Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Definitionen

Die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die die Richtlinie 91/414/EWG ablöst, benennt in Artikel 31 Absatz 4 zwei Fristen explizit: den Zeitraum zwischen letzter Anwendung und dem Verzehr des Pflanzenerzeugnis, und die Wiederbetretungsfrist.

Die Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln definierte in Artikel 16 Nr. 1 m Sicherheitswartezeiten als Zeit zwischen Anwendung und
(a) Aussaat oder Pflanzung der zu schützenden Kultur,
(b) Ansaat oder Pflanzung nachfolgender Kulturen,
(c) Zugang von Menschen oder Tieren,
(d) Ernte,
(e) Verwendung oder Verbrauch

Da die in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Fristen in der umfassenderen Aufzählung der Richtlinie 91/414/EWG enthalten sind und auch die dort genannten Fristen eine Rolle bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln spielen, wird im Folgenden daher auf die umfassendere Aufzählung der Richtlinie 91/414/EWG Bezug genommen.

Die unter (a) genannte Frist gilt für eine Anwendung vor der Saat. Sie ist als ein Problem der Phytotoxizität zu werten und betrifft daher vornehmlich den Schutz der Kulturpflanze und nicht den Schutz des Verbrauchers.

Bei (b) geht es um Nachbaufristen. Die Nachbaufrist ist die Zeit zwischen letzter Anwendung eines Pflanzenschutzmittels und dem frühest möglichen Anbau der benannten Kulturen. Im Zulassungsverfahren wird zunächst die Höhe möglicher Rückstände in der nachgebauten Kultur in entsprechenden Untersuchungen ermittelt. Stellen die Rückstände kein Problem für den Verbraucher dar und ergeben sich keine Konflikte mit bestehenden Rückstandshöchstgehalten (RHGs), sind keine Einschränkungen des Nachbaus erforderlich. Andernfalls können Nachbaufristen festgelegt werden. In der Regel handelt es sich hierbei um Auflagen, die den Nachbau einschränken.

Bei (c) handelt es sich um eine Wiederbetretungsfrist. Die Wiederbetretungsfrist ist die Zeit zwischen letzter Anwendung eines Pflanzenschutzmittels und dem frühest möglichen Zugang von Mensch und/oder Tier zum behandelten Areal. Diese Maßnahmen zielen auf den Anwenderschutz und/oder die Tiergesundheit. Zur Bewertung werden unter anderem die Ergebnisse von Untersuchungen zur akuten oralen, dermalen und inhalativen Toxizität des Pflanzenschutzmittels, die Anwendungsbedingungen und Daten zum Rückstandsverhalten an landwirtschaftlichen Nutztieren herangezogen. Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werden sie in Form von Sicherheitshinweisen umgesetzt.

Die unter (d) genannte Frist entspricht dem in Deutschland verwendeten Begriff der Wartezeit (englisch: pre-harvest interval, PHI). Die Wartezeit ist die Zeit zwischen der letzten Anwendung eines Pflanzenschutzmittels und der Ernte bzw. der frühest möglichen Nutzung des behandelten Erntegutes. Die letzte Anwendung bedeutet bei Begasungen das Behandlungsende, also den Zeitpunkt der Freigabe der behandelten Ware durch den Begasungsleiter. Bei Leerraumbehandlungen im Vorratsschutz ist die Wartezeit als Zeitraum zwischen Behandlungsende (nach Lüftung) und Einlagerung der Ware zu verstehen. Ihre Dauer ergibt sich aus der Höhe der ermittelten Rückstände unter Beachtung der Anwendungsbedingungen und der Vertretbarkeit der Rückstände für den Verbraucher. Die minimale Wartezeit beträgt entsprechend Verordnung (EU) Nr. 283/2013 einen Tag. In manchen Fällen erübrigt sich die Angabe einer Wartezeit in Tagen, da sie durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt ist.

Die unter (e) genannten Frist entspricht dem Begriff der Wartezeit wie unter (d) beschrieben, falls es um Anwendungen im Vorratsschutz geht. Ansonsten handelt es sich um eine Schlachtfrist nach Verfütterung rückstandshaltiger Futtermittel. Die Schlachtfrist ist die Zeit zwischen letztmaliger Verfütterung des Futtermittels, das Rückstände eines Pflanzenschutzmittels enthält, und der Schlachtung des landwirtschaftlichen Nutztieres. Deren Länge ergibt sich aus der Höhe und der Vertretbarkeit der Rückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft, die in Fütterungsstudien an landwirtschaftlichen Nutztieren ermittelt wurden. Eine solche Frist wurde bisher in Deutschland im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln noch nicht festgesetzt. (Schlachtfristen spielen daneben eine Rolle bei der Verwendung von Tierarzneimitteln.)

Hinweise

Die Wartezeit ist häufig durch den praxisgemäßen Anwendungszeitpunkt - bedingt durch das Auftreten des Schadorganismus - und den frühestmöglichen Erntetermin vorgegeben oder, im Vorratsschutz, durch Anwendungszeitpunkt und Lagerdauer. Variationen sind in diesen Fällen nur in begrenztem Umfang möglich, ohne die sinnvolle Nutzung des Pflanzenschutzmittels in Frage zu stellen.

In vielen Fällen können Pflanzenschutzmittel nur in einem kurzen Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt angewandt werden. Ein Beispiel dafür sind Saatgutbehandlungsmittel. In diesen Fällen erübrigt sich die Festsetzung einer Wartezeit in Tagen. Die Wartezeit wird dann in den Pflanzenschutzmittelverzeichnissen als 'F' angegeben. Die Wartezeit 'F' wird auch vergeben, wenn durch andere einschränkende Auflagen (z. B. der Ausschluss des Ernteguts von Verzehr und Verfütterung) eine Angabe in Tagen nicht sinnvoll ist. Der Buchstabe F bedeutet, dass die Wartezeit durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt ist, die zwischen Anwendung und Nutzung (z. B. Ernte) verbleibt bzw. dass die Festsetzung einer Wartezeit in Tagen nicht erforderlich ist.

Ist der Abstand zwischen letzter Anwendung und Ernte in der Praxis variabel, orientiert sich die festgelegte Wartezeit an Bedingungen, die bei Beachtung der guten fachlichen Praxis den ungünstigsten Fall für die Bildung von Rückständen im Erntegut darstellen ("worst case"). Diese Wartezeit wird der Bewertung des Rückstandsverhaltens und ggf. der Erarbeitung eines RHG-Vorschlags zugrunde gelegt.

Die Länge der Wartezeit ist darauf abgestimmt, die Unterschreitung geltender Rückstandshöchstgehalte sicherzustellen; sie ist kein Hinweis auf die Giftigkeit oder sonstige Bedenklichkeit eines Stoffes. Auch kann man aus einer kurzen Wartezeit nicht schließen, dass mögliche Rückstände besonders rasch abbauen.

Wartezeiten werden nicht für beliebige Tage auf der Zeitskala festgelegt, sondern in Klassen die in einer Leitlinie der EU definiert und verbindlich festgelegt sind (Appendix I - Calculation of Maximum Residue Levels And Safety Intervals e.g. Pre-harvest Intervals - 7039/VI/95, 22/7/1997). Folgende Klassen sind in diesem Dokument angegeben:
1 - 2 - 3 - 4 - 7 - 10 - 14 - 21 - 28 - 35 - 42 - 49 - 56 - 60 - 90 - 120