Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

OPSON XI (2021/2022) – Fehldeklaration und Fremdwasserzusatz bei Fischen, Krebs- und Weichtieren im Fokus der Untersuchungen

Seit nunmehr elf Jahren Jahren gehen Behörden mit den weltweit von Europol und INTERPOL koordinierten OPSON Operationen gegen Lebensmittelbetrug vor. An der Aktion im Jahr 2021/2022 haben sich insgesamt 26 Staaten mit individuellen Untersuchungszielen an OPSON XI beteiligt.

Die übergeordneten Ziele der jährlich stattfindenden Aktion sind dabei unverändert:

  • das gezielte Vorgehen gegen gefälschte und minderwertige Lebensmittel und
  • der Aufbau und die Stärkung der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit der für die Lebensmittelüberwachung und den Verbraucherschutz zuständigen Behörden mit den Strafverfolgungsbehörden und dem Zoll, sowohl auf nationaler, europäischer als auch internationaler Ebene.

Europäische Schwerpunktaktionen bei OPSON XI

Das Bild zeigt verschiedene tiefgefrorene Fische und Meeresfrüchte. OPSON XI Quelle: nordroden - stock.adobe.com

Deutschland nahm unter der Koordination des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) an der staatenübergreifenden Schwerpunktaktion „Meat and Fish Fraud“ teil. Die Aktion wurde auf internationaler Ebene durch Europol, den italienischen Carabinieri und dem Istituto Zooprofilattico Sperimentale Turin koordiniert.

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) verfolgte mit den Zollbehörden weiterer europäischer Staaten den Betrug bei alkoholischen Getränken in der gezielten Aktion „Wine and Alcoholic beverages“. An dieser Schwerpunktaktion beteiligte sich die deutsche Zollverwaltung unter Federführung des Zollkriminalamts (ZKA).

Schwerpunkte der Operation OPSON XI

Der Fokus der Operation OPSON XI lag in Deutschland und einigen weiteren europäischen Staaten auf irreführenden und betrügerischen Praktiken bei Fischen, Krebs- und Weichtieren. Dabei stand deutschlandweit insbesondere die Verfälschung durch den nicht deklarierten Zusatz von Fremdwasser und die Speziessubstitution im Vordergrund.

Warum wurden Fische und Fischereiprodukte untersucht?

Fische, Krebs- und Weichtiere sowie daraus hergestellte Erzeugnisse zählen mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 14,1 kg (2020, bezogen auf das Fanggewicht) zu beliebten Nahrungsmitteln in Deutschland. Auf Grund weitverzweigter Handelswege und der großen Diversität der Produkte, sind diese anfällig für möglichen Betrug. 89 % der in Deutschland verzehrten Fischereiprodukte werden importiert. Eine Identifizierung der Tierarten anhand von morphologischen Merkmalen ist in vielen Fällen nicht mehr zweifelsfrei möglich1. Die Produkte werden auch innerhalb der EU mit verschiedenen Handelsnamen in Verkehr gebracht.

Folgende Szenarien in Bezug auf irreführende Praktiken wären daher denkbar:

  • Substitution von Arten: Eine teure Art wird aus wirtschaftlichen Gründen durch eine preisgünstigere Art ersetzt.
  • Fehldeklaration: Der geografische Ursprung von illegal gefangenen Arten wird durch Umdeklarieren verschleiert.

Hier einige Beispiele aus der Literatur:

Was man kauft Was man bekommen könnte
Jakobsmuscheln (Pecten maximus, Pecten jacobaeus)Tiefseescallops (Placopecten magellanicus),
Japanische Kammmuscheln (Mizuhopecten yessoensis)2
Argentinische Kurzflossenkalmar (Illex argentinus)Pazifischer Kalmar (Todarodes pacificus)3
Garnelen/Shrimps
Litopenaeus
vannamei
Andere Spezies Garnelen/Shrimps
Penaeus monodon4
Roter Schnapper
Lutjanus malabaricus

Lutjanus argentimaculatus, Lutjanus bohar, Pinjalo pinjalo5
Asiatischer Aal (Anguilla japonica)Europäischer Aal (Anguilla anguilla)6

Der Nachweis, ob es sich bei dem deklarierten Produkt auch um die angegebene Spezies handelt, wird häufig mit molekularbiologischen Methoden (DNA-Abgleich) durchgeführt.

Ein weiteres Vorgehen, um Verbraucherinnen und Verbraucher unter Gewinnmaximierung zu täuschen, ist die Gewichtserhöhung der Endprodukte durch einen nicht (ausreichend) deklarierten Wasserzusatz, meist in Verbindung mit wasserbindenden Zusatzstoffen, die mitunter ebenfalls nicht deklariert werden oder nicht zugelassen sind. Die Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln unterliegen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittel-Informationsverordnung, LMIV).

Aus diesem Grund war ein zusätzlicher Schwerpunkt der diesjährigen Aktion

  • den nicht deklarierten Zusatz von Wasser zur Gewichtserhöhung der Produkte sowie die Verwendung von nicht deklarierten und/oder nicht zugelassenen wasserbindenden Lebensmittelzusatzstoffen aufzudecken.

Der Nachweis des zugesetzten Wassers kann durch die Ermittlung verschiedener Parameter erfolgen, wobei der sensorischen Untersuchung eine zentrale Rolle zukommt.

Der morphologische Vergleich sowie die Ermittlung der Konsistenz und des Geschmacks der rohen sowie gekochten Erzeugnisse können Hinweise auf zugesetztes Wasser liefern. Anzeichen für einen Wasserzusatz können z. B. sein:

  • roh: glasiges, opaleszierendes Aussehen, gasblasenähnliche Einschlüsse in der Nähe der Oberfläche, pralle Erzeugnisse (ins. Krebs- und Weichtiere), seifige/eisglatte Haptik bzw.
  • nach Erhitzen: Bläschen- bis hin zu Schaumbildung, starker Eiweißaustritt, „wabbelige“ (vgl. Götter-speise) Konsistenz, Strukturverlust, untypisch festes (vgl. Bockwurst) Mundgefühl bei Krebstieren, leerer, flacher Geschmack.

Der Wasser/Eiweißquotient kann ebenfalls einen Hinweis auf das Vorliegen einer Behandlung mit zugesetztem Wasser liefern (durch Vergleich mit Werten authentischer, unbehandelter Muskulatur). Liegt der Quotient oberhalb des Vergleichswerts ist dies als Hinweis auf einen Zusatz zu werten, worauf weitere Parameter zur abschließenden Beurteilung herangezogen werden müssen.

Zusatzstoffe, die zur Wasserbindung eingesetzt werden, haben Einfluss auf den pH-Wert, der bei frischer Ware in der Regel unter 7,0 liegt. Mögliche Zusatzstoffe sind z. B. kondensierte Phosphate, Carbonate oder Citrate und deren Mischungen. Werden diese nicht rechtskonform eingesetzt oder der Einsatz unzureichend im Zutatenverzeichnis ausgewiesen, ist von einem bewussten Betrugsversuch auszugehen. Hinweise auf entsprechende Zusätze können ebenfalls die Asche- sowie Ionen-gehalte (Natrium, Chlorid, Kalium) geben.

Der Leitfaden des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittel tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen (ALTS) über den Wasserzusatz in unverarbeiteten Fischereierzeugnissen – Nachweis und Möglichkeiten der Beurteilung (ALTS Beschluss 2017/79/10) kann eine Hilfestellung zur Beurteilung darstellen7.

Teilnehmende

Bundesweit beteiligten sich die Lebensmittelüberwachungsbehörden aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sowie das Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt (ZKA). Die Behörden aus Bremen und dem Saarland nahmen als Beobachtende teil. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als Nationaler Administrator für TRACES (TRAde Control and Expert System) stellte während der operativen Phase Übersichten über die Einfuhr bestimmter Warencodes bereit. Die Datenbank TRACES erfasst Lieferungen aus Drittstaaten in die EU.

In Kooperation mit dem Nationalen Referenzzentrum für authentische Lebensmittel (NRZ-Authent) am Max Rubner-Institut und dem Thünen-Institut wurden als gemeinsame Zusammenarbeit im Zuge von OPSON XI Unterstützungsleistungen angeboten. Den Teilnehmenden stand die Expertise bei der genetischen Artendifferenzierung, der morphologischen Artbestimmung, Vergleichsanalysen mittels Next Generation Sequencing sowie Unterstützung bei molekularbiologischen Analysen-verfahren zur Verfügung.

Ergebnisse in Deutschland

Während der fünfmonatigen Kernphase nahmen die deutschen Behörden insgesamt 443 Proben auf allen Handelsstufen, wobei am häufigsten der Groß- und Einzelhandel beprobt wurde. Die Mehrheit der in Deutschland untersuchten Proben war durch die Obergruppe Fische vertreten (73 %), die restlichen Proben verteilten sich auf Krebstiere (17 %) und Weichtiere (10 %). Konzentriert wurde sich bundesweit vor allem auf die Probenahme von Tiefkühlprodukten. Nicht jede Probe wurde auf alle Untersuchungsziele hin untersucht. Insgesamt wurde bei 72 der 443 analysierten Produkte (16 %) ein potentieller Verdacht auf Lebensmittelbetrug festgestellt und eine Beanstandung bezüglich irreführender Angaben ausgesprochen. Elf Produkte wurden aufgrund von zwei auffälligen Untersuchungsparametern beanstandet.

In 40 der 298 auf Fremdwasserzusatz untersuchten Proben (13 %) wurden Auffälligkeiten nachgewiesen. Der Einsatz von unzulässigen oder nicht-deklarierten Zusatzstoffen wurde in 10 von 218 Proben (5 %) festgestellt. 13 der 232 Proben (6 %), die auf die angegebene Tierart untersucht wurden, zeigten Unstimmigkeiten in der Deklaration. Weiterhin wurden 20 Produkte aufgrund anderweitiger irreführender Angaben beanstandet.

Quellen:

  • [1] https://www.fischinfo.de/images/broschueren/pdf/FIZ_Daten_und_Fakten_2020.pdf
  • [2] R. Klapper, U. Schröder (2020): Verification of authenticity: A rapid identification method for commercial scallop species through multiplex real-time PCR, Food Control, S. 12.
  • [3] Karl et al. (2013): Quality aspects and species identification of cephalopod products on the German market, Journal of food safety and food quality = Archiv für Lebensmittelhygiene 64, S. 15–23.
  • [4] C. Brenn, U. Schröder, R. Hanel, P. M. Arbizu (2021): A multiplex real-time PCR screening assay for routine species identification of four commercially relevant crustaceans, Food Control, Volume 125.
  • [5] H. Kusche & R. Hanel (2020): Consumers of mislabeled tropical fish exhibit increased risks of ciguatera intoxication: A report on substitution patterns in fish imported at Frankfurt Airport, Germany, Food Control, 121.
  • [6] https://ec.europa.eu/food/safety/agri-food-fraud/eu-coordinated-actions_de#eu_coordinated_case_on_il
  • [7] ALTS auf der BVL-Website