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Antibiotikaresistenzen in der Umwelt

Aus Tierhaltungen werden Antibiotikarückstände in die Umwelt eingetragen, die die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen fördern können. Es gibt derzeit kein Verfahren, mit dem Rückstände der verschiedenen Antibiotika aus Gülle oder Festmist im selben Maße eliminiert werden können.

Viele Wirkstoffklassen unserer heutigen Antibiotika sind natürlichen Ursprungs. Auftretende Resistenzen gegen die entsprechenden Wirkstoffe sind daher ein ganz natürliches Phänomen und resultieren nicht allein aus ihrer Verwendung in Human- oder Tierarzneimitteln. Der human- oder tiermedizinische Einsatz von Antibiotika hat allerdings zur Folge, dass zusätzlich antibakteriell wirksame Substanzen in die Umwelt eingetragen werden.

Viele Wirkstoffe werden nur geringfügig im menschlichen oder tierischen Organismus metabolisiert, weshalb entsprechend ein Teil unverändert oder in veränderter, aber weiterhin aktiver Form mit den Fäzes oder dem Urin ausgeschieden wird. Auch wenn in deutschen Böden und Gewässern nachgewiesene Konzentrationen von Antibiotika so gering sind, dass sie keinen direkten inhibitorischen Effekt auf das Bakterienwachstum haben, so ist anzunehmen, dass bereits niedrigere Konzentrationen als die Minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) einen Selektionsvorteil für resistente Bakterien bewirken. Man bezeichnet diese Konzentrationen daher als Minimale Selektive Konzentrationen (MSK). Die Eintragspfade von Antibiotikarückständen in die Umwelt sind in nebenstehender Abbildung dargestellt.

Mit den Exkrementen können auch resistente Bakterien oder Resistenzgene, die sich unter dem Selektionsdruck einer antibakteriellen Therapie im Menschen oder im Tier entwickelt oder verbreitet haben, in die Umwelt eingetragen werden. Das natürliche Reservoir an Resistenzgenen, welches die Umwelt bietet, kann also durch den human- und tiermedizinischen Einsatz von Antibiotika vergrößert werden. Von dort ausgehend können sich Resistenzen wiederum zum Menschen und zum Tier ausbreiten, insbesondere dann, wenn ein Selektionsdruck dies begünstigt. Es muss daher unser Ziel sein, das Resistenzreservoir der Umwelt möglichst klein zu halten. Auch in Bezug auf die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Umwelt gilt deshalb, dass Antibiotika bei Menschen oder Tieren nur aufgrund einer medizinischen Indikation und nach den Grundsätzen des umsichtigen Antibiotikaeinsatzes angewendet werden dürfen.

Der Eintrag von Antibiotikarückständen durch Tiere

Ausgehend von der Tiermedizin ist der größte Anteil von Antibiotikarückständen in der Umwelt auf die intensive Nutztierhaltung zurückzuführen. Dies ist bedingt durch die hohe Anzahl an Tieren, die in Deutschland entsprechend gehalten werden, und deren Gülle oder Festmist auf eine vergleichsweise kleine Fläche ausgebracht wird. Ein weiterer anzuführender Aspekt ist die bevorzugte Behandlung von Tiergruppen oder ganzer Bestände in den Betrieben, durch die vergleichsweise hohe Rückstandskonzentrationen antibakteriell wirksamer Tierarzneimittel in der Gülle oder dem Festmist entstehen können.

Die Gülle oder der Festmist wird in der Regel zunächst gelagert, bevor eine Ausbringung als Wirtschaftsdünger auf landwirtschaftliche Nutzflächen erfolgt. Fällt in Milchbetrieben Sperrmilch an, so wird auch diese in der Regel in die Güllegrube entsorgt. Das Abbauverhalten der verschiedenen antibakteriell wirksamen Substanzen ist sehr unterschiedlich, so dass Manche auch nach langen Lagerzeiten noch nachweisbar sind. Aus diesem Grund wurde der Einsatz zusätzlicher Verfahren, wie einer aeroben oder anaeroben Vergärung der Gülle bzw. des Festmistes, getestet (z.B. die Kompostierung oder die Vergärung in der Biogasanlage). Aber auch dadurch lassen sich nicht alle Wirkstoffe eliminieren, so dass bei einer Ausbringung von Gärresten weiterhin Antibiotikarückstände enthalten sein können.

Was mit den Antibiotikarückständen, die in den Boden eingetragen werden, weiter geschieht, ist vom Abbauverhalten sowie von den physikochemischen Eigenschaften des jeweiligen Wirkstoffes abhängig. Gut wasserlösliche aber schwer abbaubare Wirkstoffklassen wie Sulfonamide können mit dem Niederschlag in nahe gelegene Oberflächengewässer ausgewaschen oder in das Grundwasser eingetragen werden. Wirkstoffe wie Tetracycline, die stark an Bodenpartikel adhärieren, verbleiben in der Regel im Boden und können bei wiederholter Ausbringung rückstandsbelasteter Wirtschaftsdünger akkumulieren.

Das Bild zeigt Aquakultur, Fischzucht Quelle: Schlierner - stock.adobe.com

Neben dem Eintrag von Antibiotikarückständen in die Umwelt über das Ausbringen von Wirtschaftsdünger ist auch der direkte Eintrag über die Exkremente von Nutz- und Hobbytieren aus Weidehaltungen und von Kleintieren zu berücksichtigen. Eine Besonderheit stellen zudem Aquakulturen dar, bei denen antibakteriell wirksame Tierarzneimittel zur Behandlung der Tiere in der Regel direkt in das Wasser gegeben werden. Offene Aquakultursysteme werden in Gewässern betrieben, in die entsprechend auch die eingesetzten Tierarzneimittel gelangen. Geschlossene Systeme haben keine unmittelbare Verbindung zu einem Gewässer, so dass dort Abwasser anfällt.

Der Eintrag von Antibiotikarückständen durch den Menschen

Vom Menschen ausgeschiedene Antibiotikarückstände gelangen in der Regel ins Abwasser und werden einer Kläranlage zugeführt. Unsere Kläranlagen sind allerdings nicht auf die Entfernung von Arzneimittelrückständen ausgelegt, so dass, je nach Abbauverhalten der jeweiligen Substanz, auch nach dem durchlaufenen Klärprozess Rückstände verbleiben können. Leicht wasserlösliche Substanzen können daher mit dem geklärten Abwasser in Oberflächengewässer eingeleitet werden, während sich Substanzen, die nicht oder nur schwer wasserlöslich sind, im Klärschlamm anreichern können. Der Klärschlamm wiederum kann direkt oder nach Vergärung als Wirtschaftsdünger verwendet werden, wodurch enthaltene Rückstände in den Boden eingetragen werden können. Durch die Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung, die seit dem 03.10.2017 in Kraft ist, wird diese Art der Verwendung nach dem Ablauf von Übergangsfristen ab dem Jahre 2032 nur noch für Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von bis zu 50.000 Einwohnern zulässig sein.

Maßnahmen zum Risikomanagement

Die Bewertung des Umweltrisikos von Tierarzneimitteln, das sogenannte „Environmental Risk Assessment (ERA)“ ist Bestandteil eines jeden Zulassungsverfahrens von Tierarzneimitteln. In den Fachinformationen (Summary of Product Characteristics (SPC)) zu den Tierarzneimitteln sowie in der Packungsbeilage finden Sie zudem Hinweise zur korrekten Entsorgung.

Es konnte in Studien nachgewiesen werden, das verschiedene Pflanzen Rückstände antibakterieller Wirkstoffe aus dem Boden aufnehmen können. Gemäß Düngeverordnung unterliegt die Anwendung von flüssigen Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft im Gemüsebau Beschränkungen. So müssen zwischen Düngung und Ernte mindestens 12 Wochen liegen, eine Kopfdüngung ist generell nicht zugelassen. Auch die Ausbringung von Klärschlamm unterliegt gemäß Klärschlammverordnung Beschränkungen und ist unter anderem auf Ackerfutteranbauflächen und Anbauflächen für Gemüse, Obst oder Hopfen nicht zulässig.

Weiterführende Links

Rechtliche Grundlagen