Umweltverträglichkeitsprüfung von GVO-haltigen Arzneimitteln
Für klinische Prüfungen mit GVO-haltigen Prüfpräparaten gibt das BVL eine Stellungnahme an das PEI ab. Bei Marktzulassungen wird das BVL direkt von der EMA beteiligt.
Klinische Prüfungen im Überblick
Bevor neue Arzneimittel für eine Anwendung am Menschen zugelassen werden, müssen sie im Rahmen von klinischen Prüfungen getestet und bewertet werden. Die klinische Prüfung dient einerseits dazu, die Wirksamkeit von möglichen neuen Arzneimitteln (auch: Prüfprodukte) nachzuweisen, andererseits aber auch dazu, deren Sicherheit bzw. Verträglichkeit festzustellen.
In dem folgenden Erklärvideo können Sie sich einen Überblick über die Zuständigkeiten bei der Genehmigung einer klinischen Prüfung verschaffen:
Rechtliche Aspekte bei der Zulassung von GVO-haltigen Arzneimitteln
Zuständig für die Genehmigung von klinischen Prüfungen sind in Deutschland je nach Arzneimittel das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Rechtliche Grundlage hierfür ist das Arzneimittelgesetz (AMG).
Auch die Verwendung GVO-haltiger Prüfprodukte unterliegt dem Arzneimittelgesetz, bzw. der in Europa gültigen Verordnung 536/2014, die seit 31.01.2022 in Kraft getreten ist. Das Gentechnikgesetz gilt nicht für die Anwendung von GVO am Menschen. Da bei einer Verabreichung GVO-haltiger Prüfprodukte am Menschen eine Freisetzung jedoch nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden kann, ist im AMG geregelt, dass auch mögliche Risiken, die mit einer Freisetzung verbunden sein können, geprüft und bewertet werden. Für diese sogenannte Umweltrisikobewertung beteiligt das PEI das BVL als kompetente nationale Behörde und berücksichtigt seine Stellungnahme bei der Genehmigung der klinischen Prüfung. Die Genehmigung beinhaltet anschließend eine integrierte Freisetzungsgenehmigung.
Die Genehmigung von Studien mit potenziellen Tierarzneimitteln, die GVO enthalten, unterliegt wiederum dem GenTG. Es ist eine gentechnische Arbeit zu beantragen, wenn die Versuche im Labor oder einer Tierhaltungsanlage durchgeführt werden. Sollen die Daten im Freien (einschl. Stall) erhoben werden, so ist eine Genehmigung für eine Freisetzung erforderlich. Hier finden Sie mehr Informationen zu Freisetzungsverfahren.
Antragstellung & ESFC-Portal
Seit 31.01.2022 ist die Verordnung 536/2014 in Kraft. Diese sogenannte Clinical trial-Verordnung regelt alle in der Europäischen Union (EU) durchgeführten klinischen Prüfungen, einschließlich derer mit GVO-haltigen Prüfprodukten. Die Antragstellenden, auch als Sponsoren bezeichnet, müssen über das zentrale EU-Portal CTIS (Clinical Trials Information System) ein Antragsdossier mit den technischen und wissenschaftlichen Informationen zu der geplanten Studie einreichen. Handelt es sich um ein GVO-haltiges Prüfprodukt müssen zudem Angaben zu dem geplanten Umgang, einschließlich einer Umweltrisikobewertung, bei den zuständigen nationalen Behörden eingereicht werden. In Deutschland ist das PEI federführend. Im elektronischen Portal CESP (Common European Submission Portal) müssen die Unterlagen zur Umweltrisikobewertung eingereicht werden.
Dateneingabe im ESFC-Portal
Nicht über das CESP einzureichen ist die Kurzbeschreibung des verwendeten GVO (früher SNIF). Hierfür wurde seitens der EU-Kommission eigens eine Plattform eingerichtet, die eine transparente Darstellung in einem GVO-Register für alle Interessierten ermöglicht (E-Submission Food Chain Platform). Die Sponsoren geben entsprechende Informationen zur klinischen Prüfung und dem GVO eigenhändig und digital ein. Die nach dem GenTG national zuständige Behörde für die Freisetzungen von GVO ist das BVL. Deswegen wird das ESFC-Portal mit den Informationen zur Freisetzung vom BVL betreut und die von den Sponsoren getätigten Einträge geprüft und bearbeitet.
Antragstellende beachten bitte, dass die Dateneingabe im ESFC-Portal parallel zur Einreichung der klinischen Prüfung beim PEI (via CTIS und CESP) erfolgen muss. Nur dann können die ESFC-Daten weiterverarbeitet werden. Ein ESFC-Eintrag muss nur für die Ersteinreichung einer klinischen Studie erstellt werden, nachfolgende Änderungen der klinischen Studie bedürfen keiner Aktualisierung des Eintrags und benötigen auch keinen neuen Eintrag.
Ausführliche Informationen zur Antragstellung sind auf den Seiten des PEI zu finden.
Genehmigung & Information der Öffentlichkeit
Das PEI prüft Anträge auf Genehmigung einer klinischen Prüfung nach den Kriterien des AMG. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung des GVO wird das BVL durch das PEI ins Benehmen gesetzt. Das BVL übersendet dazu eine Stellungnahme an das PEI und stimmt sich mit dem PEI ab. Insgesamt wird so sichergestellt, dass keine Gefahren für Dritte, Tiere oder die Umwelt durch die Verabreichung des GVO entstehen.
Die Genehmigung der klinischen Prüfung und somit die Freisetzung des GVO-haltigen Prüfpräparats umfasst nur Vorgänge und Arbeiten mit dem GVO, für die ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der unmittelbaren Anwendung des GVO am Menschen besteht. Neben der Verabreichung gilt dies auch für die Lagerung des GVO-haltigen Prüfpräparates sowie für Proben der Prüfungsteilnehmenden, die den verabreichten GVO enthalten können. Beides darf grundsätzlich über einen Zeitraum von sechs Monaten gelagert werden.
Falls im Rahmen der klinischen Studie Untersuchungen an Proben der Prüfungsteilnehmenden durchgeführt werden sollen, bei denen es zu einer Vermehrung des GVO kommen kann, so unterliegen diese Untersuchungen den Regelungen des GenTG.
Auch bei der Herstellung des GVO-haltigen Prüfpräparates handelt es sich generell um eine gentechnische Arbeit, die dem GenTG unterliegt und die entsprechend genehmigt und überwacht werden muss.
Information der Öffentlichkeit
Im Rahmen von klinischen Prüfungen mit Prüfpräparaten, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, wird gemäß der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG die Öffentlichkeit informiert. Dafür werden die Angaben, die die Antragstellenden in der ESFC-Plattform angeben, an ein GMO-Register weitergegeben, das öffentlich einsehbar ist.
Marktzulassung von GVO-haltigen Prüfprodukten
GVO-haltige Arzneimittel, die am Menschen oder am Tier angewendet werden sollen, wie z. B. Gentherapien oder Impfstoffe, werden in einem zentralen EU-weiten Verfahren durch die Europäische Kommission zugelassen. Dieses Verfahren wird durch die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency (EMA) koordiniert. Im Rahmen des Verfahrens übernehmen Expertenausschüsse, in denen Arzneimittelbehörden aller Mitgliedsstaaten vertreten sind, die wissenschaftliche Beurteilung der Antragsunterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit inklusive der Umweltverträglichkeit des neuen Arzneimittels. Ihre Bewertungsberichte bilden die Grundlage für die Entscheidung auf Zulassung durch die Kommission. Deutschland ist mit Mitarbeitenden von BfArM und PEI im Ausschuss für humane Arzneimittel (CHMP) vertreten und mit Mitarbeitenden des PEI und BVL im Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP). Bei Fragen zur Umweltverträglichkeitsprüfung GVO-haltiger Arzneimittel werden die national zuständigen GVO-Behörden beteiligt. Ihre Beiträge fließen in die Diskussionen der Ausschüsse und somit in den Bewertungsbericht mit ein.