Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Allgemeinverfügungen nach § 54 LFGB

Im EU-Vertrag ist der Grundsatz des freien Warenverkehrs festgeschrieben. Das heißt, alle Lebensmittel, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verkehr befinden oder dort rechtmäßig hergestellt werden, dürfen in andere Mitgliedstaaten eingeführt und dort in den Verkehr gebracht werden, auch wenn sie den dort national geltenden Vorschriften nicht entsprechen. Dies gilt nach dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum auch für die dort aufgeführten Nicht-EU-Staaten (Vertragsstaaten des EWR).

Im § 54 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) wird eine Einschränkung zu dieser Warenverkehrsfreiheit vorgenommen. Danach sind Erzeugnisse, die den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften nicht entsprechen, nur dann verkehrsfähig, wenn deren Verkehrsfähigkeit durch eine Allgemeinverfügung im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist.

Allgemeinverfügungen werden vom BVL auf Antrag erlassen, wenn keine zwingenden Gründe des Gesundheitsschutzes entgegenstehen und das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) rechtmäßig hergestellt oder rechtmäßig in den Verkehr gebracht wird oder aus einem Drittland stammt und sich in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des EWR rechtmäßig im Verkehr befindet. Dies wird vom BVL, welches hierfür wissenschaftliche Bewertungen weiterer Behörden wie beispielsweise des Bundesinstituts für Risikobewertung einbezieht, geprüft. Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Gefahren eines Erzeugnisses werden die Erkenntnisse der internationalen Forschung sowie bei Lebensmitteln die Ernährungsgewohnheiten in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt. Vom Antragstellenden sind dafür alle notwendigen Unterlagen bereitzustellen.

Im Unterschied zu Ausnahmegenehmigungen gem. § 68 LFGB wirken bekannt gemachte Allgemeinverfügungen zugunsten aller Einführenden rezepturgleicher Erzeugnisse aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des EWR. Dies setzt jedoch voraus, dass sich das jeweilige Erzeugnis in dem jeweiligen Herkunftsland auch rechtmäßig, d. h. im Einklang mit den im Herkunftsland geltenden Rechtsvorschriften, in Verkehr befindet oder dort rechtmäßig hergestellt wird und dort bereits einer amtlichen Beobachtung unterliegt.

Antrag auf Allgemeinverfügung nach § 54 LFGB

Der Antrag auf Erlass einer Allgemeinverfügung ist formlos zu stellen.

Für jedes Erzeugnis muss ein gesonderter Antrag eingereicht werden.

Den vollständigen Antrag senden Sie bitte elektronisch an poststelle@bvl.bund.de

Alternativ ist ein postalischer Versand an die folgende Adresse möglich:

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Postfach 11 02 60
10832 Berlin

Bitte beachten Sie, dass für eine effektive Bearbeitung der Versand an die o. g. E-Mail-Adresse bevorzugt wird.

Bitte teilen Sie uns mit, wodurch das Erzeugnis von den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften abweicht (z. B. durch den Zusatz bestimmter Vitamine oder Mineralstoffe oder durch eine unzulässige Bestrahlung) und fügen Sie folgende Unterlagen in deutscher oder englischer Sprache bei:

Bei angereicherten Lebensmitteln und sonstigen Lebensmitteln:

  • Eindeutigen Nachweis (Verkehrsfähigkeitsbescheinigung oder hilfsweise eine anwaltliche oder gutachterliche Darlegung der im Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR geltenden Rechtslage) über das rechtmäßige Herstellen und/oder das rechtmäßige Inverkehrbringen des Erzeugnisses in einem Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR.

    Bitte beachten Sie dabei, dass die Rechtmäßigkeit des Herstellens und/oder Inverkehrbringens in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR anhand einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung der zuständigen Behörde dieses Staates zu belegen ist. Aus der Bestätigung muss eindeutig hervorgehen, dass das Erzeugnis den lebensmittelrechtlichen Vorschriften dieses Mitglied- bzw. Vertragsstaates entspricht und dass es dort rechtmäßig hergestellt und/oder rechtmäßig in den Verkehr gebracht wird.

    Nur für den Fall, dass der Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR keine behördlichen Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen ausstellt, können Sie hilfsweise eine anwaltliche bzw. gutachterliche Darlegung der im Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR geltenden Rechtslage, inkl. Ausführungen zu den dort geltenden Höchstmengen der zulassungspflichtigen Stoffe, einreichen. Bitte geben Sie in diesem Fall an, dass die Behörden des Mitgliedstaats der EU oder des Vertragsstaats des EWR keine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung ausstellen.

  • Nachweis (z. B. Lieferscheine und Rechnungen) über das tatsächliche Herstellen und/oder Inverkehrbringen des Erzeugnisses in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR.

  • Adresse der Behörde, die für die Überwachung der Herstellung bzw. des Inverkehrbringens des Erzeugnisses im Mitgliedstaat der EU bzw. im Vertragsstaat des EWR zuständig ist.

  • Kopie der derzeitigen Originalverpackung, mit der das Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR rechtmäßig in Verkehr ist.

  • Aktueller Verpackungsentwurf für den deutschen Markt.

  • Aktuelle Rezeptur des Erzeugnisses, aus der der Gehalt aller Inhaltsstoffe im Enderzeugnis hervorgeht. Achten Sie bitte darauf, dass die Angaben in mg bzw. ml pro 100 g bzw. ml gemacht werden. Falls zutreffend geben Sie bitte auch den Gehalt pro empfohlener Tagesverzehrmenge bzw. Portion an. Wenn Sie z. B. ein Vitamingemisch verwenden, muss neben dem Gehalt der Mischung auch der Gehalt der einzelnen Vitamine ersichtlich werden.

  • Wenn das Erzeugnis Vitamin- und Mineralstoffverbindungen und/oder "sonstige Stoffe" gemäß Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 enthält, reichen Sie bitte Spezifikationen für diese Stoffe dieser Stoffe ein.

    Achten Sie darauf, dass aus den Dokumenten (z.B. Spezifikationen, Datenblätter) alle Angaben zu Vitamin- und Mineralstoffverbindungen und allen "sonstigen Stoffen" gemäß Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 sowie die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der technisch erreichbaren Reinheitsanforderungen vollständig hervorgehen und bestätigen Sie, dass die geltenden europäischen Verordnungen für enthaltene Vitamin- und Mineralstoffverbindungen und/oder "sonstige Stoffe" gemäß Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 bzw. die allgemein anerkannten Regeln der technisch erreichbaren Reinheitsanforderungen eingehalten werden.

    Sofern es sich bei den „sonstigen Stoffen“ um komplexe Inhaltsstoffe, z. B. pflanzliche Inhaltsstoffe, handelt, reichen Sie bitte weitere Angaben zu Ausgangsdroge, Extraktionsverfahren, Lösemittel, Anreicherungs- und Reinigungsverfahren sowie Spezifikation zur Zusammensetzung und Herkunft einzelner Inhaltsstoffe ein. Beachten Sie bitte dabei, dass die im Enderzeugnis eingesetzten Extrakte möglichst genau spezifiziert werden müssen und die gesundheitliche Unbedenklichkeit ableitbar ist. Beispiele für erforderliche Angaben zu komplexen Inhaltsstoffen finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

  • Wenn das Erzeugnis Zusatzstoffe, Aromen oder Enzyme enthält, reichen Sie bitte Spezifikationen für diese Stoffe ein.

    Achten Sie bitte darauf, dass aus den Dokumenten die Einhaltung der Reinheitsanforderungen der VO (EU) Nr. 231/2012 für die verwendeten technologischen Lebensmittelzusatzstoffe hervorgeht bzw. dass die Dokumente eine Entsprechung der Regelungen der VO (EG) Nr. 1332/2008, VO (EG) Nr. 1333/2008 bzw. VO (EG) Nr. 1334/2008 für die verwendeten Enzyme, Zusatzstoffe bzw. Aromen belegen und bestätigen Sie, dass die geltenden europäischen Verordnungen für enthaltene Lebensmittelzusatzstoffe, Enzyme und Aromen bzw. die allgemein anerkannten Regeln der technisch erreichbaren Reinheitsanforderungen eingehalten werden.

  • Sofern Sie den Antrag (auch) für ein anderes Unternehmen stellen, reichen Sie bitte einen Nachweis über die Vertretungsberechtigung (Vollmacht) ein.

  • Bitte bestätigen Sie, dass das BVL Ihre Antragsunterlagen unverschlüsselt per E-Mail an die am Verfahren zu beteiligenden Behörden weiterleiten darf. Dies erleichtert die schnelle und effektive Bearbeitung Ihres Antrags.

Unterlagen zur Unbedenklichkeit komplexer Inhaltsstoffe
Am Beispiel Pflanzenextrakte können Sie sich orientieren, welche Unterlagen für derartige Stoffe einzureichen sind. Je nach Inhaltsstoff sind verschiedene Unterlagen notwendig:

  • Ausgangsmaterial/Ausgangsdroge (z. B. Pflanzenteil)
  • Zusammensetzung des Extraktes (sofern messbar)
  • Weitere Daten zur eindeutigen Charakterisierung des Extraktes (beispielsweise durch Spektren, Chromatogramme)
  • Angaben zu Art und Menge an einzelnen sekundären Pflanzenstoffen oder sonstigen Stoffen im Extrakt (Unterschied zur Ausgangssubstanz) sowie der geeigneten Analysenmethode
  • Angaben zur Reinheit und der Methode zu deren Bestimmung (Begleitmatrix)
  • Herstellungsmethode: Extraktions- und Anreicherungsverfahren, Extraktionsmittel, Beschreibung des Herstellungsverfahrens, Einstellung standardisierter Gehalte bestimmter Inhaltsstoffe, Verhältnis Ausgangsdroge zum Extraktionsmittel
  • Reinigungsverfahren
  • Nutzen für den Verbraucher und Wirkung des Stoffes, nachgewiesen durch wissenschaftlich hinreichend gesicherte Daten
  • Aussagekräftige Studien/Informationen zur Wirkung des Stoffes auf den Menschen (Subchronische Toxizität, Mutagenität, Teratogenität, etc.)
  • Ggf. Information über eine frühere Exposition des Menschen gegenüber dem Extrakt oder seiner Quelle

Bei Bestrahlung bzw. UV-Bestrahlung:

  • Sofern zutreffend sind die o. g. Unterlagen vorzulegen.

  • Nachweis über die Wirksamkeit der Bestrahlung des Erzeugnisses.

    Hier sollten Sie Belege zur erreichten Entkeimung einreichen. Darüber hinaus ist es wichtig nachzuweisen, dass keine unerwünschten Veränderungen der sonstigen Inhaltsstoffe auftreten.

    Zum Nachweis der Wirksamkeit können Angaben zur technischen Spezifikation des Gerätes und den Praxisparametern hilfreich sein: wie das Bestrahlungsgerät (Hersteller und Gerätebezeichnung), die Wellenlänge, die Strahlendosis, der Abstand zwischen Bestrahlungsquelle und Erzeugnis sowie die Intensität der Strahlen bzw. die Bestrahlungszeit.