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Rückstände von quartären Ammoniumverbindungen in Lebensmitteln

Datum: 02.07.2012

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat das Inverkehrbringen der Pflanzenstärkungsmittel „Vi-Care“ und „Wuxal Aminoplant“ untersagt. „Wuxal Aminoplant“ wurde auch als Zusatzstoff vermarktet. Grund dafür ist der Verdacht, dass infolge der Anwendung der genannten Produkte die gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte von Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) bzw. Benzalkoniumchlorid (BAC) in Höhe von 0,01 mg/kg überschritten werden können. Lebensmittel, welche die gesetzlich festgelegten Höchstgehalte überschreiten, sind nicht verkehrsfähig.

Bei DDAC und BAC handelt es sich um quartäre Ammoniumverbindungen, die außer im Pflanzenschutz auch in anderen Bereichen der Lebensmittelerzeugung eingesetzt werden, z.B. als Biozide (u. a. zur Desinfektion). Die gesetzlichen Rückstandshöchstgehalte für DDAC und BAC gelten unabhängig davon, ob diese Stoffe zu Pflanzenschutz-Zwecken oder als Biozide verwendet wurden.

Woher können Rückstände von DDAC und BAC in Lebensmitteln stammen?

Nach den bisherigen Erkenntnissen kommen neben der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Pflanzenstärkungsmitteln und Zusatzstoffen verschiedene Ursachen für Rückstände von DDAC und BAC in Lebensmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft in Betracht:

  1. Anwendung im Pflanzenschutz in der Europäischen Union (EU)
    DDAC wurde in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln aufgenommen (Nomenklatur der Nachfolge-Verordnung (EG) Nr. 1107/2009: „genehmigt“). Die Genehmigung ist beschränkt auf Anwendungen zur Desinfektion von Oberflächen, Geräten (z.B. Messer) und Pflanzbehältern in geschlossenen Räumen im Zierpflanzenbau. Derzeit ist DDAC laut EU-Datenbank in Belgien, Frankreich und Spanien als Wirkstoff in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten.
    BAC und andere quartäre Ammoniumverbindungen sind nach Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht genehmigt und dürfen deshalb nicht als Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln in der EU enthalten sein.

    In Deutschland enthalten eine Reihe von Pflanzenschutzmitteln, gelisteten Zusatzstoffen und Pflanzenstärkungsmitteln quartäre Ammoniumverbindungen, jedoch nicht als Wirkstoffe, sondern als sogenannte Beistoffe zur Konservierung. DDAC ist in keinem Pflanzenschutzmittel und keinem Zusatzstoff enthalten, jedoch in zwei Pflanzenstärkungsmitteln, die als Blumenfrischhaltemittel für Zierpflanzen angeboten werden. Aufgrund dieser Anwendungsart ist mit einer Kontamination von Lebensmitteln mit DDAC jedoch nicht zu rechnen.

  2. Anwendung im Pflanzenschutz in Drittstaaten
    Führen Nacherntebehandlungen von Obst in Staaten außerhalb der EU zu Rückständen in den behandelten Erzeugnissen und werden diese in die EU importiert, muss die Verkehrsfähigkeit durch einen in der notwendigen Höhe festgesetzten Rückstandshöchstgehalt gewährleistet werden. Im vorliegenden Fall muss durch den Inverkehrbringer oder den Hersteller des verwendeten Mittels ein Importtoleranzantrag gestellt werden. Lediglich für Zitrusfrüchte liegt inzwischen ein Importtoleranzantrag für DDAC aus Südafrika vor, der von der niederländischen Behörde bewertet wurde. Die begründete Stellungnahme der EFSA zu dem Vorschlag wird bis Oktober 2012 erwartet.
  3. Anwendung außerhalb des Pflanzenschutzes
    DDAC, BAC und zahlreiche andere quartäre Ammoniumverbindungen befinden sich für eine Reihe von Produktarten in der EU-Wirkstoffprüfung für Biozide. Mittel zur Anwendung in den durch die Produktarten definierten Anwendungsgebieten sind weiterhin verkehrsfähig. Eine Recherche bei www.codecheck.info weist z. B. DDAC als Inhaltsstoff in Mitteln zur Fußpilzprophylaxe, in Reinigungstüchern und in Hygienespülern aus.

Es gibt auch Hinweise aus der Praxis, dass quartäre Ammoniumverbindungen als Dünger eingesetzt werden.

Dadurch ergibt sich ein weites Feld direkter oder indirekter (durch Kreuzkontamination bedingter) Belastungen. Kreuzkontaminationen können dadurch entstehen, dass die quartären Ammoniumverbindungen auf den behandelten Oberflächen haften und mit den üblichen Reinigungsschritten nur bedingt von diesen wieder entfernt werden können. Dafür werden diese Verbindungen dann von protein- und fettreichen Erzeugnissen wieder aufgenommen. Für Lebensmittel tierischer Herkunft wurde dies nachgewiesen.

Was unternehmen die Behörden?

Bei der Beantragung der Listung von „Vi-Care“ und „Wuxal Aminoplant“ als Pflanzenstärkungsmittel bzw. Zusatzstoff wurde von den Antragstellern nicht angegeben, dass DDAC bzw. BAC in den Mitteln enthalten sein können. Die Überwachungsbehörden der Bundesländer wurden über die Streichungen von den Listen der Pflanzenstärkungsmittel und der Zusatzstoffe informiert. Der zuständige Pflanzenschutzdienst untersucht derzeit, wie DDAC und BAC in diese Mittel gelangt sein könnten.

Das BVL hat die amtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden und den Handel aufgefordert, Daten zu Rückständen von DDAC in Lebensmitteln zu melden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kommt in einer Bewertung zu dem Schluss, dass die bisher bekannten DDAC-Rückstände kein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Die Veröffentlichung des BfR finden Sie hier.

Die Zulassungsinhaber der Pflanzenschutzmittel und Listungsinhaber der Zusatzstoffe, in denen quartäre Ammoniumverbindungen als Beistoffe enthalten sind, wurden vom BVL kurzfristig zur Stellungnahme aufgefordert. Je nach Ergebnis wird das BVL das Ruhen bestehender Zulassungen anordnen.

Rechtsgrundlage zu Rückstandshöchstgehalten für quartäre Ammoniumverbindungen

Da DDAC in der EU als Wirkstoff im Pflanzenschutz genehmigt wurde, ist die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 für Rückstände in Lebensmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft anzuwenden. Da dieser Stoff bisher nur zur Anwendung im Zierpflanzenbau verwendet werden darf, besteht keine Notwendigkeit, einen spezifischen Rückstandshöchstgehalt festzusetzen. Daher gilt für alle Erzeugnisse pflanzlicher und tierischer Herkunft, soweit sie im Anhang I der oben genannten Verordnung definiert sind, der Standardwert von 0,01 mg/kg.
Für andere quartäre Ammoniumverbindungen, die als Beistoffe in Pflanzenschutzmitteln enthalten sind, gilt nur deswegen ein Rückstandshöchstgehalt in Höhe des der Standardwerts von 0,01 mg/kg, da sie für das Verfahren der EU-Wirkstoffprüfung angemeldet waren, auch wenn sie durch Verordnung (EG) Nr. 2076/2002 bzw. Entscheidung 2004/129/EG letztlich nicht als Wirkstoffe genehmigt sind.

Ausgabejahr 2012
Datum 02.07.2012

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