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BVL konkretisiert Anwendungsbestimmungen für fünf Rodentizidprodukte

Datum: 07.11.2019

BVL erläutert Änderungen bei den Anwendungsbestimmungen für die Pflanzenschutzmittel „Ratron Gift-Linsen“, „Ratron Gift-Linsen Forst“, „Ratron Giftweizen“, „Ratron Schermaus-Sticks“ und „ARVALIN“

In Teilen Deutschlands ist es in diesem Jahr zu einer starken Vermehrung von Feldmäusen gekommen. Solche Massenvermehrungen von Feldmäusen treten in der Regel etwa alle drei bis fünf Jahre auf. Eine milde Witterung im Winter und Frühjahr und der Verzicht auf das Pflügen begünstigen die Vermehrung der Mäuse zusätzlich. Natürliche Feinde der Feldmäuse haben auf die starken Populationsschwankungen der Mäuse nur einen geringen Einfluss.

Zur Bekämpfung von Nagetieren sind in Deutschland im Rahmen des Pflanzenschutzes lediglich Mittel mit dem Wirkstoff Zinkphosphid zugelassen. Zinkphosphidköder müssen in die Löcher der Nagetiere abgelegt oder in geeigneten Köderstationen verwendet werden.

Mit der erneuten Zulassung der betroffenen Mittel Ende 2018 wurden zusätzliche Einschränkungen der Anwendung erteilt, die eine Anwendung in Schutzgebieten und Vorkommensgebieten bestimmter geschützter Arten untersagen. Damit sind auch viele landwirtschaftlich genutzte Flächen von einer Anwendung ausgenommen. Aktuell sind besonders die frisch keimenden Winteraussaaten gefährdet (v. a. Getreide und Raps), die auch in Schutzgebieten angebaut werden. Laut Informationen der Bundesländer droht ein Verlust von bis zu 80 % der jungen Pflanzen. Des Weiteren beschädigen die Mäuse z. B. artenreiches Grünland auch in Schutzgebieten, so dass ein Rückgang der Biodiversität und der Nahrungsgrundlage seltener Tierarten droht, ebenso wie eine Futtergewinnung in betroffenen Gebieten nicht mehr möglich ist. Auch ein Schutz der Deiche und damit der Küstenschutz können durch die weitreichenden Anwendungsverbote nicht gewährleistet werden.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat deshalb am 6. November 2019 für fünf zugelassene Rodentizide die bisherigen Anwendungsbestimmungen konkretisiert. Das BVL kommt nach eingehender Prüfung zu dem Schluss, dass mit der Konkretisierung der Anwendungsbestimmungen das geforderte hohe Schutzniveau für die Umwelt hinlänglich gewährleistet ist. Zugleich sind diese Anpassungen notwendig, damit auch in Schutzgebieten weiterhin eine Mäusebekämpfung möglich ist.

Es handelt sich um folgende Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung von Feld- und Erdmäusen:

NameZul.-Nr.
Ratron Gift-Linsen025388-00

auch vertrieben als:

Ratron Gift-Linsen Forst

025388-60
Ratron Giftweizen034041-00
Ratron Schermaus-Sticks025389-00
ARVALIN007851-00

Die angepassten Anwendungsbestimmungen sind im Folgenden dargestellt.

Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Kleinsäuger

Die zum Schutz von Kleinsäugern erteilte Anwendungsbestimmung NT820 wird durch folgende Anwendungsbestimmungen konkretisiert:

NT820-1
Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten des Feldhamsters zwischen 1. März und 31. Oktober.
NT820-2
Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Haselmaus in einem Umkreis von 25 m um Bäume, Gehölze oder Hecken zwischen 1. März und 31. Oktober.
NT820-3
Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Birkenmaus zwischen 1. März und 31. Oktober.

Anwendungsbestimmungen für die Anwendung in Schutzgebieten

NT802-1
Vor einer Anwendung in Natura 2000 Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebieten) ist nachweislich sicherzustellen, dass die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck maßgeblicher Bestandteile des Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden. Der Nachweis ist bei Kontrollen vorzulegen.

In der neu gefassten Anwendungsbestimmung wird der besondere Schutzstatus von FFH- und Vogelschutzgebieten hervorgehoben. Ein gesondertes Verbot der Anwendung in Naturschutzgebieten wird jedoch nicht mehr ausgesprochen. Grund hierfür ist, dass ein solches Anwendungsverbot bereits grundsätzlich für alle Mittel mit dem Wirkstoff Zinkphosphid gilt (geregelt in der Pflanzenschutzmittelanwendungsverordnung: §4 PflSchAnwV in Verbindung mit Anlage 2).

NT803-1
Keine Anwendung auf nachgewiesenen Rastplätzen von Zugvögeln während des Vogelzugs.

Anwendungsbestimmungen bei der Verwendung von Köderstationen

Köderstationen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, damit so weit wie möglich vermieden wird, dass andere Tiere als die zu bekämpfenden Mäuse an die zinkphosphidhaltigen Köder gelangen. In der Anwendungsbestimmung NT680 sind diese Anforderungen beschrieben. So müssen sie mechanisch stabil, witterungsresistent und manipulationssicher sein. Sie müssen in ihrer Form derart beschaffen sein und aufgestellt werden, dass sie möglichst unzugänglich für andere Tiere sind. So darf z. B. auch die Öffnung der Station nicht größer als 6 cm im Durchmesser sein. Dadurch wird vermieden, dass der streng geschützte Feldhamster Zugang zu den Giftködern erlangt. Aufgrund dieser Vorgaben wird ein hoher Schutz nicht nur des Feldhamsters, sondern auch von z. B. Vögeln gewährleistet, so dass bei Anwendungen der Mittel in Köderstationen die Anwendungsbestimmungen NT802-1, NT820-1 und NT803-1 nicht weiter erforderlich sind.

Weitere Information zum Wirkstoff Zinkphosphid

Der Wirkstoff Zinkphosphid ist ein schnell wirkendes Akutgift, das aktiv von den Zielorganismen gefressen werden muss. Nach der Köderaufnahme erfolgt im Magen die Zersetzung des Zinkphosphids zu Phosphorwasserstoff (Phosphin). Phosphin ist ein farbloses, zytotoxisches Gas, das schwerer als Luft ist. Es ist ein starkes Stoffwechsel- und Nervengift und blockiert wichtige Enzymsysteme des Körpers. Über die zentrale Atemlähmung, Lungenödeme und Kollaps führt es zum Tod. Ein Risiko, dass Beutegreifer durch Fraß vergifteter Mäuse zu Schaden kommen, ist bei diesem Wirkstoff nicht gegeben.

Zinkphosphidhaltige Pflanzenschutzmittel haben in Deutschland seit 1971 eine Zulassung zur Bekämpfung verschiedener Mausarten. Aus zurückliegenden Jahren gibt es vereinzelt Berichte über Wildtiervergiftungen bei Haus- oder Wildtieren, die fast alle nachweislich auf unsachgemäße Ausbringung oder gar Frevel zurückzuführen waren. Bei einigen Fällen konnte kein abschließender Nachweis für Fehlanwendungen oder Frevel erbracht werden, der Verdacht liegt aber nahe. In keinem Fall konnte ein Vergiftungsfall auf eine sachgerechte Anwendung zurückgeführt werden.

Ausgabejahr 2019
Datum 07.11.2019

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