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Homogenisierbarkeit von flüssigen Pflanzenschutzmitteln

Hintergrund

Die Homogenisierbarkeit von Pflanzenschutzmitteln ist ein Prüfkriterium bei der Kontrolle der Produktqualität. Sie ist auch ein Parameter für die Charakterisierung von Pflanzenschutzmitteln (Vinke, C: Bewertung von Untersuchungen an Pflanzenschutzmitteln aus der Marktkontrolle. Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2014) 9: S. 81-92).

Die vorliegende Veröffentlichung stellt Kriterien für die Beurteilung der Homogenisierbarkeit von flüssigen Pflanzenschutzmitteln und die dafür benötigten Homogenisierungsverfahren dar. Sie richtet sich an alle Personen, die mit Kontrollen von Pflanzenschutzmittel befasst sind und die Homogenisierbarkeit von Pflanzenschutzmitteln zu beurteilen haben.

Pflanzenschutzmittel müssen homogenisierbar sein, damit Anwender auch Teilmengen aus dem Gebinde entnehmen können ohne dabei das Risiko einer verminderten Wirksamkeit oder erhöhter Rückstände in den behandelten Kulturen einzugehen.

Nach bisherigen Erfahrungen des BVL, die mit diversen Fachexperten diskutiert wurden, ist das nachfolgend dargestellte Referenzhomogenisierungsverfahren für flüssige Pflanzenschutzmittel, die eine akzeptable Qualität aufweisen, in Gebinden bis 20 L anwendbar und eignet sich auch für schwer zu homogenisierende Formulierungen. Darunter fallen insbesondere Pflanzenschutzmittel mit hoher Dichte (>1,2 g/cm3, siehe Sicherheitsdatenblatt), die zur Entmischung neigenden Formulierungstypen SC (Suspensionskonzentrat), FS (Suspensionskonzentrat zur Saatgutbehandlung), CS (Kapselsuspension), OD (Dispersion in Öl), DC (Dispergierbares Konzentrat) und SE (Suspoemulsion) sowie Gebinde, die längere Zeit gelagert wurden.

Das Verfahren kann auch vor der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden.

Homogenisierung von flüssigen Pflanzenschutzmitteln

Bei flüssigen Pflanzenschutzmitteln, die sich einfach homogenisieren lassen, kann allein ein kräftiges Schütteln zur Homogenisierung ausreichend sein. Im Zweifelsfall sollte jedoch das unten beschriebene Referenzhomogenisierungsverfahren eingesetzt werden.

Grundsätzlich sind beim Homogenisieren von Pflanzenschutzmitteln die Vorgaben zur Arbeitssicherheit zu beachten.

Die Entnahme von Analysenproben bzw. von für die Anwendung vorgesehenen Teilmengen aus Pflanzenschutzmittelgebinden erfolgt direkt im Anschluss an den Homogenisierungsvorgang.

Referenzhomogenisierungsverfahren (auch für Anwender geeignet)

Gebinde unter 500 mL

Kräftiges Schütteln des Pflanzenschutzmittelgebindes per Hand für insgesamt mindestens 1 min im Wechsel mit Gebindedeckel und Gebindeboden nach oben zeigend aus dem lockeren Handgelenk

Gebinde bis 5 L

Das Pflanzenschutzmittelgebinde mit einer seiner vier langen Seiten auf eine feste Unterlage legen und mit einer oder beiden Händen so umfassen, dass man den Inhalt durch kräftiges Vor- und Zurückbewegen des Behältnisses auf der Unterlage in Richtung Verschluss bzw. Gebindeboden zur Durchmischung bringen kann. Nach 20 Sekunden wird das Behältnis gedreht und mit der benachbarten langen Seite auf der festen Unterlage wie oben beschrieben für 20 Sekunden kräftig hin und her bewegt. Der Vorgang wird wiederholt bis jede der vier langen Seiten eines Behältnisses nacheinander für jeweils 20 Sekunden kräftig hin und her bewegt wurde. Im Anschluss daran werden alle vier langen Seiten nochmals wie oben beschrieben nacheinander für 20 Sekunden kräftig hin und her bewegt.

Gebinde 5 L bis 20 L

Das Pflanzenschutzmittelgebinde mit einer seiner vier langen Seiten so auf ein Rohr (Mindestdurchmesser 7 cm) oder abgerundetes Holzstück (Mindesthöhe 7 cm) legen, dass man es wie eine Wippe wechselseitig darüber hin und her kippeln kann. Nach 20 Sekunden dreht man das Behältnis und kippelt es über die nächste lange Seite wie oben beschrieben für weitere 20 s über das Rohr oder über das abgerundete Holzstück. Der Vorgang wird wiederholt bis jede der vier langen Seiten eines Behältnisses für jeweils 20 Sekunden über dem Rohr oder abgerundeten Holzstück bewegt wurde. Im Anschluss daran wird der Vorgang für alle vier Seiten nochmals je 20 Sekunden durchlaufen.

Bei 5 L Gebinden kann zwischen den beiden beschriebenen Vorgehensweisen frei gewählt werden. Sofern ein Kippeln nicht möglich ist, z. B. bei würfelförmigen Gebinden, soll auf die Vorschrift für Gebinde bis 5 L ausgewichen werden.

Bei Pflanzenschutzmitteln, die zur Bildung von Bodensatz neigen, wie z. B. kupferhaltige SC-Formulierungen, sollte zur Auflösung von evtl. vorhandenem Bodensatz im Anschluss an das zuvor beschriebene Referenzhomogenisierungsverfahren, wie auch im Abschnitt „Beurteilung der Homogenisierbarkeit“ unter Punkt 1 beschrieben, nochmals intensiv geschüttelt werden, so dass Turbulenzen entstehen.

Alternative Homogenisierungsverfahren für Labore

Generell muss zur Probenhomogenisierung im Labor ein Verfahren angewandt werden, mit dem ein mindestens gleich gutes Homogenisierungsergebnis erzielt wird wie mittels der unter „Referenzhomogenisierungsverfahren“ beschriebenen Verfahrensweise.

Erfahrungsgemäß werden zur Probenvorbereitung im Labor häufig Schüttelmaschinen eingesetzt. Beim Einsatz dieser Geräte ist zu beachten, dass es Formulierungstypen gibt, deren Stabilität bei zu hohem Energieeintrag beeinträchtigt wird, wie z. B. bei einigen SC-Formulierungen. Derartige Formulierungen sollten nur wie im Referenzhomogenisierungsverfahren beschrieben oder mit geeigneten Laborschüttlern homogenisiert werden, deren Mischtechnik nicht auf hohen Energieeinträgen basiert, z. B. mit Taumelschüttlern. Horizontalschüttler dürfen nur bei gut dosierter Schüttelfrequenz und in Kombination mit manuellem Drehen des Gebindes nach jeweils 20 Sekunden eingesetzt werden.

Sind diese Bedingungen erfüllt, so wird das alternative Homogenisierungsverfahren im Labor dem allgemein gültigen Referenzhomogenisierungsverfahren gleichgestellt.

Beurteilung der Homogenisierbarkeit

Flüssige Pflanzenschutzmittel werden als nicht homogenisierbar angesehen, wenn mindestens eines der nachfolgend aufgeführten drei Kriterien erfüllt ist:

  1. Nach dem Homogenisierungsvorgang mit dem Referenzhomogenisierungsverfahren ist ein Bodensatz vorhanden, der sich auch durch anschließendes intensives, zu Turbulenzen führendes Schütteln, nicht auflösen lässt.

  2. Nach dem Homogenisierungsvorgang mit dem Referenzhomogenisierungsverfahren sind zwei flüssige Phasen erkennbar.

  3. Der Wirkstoffgehalt liegt nach Durchführung des oben beschriebenen Referenz-homogenisierungsverfahrens in einer der Flüssigkeitsschichten des Gebindes außerhalb des FAO/WHO-Toleranzbereiches für den Wirkstoff (siehe Handbuch Pflanzenschutz-Kontrollprogramm, Kap. 7.3).

    Zur Überprüfung dieses Kriteriums ist es in der Regel ausreichend, den Wirkstoffgehalt in der oberen und (oder) in der unteren Flüssigkeitsschicht eines Gebindes zu bestimmen.

    Vor der Durchführung solcher Gehaltsbestimmungen kann es sinnvoll sein, durch eine Dichtebestimmung in der oberen und unteren Flüssigkeitsschicht eines Gebindes zu prüfen, ob es einen Hinweis auf die inhomogene Verteilung der Pflanzenschutzmittelkomponenten gibt.

    Beträgt die Differenz der mit der Biegeschwingungsmethode ermittelten Dichte zwischen der oberen und der unteren Flüssigkeitsschicht eines Gebindes mehr als 0,02 g/cm3, so besteht eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund einer nicht homogenen Verteilung der Pflanzenschutzmittelkomponenten der Wirkstoffgehalt in einzelnen Flüssigkeitsschichten außerhalb des FAO/WHO-Toleranzbereiches liegt. Die Dichtebestimmung kann die Ermittlung des Wirkstoffgehaltes nicht ersetzen.

Sofern eines der drei oben beschriebenen Kriterien erfüllt ist, gilt das Pflanzenschutzmittel als nicht homogenisierbar. Es empfiehlt sich, den Befund „Nichthomogenisierbarkeit“ des Pflanzenschutzmittels durch eine erneute Überprüfung des untersuchten Gebindes zu bestätigen.

Nicht homogenisierbare Pflanzenschutzmittel sind nach Auffassung des BVL als nicht verkehrsfähig anzusehen.


Stand: 25.04.2014