phänomen Lebensmittelbetrug.