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Anforderungen an Sicherheitsdatenblätter

Anforderungen an die Sicherheitsdatenblätter von Gemischen und Stoffen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) und Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP)

Sicherheitsdatenblätter, die im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel und in den Listungsverfahren für Zusatzstoffe und Pflanzenstärkungsmittel eingereicht werden, müssen den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) und der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) entsprechen.

Einleitung

Zu den Antragsunterlagen im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel und in den Listungsverfahren für Zusatzstoffe und Pflanzenstärkungsmittel gehören aktuelle Sicherheitsdatenblätter für das beantragte Produkt, aber auch für die Inhaltsstoffe. Die im Sicherheitsdatenblatt dargestellten Informationen müssen den Anforderungen gemäß REACH-Verordnung und CLP-Verordnung entsprechen. Hierbei ist im Wesentlichen auf folgende Punkte zu achten:

  • Sicherheitsdatenblätter müssen inhaltlich und formal den in Artikel 31 und in Anhang II der REACH-Verordnung festgelegten Anforderungen entsprechen und die unter Artikel 31 Punkt 6 aufgeführten Rubriken 1-16 enthalten.
  • Die Zusammensetzung im Sicherheitsdatenblatt muss mit der Zusammensetzung des Gemisches, welche bei der Zulassungsbehörde BVL hinterlegt ist, übereinstimmen, sofern diese Zusammensetzung bekannt ist.
  • Einstufungskonzentrationsgrenzwerte (gemäß Artikel 10 der CLP-Verordnung) und Berücksichtigungsgrenzwerte (gemäß Artikel 31 der REACH-Verordnung und Artikel 11 der CLP-Verordnung) sind zu beachten.
  • Eine fehlende Einstufung ist zu begründen: z. B. "der Stoff ist aufgrund seiner intrinsischen Eigenschaften nicht einzustufen" oder "die Einstufung ist aufgrund fehlender Informationen unbekannt".
    Sicherheitsdatenblätter werden ausschließlich durch sachkundige Personen gemäß Anhang II der REACH-Verordnung angefertigt.
  • Sicherheitsdatenblätter werden in deutscher und in englischer Sprache akzeptiert. Wird allerdings der Stoff oder das Gemisch, dem das Sicherheitsdatenblatt zugeordnet ist, in Deutschland verwendet, so muss ein Sicherheitsdatenblatt in deutscher Sprache verfügbar sein.
  • Auch ohne Änderungen ist eine jährliche Überprüfung der Sicherheitsdatenblätter durch den Hersteller erforderlich. Den Sicherheitsdatenblättern, die älter als ein Jahr sind, ist eine Aktualitätsbescheinigung des Herstellers beizufügen.
  • Es besteht eine Verpflichtung zur unverzüglichen Aktualisierung der Sicherheitsdatenblätter entsprechend Artikel 31 Abs. 9 der REACH-Verordnung. Derartige Aktualisierungen betreffen neue Informationen, die Auswirkungen auf die Risikomanagementmaßnahmen haben können oder neue Informationen über Gefährdungen, die verfügbar geworden sind. Aber auch sobald im Rahmen der REACH-Verordnung eine Beschränkung erlassen oder auch eine Zulassung erteilt oder versagt wurde, ist eine Aktualisierung notwendig.
  • Jeder Akteur in der Lieferkette muss alle Informationen einholen können, um sie berücksichtigen zu können.
  • Die Akteure sind zur Kommunikation untereinander verpflichtet.

Hintergrund

Pflanzenschutzmittel, Beistoffgemische, Zusatzstoffe und Pflanzenstärkungsmittel sind im Zulassungs- und Listungsverfahren hinsichtlich möglicher schädlicher Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier zu bewerten. Hierbei ist die korrekte Einstufung und Kennzeichnung der Einzelstoffe und der Mittel durch die Antragsteller von sehr hoher Bedeutung, da die Bewertungsbehörden sie unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsvorschriften in die Prüfung einbeziehen.

Oft dienen die vom Antragsteller eingereichten Sicherheitsdatenblätter sogar als alleinige Bewertungsgrundlage. Sie weisen jedoch häufig nicht die gesetzlich vorgeschriebene Form, Qualität und Aktualität auf, so dass die Bewertung verzögert oder sogar gehemmt werden kann. Durch sorgfältig erstellte Sicherheitsdatenblätter können also Verzögerungen vermieden werden.

An dieser Stelle sollen noch einmal die Konsequenzen der relevanten Verordnungen für das Zulassungs- und Listungsverfahren dargelegt werden: REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, ABl. L 396 vom 30. Dezember 2006, S. 1 in der geltenden Fassung) und die neue CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, ABl. L 353 vom 31. Dezember 2008 in der geltenden Fassung). Beide EU-Verordnungen sind auch für das Zulassungs- und Listungsverfahren rechtlich verbindlich und daher umzusetzen. Bei Unklarheiten wird empfohlen die Bundesstelle für Chemikalien (BfC) in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) oder den REACH-CLP Helpdesk zu befragen.

Konsequenzen von REACH

Die neuen Vorschriften nach REACH gelten auch für die Stoffe, die durch das Pflanzenschutzgesetz geregelt sind, wobei die Zuständigkeit für die formale Umsetzung des REACH-Verfahrens auf der EU-Ebene bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und auf nationaler Ebene bei der Bundesstelle für Chemikalien (BfC) in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) liegt.

Nach REACH-Verordnung dürfen in der EU nur Stoffe und Gemische (früher Zubereitungen genannt) auf den Markt kommen, die unter Berücksichtigung der in der REACH-Verordnung aufgeführten Informationsanforderungen untersucht und dokumentiert sind (REACH-Slogan: "no data – no market"). Zusätzlich gilt, dass alle Komponenten einer Beistoffzubereitung eines Pflanzenschutzmittels, Zusatzstoffes oder Pflanzenstärkungsmittels ab einer Jahresproduktionsmenge von einer Tonne vom Importeur/Hersteller gemäß REACH-Verordnung vorregistriert worden sein müssen, anderenfalls wären sie seit dem 1. Dezember 2008 nicht mehr verkehrsfähig.

Das Sicherheitsdatenblatt dient dabei der Übermittlung von sicherheitsbezogenen Informationen zum Stoff oder Gemisch für jeden Akteur in der Lieferkette bis hin zum Anwender. Die Verantwortlichkeit für den Inhalt und das Einhalten der vorgeschriebenen Form der Sicherheitsdatenblätter liegt beim Hersteller oder Importeur und ist unter REACH entsprechend geregelt.

Die Vorschriften zur Gestaltung und zum Inhalt von Sicherheitsdatenblättern sind im Artikel 31 und in Anhang II der REACH-Verordnung geregelt. Sie werden für die deutschen Belange in der Bekanntmachung 220 vom September 2007 (mit Änderungen und Ergänzungen veröffentlicht im GMBl Nr. 8 S. 127-136 vom 23. März 2017) des Ausschusses für Gefahrstoffe (AGS) als Auslegungshilfe erläutert.

Konsequenzen aus CLP

Für Stoffe, die in Anhang VI Teil 3 ("Legaleinstufung") der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) enthalten sind, gilt die dort festgelegte Einstufung und Kennzeichnung; sie muss ggf. durch Einstufung(en) für die Gefahrenkategorien, die nicht in der Legaleinstufung genannt sind, ergänzt werden. Bei Stoffen, für die noch kein Eintrag in diesem Anhang existiert, die aber im Altstoffverzeichnis EINECS aufgeführt sind, hat der Hersteller oder Vertreiber entsprechende Nachforschungen zu den Eigenschaften dieser Stoffe anzustellen und diese Stoffe selbst einzustufen und zu kennzeichnen.

Zur Kommunikation zwischen den Firmen, die an der Registrierung eines identischen Stoffes beteiligt sind, dienen Foren zum Stoff-Informationsaustausch (SIEF = Substance Information Exchange Forum). Sie erleichtern den Austausch von Informationen nach Artikel 10 der REACH-Verordnung zwischen den potentiellen Registranten für den Zweck der Registrierung; so soll vermieden werden, dass Tierversuche mehrfach durchgeführt werden, und es dient der Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung des Stoffes. Ziel ist es, ein öffentlich zugängliches Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis nach Artikel 40 der CLP-Verordnung einzurichten. Dieser Artikel 40 legt fest, dass seit dem 1. Dezember 2010 jeder Hersteller oder Importeur eines Stoffes verpflichtet ist, der europäischen Chemikalienagentur ECHA unabhängig von der produzierten oder importierten Menge die Identität und die Einstufung und Kennzeichnung des Stoffes mitzuteilen. Diese Daten fließen in ein öffentlich zugängliches Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis ein ("C&L inventory" auf echa.europa.eu). Ergeben sich aus dieser Verpflichtung für denselben Stoff unterschiedliche Einträge in dem Verzeichnis, so haben sich die Anmelder und Registranten selbst über den Eintrag in das Verzeichnis zu einigen (Artikel 41 der CLP-Verordnung).

Zusätzlich unterliegen in der Regel nur noch Stoffe mit kanzerogenen, keimzellmutagenen bzw. reproduktionstoxischen Eigenschaften (CMR-Eigenschaften) der Kategorie 1A, 1B und 2 und Stoffe, die die Atemwege sensibilisieren, einer harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung ("Legaleinstufung") gemäß Artikel 36 der CLP-Verordnung (Ausnahmen in Art. 36 (2, 3)). Artikel 37 regelt dieses Verfahren: Anmelder, Importeure oder nachgeschaltete Anwender richten einen Einstufungsvorschlag an die ECHA, über den im dazugehörigen Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) entschieden wird, und der dann in Form eines harmonisierten Eintrags in den Anhang VI Teil 3 der CLP-Verordnung ("ATP") eingeht. Pflanzenschutzmittelwirkstoffe stellen einen Sonderfall dar, insofern als auch alle anderen einstufungsrelevanten Eigenschaften harmonisiert werden. Der Vorschlag für die Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffes kann nur durch die zuständige Mitgliedstaatenbehörde (für Deutschland: Bundesstelle für Chemikalien (BfC) in der BAuA) bei der ECHA erfolgen.

Den Umfang der öffentlich zugänglichen Informationen bestimmt der Artikel 119 der REACH-Verordnung. Es liegt in der alleinigen Verantwortung des Importeurs oder Herstellers, den Stoff oder das Gemisch den Gefahren angemessen einzustufen und zu kennzeichnen. Hierbei ist der Antragsteller (im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes) in der Pflicht, Nachforschungen gemäß Artikel 5 und 6 der CLP-Verordnung anzustellen.

Hilfestellung zur Einstufung und Kennzeichnung nach CLP-Verordnung für Hersteller, Importeure und Händler gibt es beim REACH-CLP Helpdesk der Bundesstelle für Chemikalien mit Sitz bei der BAuA (link s. unten).

Zukünftige Entwicklungen

Zurzeit befindet sich ein Verordnungsentwurf zur Überarbeitung des Anhang II zur REACH-Verordnung hinsichtlich der Vorgaben für Sicherheitsdatenblätter im Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union. Änderungen, die sich daraus ergeben, wird das BVL zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.