Das Stufenplanverfahren
Das Stufenplanverfahren dient der Verhütung, Beseitigung und Reduzierung Arzneimittel-assoziierter Gefahren für die menschliche oder tierische Gesundheit. Zu den unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln und den damit verbundenen potentiellen Gefahren gehören Nebenwirkungen beim Zieltier, mangelnde Wirksamkeit, Arzneimittelinteraktionen, bakterielle Resistenzen, Risiken für den Anwender bei unsachgemäßem Gebrauch oder versehentlicher Selbstexposition, schädliche Effekte auf die Umwelt oder Qualitätsmängel.
Die pharmazeutische Industrie ist verpflichtet, regelmäßig Berichte über die Unbedenklichkeit ihrer Präparate (PSUR) zu erstellen. Diese enthalten alle sicherheitsrelevanten Erkenntnisse einschließlich der im Berichtszeitraum weltweit gemeldeten Verdachtsfälle unerwünschter Wirkungen. Schwerwiegende unerwünschte Reaktionen, die im Zusammenhang mit der Anwendung von Tierarzneimitteln aufgetreten sind, müssen von der pharmazeutischen Industrie innerhalb von 15 Tagen an das Bundesamt gemeldet werden.
Unerwünschte Wirkungen von Tierarzneimitteln werden darüber hinaus häufig von praktizierenden Tierärzten und gelegentlich auch von Tierhaltern an das Bundesamt gemeldet.
Anlass zu Stufenplanverfahren können außerdem Erkenntnisse von Klinikern und anderen Wissenschaftlern sein, die z. B. auf Kongressen oder in der Fachliteratur publiziert werden.
Weitere Hinweise stammen u. a. aus Monitoring-Programmen, z. B. zur Erfassung von Antibiotika-Resistenzen, Rückstandskontrolluntersuchungen, Mitteilungen der Landesbehörden und Datenbankrecherchen. Grundsätzlich werden alle verlässlichen Informationen, die auf ein unbekanntes Arzneimittelrisiko hinweisen, geprüft und im Hinblick auf notwendige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bewertet.
Rechtliche Grundlagen
Rechtliche Grundlage des Stufenplans sind die §§ 62 und 63 des Arzneimittelgesetzes sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 des Arzneimittelgesetzes (AMG).
Der Ablauf des Verfahrens
Das BVL koordiniert das Verfahren als zuständige Behörde und arbeitet, soweit erforderlich, mit den Gesundheits- und Veterinärbehörden der Bundesländer, der Europäischen Arzneimittelagentur, den Dienststellen der Weltgesundheitsorganisation, den Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe, den Arzneimittelbehörden anderer Länder und weiteren Stellen, die bei der Durchführung ihrer Aufgaben Arzneimittelrisiken erfassen, zusammen.
Gefahrstufe I – Anhörung des pharmazeutischen Unternehmers
Sofern die vorliegenden Informationen auf die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung von Mensch oder Tier hinweisen, wird der betroffene pharmazeutische Unternehmer um Stellungnahme gebeten. Das Bundesamt kann weiteres Erkenntnismaterial für die Risikoanalyse anfordern (z. B. Verkaufszahlen), und es kann den Zulassungsinhaber auffordern, selbstständig risikomindernde Maßnahmen durchzuführen.
Gefahrstufe II – Anhörung über risikomindernde Maßnahmen
In Gefahrenstufe II wird der pharmazeutische Unternehmer über die vom Bundesamt vorgesehenen risikomindernden Maßnahmen angehört.
Dieser Fall tritt ein, wenn nach Anhörung in Gefahrenstufe I oder aufgrund des vorliegenden Erkenntnismaterials ein hinreichender Verdacht auf eine Gesundheitsgefährdung von Mensch oder Tier besteht oder wenn der pharmazeutische Unternehmer trotz Aufforderung nicht beabsichtigt, eigenverantwortlich risikomindernde Maßnahmen zu ergreifen.
Bei Gefahr im Verzug kann das Bundesamt seine Anordnungen mit sofortiger Wirkung treffen.
Maßnahmen zur Risikominimierung
Die zulässigen Maßnahmen zur Risikominderung basieren auf dem Arzneimittelrecht und seinen Verordnungen.
Beispielhaft seien hier einige Maßnahmen genannt:
- Anhörung von Sachverständigen
- Durchführung von Studien
- Beschränkung der Anwendung des Arzneimittels auf Tierärzte
- Änderungen der Produktliteratur (Anwendungsempfehlungen, Vorsichtsmaßnahmen, Warnhinweise, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen)
- Chargenrückrufe
- Unterstellung unter die Verschreibungspflicht
- Ruhen oder Widerruf der Zulassung.
Risikokommunikation
Gegenseitige Information der Beteiligten, regelmäßige Sitzungen mit den obersten Bundes-behörden und die Information der Öffentlichkeit sorgen für Transparenz.
Das Bundesamt ist verpflichtet, die Maßnahmen zur Risikominderung, ihre Änderung und Aufhebung nicht nur dem betroffenen pharmazeutischen Unternehmer bekannt zu geben, sondern auch den in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift bezeichneten Behörden und Stellen, die diese Informationen zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.
Zweimal jährlich findet unter Federführung des BfArM eine Sitzung mit Vertretern der zuständigen Behörden und weiteren am Stufenplanverfahren beteiligten Stellen statt, um den allgemeinen Sachstand und aktuelle Probleme der Arzneimittelsicherheit zu erörtern (Routinesitzung).
Das Bundesamt ist befugt, die Öffentlichkeit über Arzneimittelrisiken und die beabsichtigten Maßnahmen zu informieren. Informationen finden Sie auf unserer Homepage auch unter dem Stichwort "Aktuelle Probleme".