Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Antworten auf aktuelle Fragen zu Auswirkungen von Neonikotinoiden

Datum: 12.02.2021

Seit Beginn des Jahres erreichen das BVL zahlreiche Anfragen insb. von besorgten Imkern zu den Hintergründen und möglichen Auswirkungen der Behandlung von Winterraps mit einem Acetamiprid-haltigen Insektizid gegen den Rapsglanzkäfer sowie zu einer Notfallzulassung für ein Saatgutbehandlungsmittel mit dem Wirkstoff Thiamethoxam zur Behandlung von Zuckerrübensaatgut gegen Virusvektoren.

Konkrete Forderungen betreffen die folgenden Aspekte:

  1. „Die Pestizidanwendung in blühenden Pflanzenbeständen als unmittelbarste Kontaminationsquelle wirksam zu unterbinden,
  2. Pestiziden mit dem Neonicotinoid-Wirkstoff Acetamiprid keine Neuzulassung für diese Anbausaison zu erteilen,
  3. die Notfallzulassungen zur Saatgutbehandlung mit dem höchst bienentoxischen Neonicotinoid Thiamethoxam zurückzuziehen.“

Zu diesen Forderungen nimmt das BVL wie folgt Stellung:

Zu 1.

Das BVL hatte bereits im Jahr 2011 im Rahmen der Beratungen im Fachbeirat Nachhaltiger Pflanzenbau diskutiert, inwieweit die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in die Blüte untersagt werden kann, ohne die Ziele des Pflanzenschutzes und damit die regionale Lebensmittelversorgung sowie die Existenzgrundlage landwirtschaftlicher Betriebe zu gefährden. In den Beratungen wurde deutlich, dass bei einer größeren Zahl von Indikationen Blütenspritzungen unentbehrlich sind. Dazu zählen z. B.:

  • Raps: Sklerotinia und andere Pilzkrankheiten, Kohlschotenmücke, Rapsglanzkäfer
  • Apfel: Schorf, Mehltau, Kelchfäulen, Apfelsägewespe, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher), Maikäfer, Spinnmilben, Mehlige Apfellaus, Fruchtschalenwickler, Frostspanner
  • Birne: Schorf (Blütezeit fällt in Hauptinfektionszeit des Schorfpilzes), Birnensägewespe, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher), Birnengallmücke, Maikäfer, Fruchtschalenwickler, Frostspanner
  • Süß- und Sauerkirsche: Monilia, Sprühfleckenkrankheit, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher, Kirschfruchtstecher, Kirschsteinstecher), Maikäfer, Frostspanner
  • Pflaume: Monilia, Narrenkrankheit, Pflaumensägewespe, Maikäfer, Blattlausarten, Frostspanner

Aber auch in den Kulturen Erdbeere, Strauchbeerenobst, Gurke, Erbse, Bohne und Spargel können Blütenspritzungen nicht vermieden werden.

Zu 2.

Der Wirkstoff Acetamiprid ist in der EU mit Durchführungsverordnung (EU) 2018/113 vom 24. Januar 2018 bis zum 28. Februar 2033 erneut genehmigt worden, eine Zulassung von Acetamiprid-haltigen Pflanzenschutzmitteln ist folglich rechtlich zulässig. Die gemäß den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 der Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung folgenden Überprüfungen der bestehenden Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff dauern an.

Zu 3.

Aufgrund der EU-Entscheidung im Jahr 2018, alle Freilandanwendungen von Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zu verbieten, war es in der Vergangenheit nicht möglich, die bis zu dieser Entscheidung als sicher bewertete Behandlung von Zuckerrübensaatgut mit Neonicotinoiden weiterhin zuzulassen. Die EFSA hat als kritisches Szenario die Exposition von Bienen in blühenden Folgekulturen identifiziert. Diese Situation ist jedoch im Rahmen der regulären Fruchtfolge nach der Zuckerrübe auszuschließen.

Bei der Entscheidung über die aktuelle begrenzte Zulassung für Notfallsituationen in Zuckerrübe musste auch das hohe Risiko einer schnellen und starken Verbreitung des Vergilbungsvirus in besonders stark betroffenen Regionen berücksichtigt werden. Die betroffenen Bundesländer haben in ihren durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) genehmigten Anträgen auf Notfallzulassungen des Neonicotinoids Thiamethoxam für die Zuckerrübensaatgutbehandlung Starkbefallsregionen benannt, in denen Flächen mit mindestens 30 Prozent Vergilbungsrate liegen. Es wurden entweder Virusnachweise geführt oder Regionen genannt, in denen der zuständige Pflanzenschutzdienst für das Jahr 2021 mit einem Starkbefall rechnet. Deshalb ist die Notfallzulassung auf diese Gebiete begrenzt und wird durch restriktive Anwendungsbestimmungen flankiert, die in Verbindung mit den zu erlassenden Allgemeinverfügungen der betroffenen Bundesländer die Unbedenklichkeit der Saatgutbehandlung auch über den eigentlichen Zeitraum der Notfallzulassung hinaus sicherstellen. Der damit beschriebene Notfall muss gegenüber der EU-Kommission gerechtfertigt werden. Nach den dem BVL vorliegenden Informationen informieren die jeweiligen Bundesländer die Imker in den betroffenen Regionen, in Abstimmung mit den Imkerverbänden vor Ort, so dass eine zielgenaue Information gewährleistet ist. Der Deutsche Imkerbund (DIB) wurde seitens des BMEL und des BVL unmittelbar über die koordinierten Maßnahmen informiert.

Weitere häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit den oben aufgeführten Forderungen:

A. Zulassung von Acetamiprid-haltigen Mitteln

1. Von welchem Anwendungsumfang Acetamiprid-haltiger Mittel in für Bienen relevanten Kulturen rechnen das BMEL und BVL, ausgehend von durchschnittlichem Schädlingsdruck?

Anhand der Absatzmengen von Pflanzenschutzmitteln kann nicht generell auf die Anwendung in bestimmten Kulturen geschlossen werden. 2019 wurden insgesamt ca. 19 Tonnen Acetamiprid in Pflanzenschutzmitteln in Deutschland auf den Markt gebracht. Das Pflanzenschutzmittel mit dem weitaus höchsten Anteil an Acetamiprid am Inlandsabsatz ist Mospilan SG (Zulassungsnr. 005655-00). In welchen der zugelassenen Kulturen (Freiland: Raps, Kartoffeln, Zuckermais, Kernobst, Zierpflanzen, diverse Obst- und Gemüsekulturen, Spargel etc.) Mospilan SG in welchem Umfang tatsächlich eingesetzt wurde, ist dem BVL nicht bekannt.

2. Warum und wodurch kann ein Mittel „als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten“ und gleichzeitig als „B4 = Bienenungefährlich“ mit Zulassung für die Anwendung tagsüber bei Bienenflug eingestuft werden?

Hintergrund sind Untersuchungen, die belegen, dass einige Bestäuber-Arten sensitiver als die Honigbiene auf Pflanzenschutzmittel reagieren und deshalb durch für Honigbienen ungefährliche Mittel gefährdet sein können, wenn diese in die Blüte appliziert werden. Die Auflage „NN410 Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen.“ wird seit dem Jahr 2012 erteilt und stellte eine Anpassung an den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse dar. Die Auflage NN410 betrifft B4 Insektizide/Akarizide für die berufliche Anwendung. Die Erteilung der Auflage erfolgt auf Grundlage der sensitivsten geprüften Art, in der Regel auf Basis der Daten zu Aphidius rhopalosiphi, die als eine Worst-Case-Standardprüfart im Zulassungsverfahren etabliert ist.

3. Wie bewerten BMEL und BVL den ökologischen Schaden, der durch die schädigende Wirkung auf bestäubende Insekten, Raubmilbe, Laufkäfer, Florfliege, Marienkäfer, Brackwespe und Fischnährtiere (vgl. Anwendungsauflagen Acetamipirid-Produkte) entstehen kann?

Die Einstufung der Auswirkungen erfolgt in der Regel auf Grundlage von Worst-Case-Tests, die im Labor bei extremer Exposition sensitiver Entwicklungsstadien durchgeführt werden. Insofern signalisieren diese Kennzeichnungen die potenzielle Gefährdung von Populationen der genannten Arten. Unter den natürlichen Bedingungen einer vielfältigen Agrarlandschaft ist nicht davon auszugehen, dass diese Szenarien regelmäßig und in einem Umfang vorkommen, der Arten tatsächlich unvertretbar stark schädigt. Zudem ist durch Zuwanderung und in der Regel hohe Vermehrungsraten eine Erholung von Populationen zu erwarten. Zum Schutz von Nichtziel-Arthropoden in benachbarten Saumstrukturen wurde die Zulassung mit Anwendungsbestimmungen verbunden, welche auf die Minderung von Einträgen über Abdrift abzielen. Auch bei diesen Bestimmungen werden regelmäßig die sensitivsten Arten berücksichtigt.

4. Wie schützen das BMEL und BVL Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten vor dem Eintrag von Neonicotinoiden über die Blütenspritzung während der Rapsblüte 2021?

Eine Blütenspritzung während der Rapsblüte ist lediglich für als bienenungefährlich eingestufte Pflanzenschutzmittel (NB6641) möglich und sollte möglichst in den Abendstunden erfolgen (NN410).

5. Mit welchem wirtschaftlichen Verlust für Imkereien durch Bienenschädigungen und durch den Verlust der Verkehrsfähigkeit von Honig durch Überschreitung der MRL von Acetamiprid rechnet das BMEL und BVL in der kommenden Anbausaison?

Die im Rahmen der Zulassung vorgelegten Versuchsergebnisse können niemals alle Einflussgrößen abdecken, so dass ein Rückstandshöchstgehalt immer nur einen Wert am oberen Ende einer Verteilung darstellt, der mit einer, wenn auch geringen Wahrscheinlichkeit überschritten werden kann. Dies bestätigen die Ergebnisse der offiziellen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer. Im Übrigen sei betont, dass Raps eine der wichtigsten Frühjahrstrachten für die Imker ist, da sie Spitzenerträge bei Honig und Pollen bringt und zudem die Bienenvölker in ihrer Entwicklung fördert. So ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass je ha blühendem Winterraps ca. 20 bis 30 kg Rapshonig je Bienenvolk von den Imkern geerntet werden können. Im Jahr 2019 zogen die Imker deutschlandweit keine gute Bilanz zur Honigernte im Frühjahr: Nur rund 10 kg je Bienenvolk. Zur Ursache wurde als wichtiger Grund ein vergleichsweise geringer Rapsanbau vermutet.

6. Mit welchen Mengen Rapshonig über dem für Acetamiprid lebensmittelrechtlich zulässigen Grenzwert rechnen das BMEL und BVL, ausgehend von durchschnittlichem Schädlingsdruck und durchschnittlichen Honigerträgen? Wie stellen das BMEL und BVL sicher, dass 2021 kein deutscher Rapshonig in den Verkehr gelangt, der über dem MRL mit Acetamiprid aus Blütenspritzungen belastet ist?

Bitte sehen Sie die Antwort zu Frage 5.

7. Wie bewerten das BMEL und BVL den wirtschaftlichen Nutzen für den Rapsanbau durch die Zulassung von Acetamiprid-haltigen Mitteln. Wie bewerten das BMEL und das BVL den dadurch verursachten wirtschaftlichen Schaden der Imkerei sowie den Schaden an der Biodiversität?

Die Zulassungen von Acetamiprid-haltigen Pflanzenschutzmitteln im Rapsanbau beschränken sich auf die Bekämpfung des Rapsglanzkäfers (RGK). Weitere Zulassungen bestehen für diese Mittel im Raps nicht. Der Rapsglanzkäfer ist einer der wichtigsten Rapsschädlinge und aufgrund einer ausgeprägten Pyrethroid-Resistenz nur noch sicher mit Wirkstoffen zu bekämpfen, die über einen anderen Wirkmechanismus als die Pyrethroide verfügen. Dabei ist für Acetamiprid-haltige Pflanzenschutzmittel vor allem die Bekämpfung des Rapsglanzkäfers vor und zu Beginn der Blüte erforderlich.
Ein konkretes Beispiel: Im Jahr 2006 lagen die Ertragsverluste auf den über 200.000 ha betroffenen Anbauflächen zwischen 20 und 100 Prozent. Auf einem Sechstel (30.000 ha) dieser Flächen kam es zu Schäden, die einen Ertragsausfall von über 80 Prozent nach sich zogen, so dass ein Teil umgebrochen werden musste (https://idw-online.de/de/news173551). Daher wird der wirtschaftliche Nutzen dieser Anwendungen als hoch bewertet. Über einen wirtschaftlichen Schaden der Imkerei liegen keine Daten vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Bekämpfung des RGK für den Blütenansatz der Rapspflanzen förderlich ist und sich so auch positiv auf die Entwicklung der Bienenvölker und infolge die Sammelintensität der Honigbienen und den Honigertrag der Imker auswirkt.

8. Eine Kontamination auch unterhalb des lebensmittelrechtlich zulässigen Grenzwertes mit Neonicotinoiden entspricht nicht den Verbraucher*innen-Erwartungen. Wie will das BMEL und BVL den Ruf von deutschem Honig als reines Naturprodukt schützen?

Für das BVL ist das Thema Einhaltung von Rückstandshöchstmengen von allerhöchster Priorität. Das BVL arbeitet zu diesem Thema aufs Engste mit den nationalen und internationalen Behörden zusammen. Verbraucherwartungen, Verbraucherverhalten und wissenschaftlich fundierte Einschätzungen der realen Verhältnisse stimmen leider nicht immer überein, wie diverse Befragungen in diesem Bereich in der Vergangenheit bestätigen. So wird beispielsweise die Gefahr mikrobiologischer Kontaminationen im Haushalt regelmäßig unterschätzt und beispielsweise die Gefahren von Pflanzenschutzmittel-Rückständen überschätzt. Es verhält sich beim Honig so wie beim Bier, das nach deutschem Reinheitsgebot nur Wasser, Malz und Hopfen enthalten darf. „Unbelastete Naturprodukte“ gibt es jedoch nicht mehr, seit der Mensch begann, das offene Feuer zu nutzen und damit die Dioxinbelastung durch natürlich entstandene Feuer (z. B. Blitzschlag) zu erhöhen.

B: Notfallzulassungen für die Saatgutbehandlung von Zuckerrüben

1. Für welche „Starkbefallsgebiete“ in welchen Bundesländern wurden Notfallzulassungen erteilt?

Die Notfallzulassungen zur Beizung von Zuckerrübensaatgut wurden aufgrund der von den betroffenen Bundesländern gemeldeten und in den Anträgen zur Notfallzulassung aufgeführten Flächengrößen mit einem starken Befall der Vergilbungsviren im Jahr 2020 ausgesprochen. Die betroffenen Bundesländer haben in ihren durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) genehmigten Anträgen auf Notfallzulassungen des Neonicotinoids Thiamethoxam für die Zuckerrübensaatgutbehandlung Starkbefallsregionen benannt, in denen Flächen mit mindestens 30 Prozent Vergilbungsrate liegen. Es wurden entweder Virusnachweise geführt oder Regionen genannt, in denen der zuständige Pflanzenschutzdienst für das Jahr 2021 mit einem Starkbefall rechnet. Die jeweiligen Flächengrößen für die einzelnen Bundesländer betragen:
Nordrhein-Westfalen 40.000 ha, Niedersachsen 34.700 ha, Rheinland-Pfalz 12.700 ha, Baden-Württemberg 12.000 ha, Bayern 20.600 ha, Hessen 5.400 ha, Schleswig-Holstein 1.500 ha.
Die Abgabe des Saatgutes erfolgt ausschließlich über die in den Kurzfassungen der Notfallzulassungen auf der Homepage des BVL genannten Zuckerfabriken und ihre Einzugsgebiete. Diese müssen auch die Abgabe des Saatgutes dokumentieren.

2. Wie bewertet das BMEL und BVL den Biodiversitätsschaden, der von den Notfallzulassungen ausgeht?

Mit den Nebenbestimmungen der Notfallzulassungen des BVL und den Allgemeinverfügungen der antragstellenden Bundesländer werden entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung implementiert, so dass unannehmbare Auswirkungen auf den Naturhaushalt nicht zu erwarten sind. Hierzu gehören u.a. Maßgaben zur Qualität der Saatgutbehandlung und zu den Bedingungen der Saatgutausbringung mit dem Ziel der Vermeidung des Austrags von wirkstoffbelastetem Staub sowie der Ausschluss von für Bestäuber attraktiven Kulturen im Nachbau.

3. Wie hoch bewertet das BMEL und BVL den wirtschaftlichen Schaden, den die Imkerei durch die Notfallzulassungen erfährt?

Aufgrund der oben skizzierten Maßnahmen zur Risikominderung geht das BVL davon aus, dass die Imkerei keine wirtschaftlichen Schäden zu erwarten hat.

4. Welche Ertragsdaten (Rübenertrag/ha, Zuckerausbeute & Verkaufspreis) liegen dem BMEL und BVL für 2020 für diese betroffenen Gebiete vor?

Im Rahmen der Erhebungen der Pflanzenschutzdienste der Bundesländer zur Befallssituation der Vergilbungsviren wurden teilweise auch Untersuchungen zur Auswirkung der Vergilbung auf den Rübenertrag und den Zuckergehalt durchgeführt, die im Rahmen der Anträge auf Notfallzulassung mit eingereicht wurden. In allen Untersuchungen zeigte sich, dass für stark vom Vergilbungsvirus befallene Standorte deutliche Reduktionen des Ertrages und vor allem des Zuckergehaltes der Rüben festzustellen waren. Demnach zeigten sich für befallene Flächen Ertragsverluste von 30 – 40 %.

5. Welche Ertragserwartung und welche Marktpreise 2021 sollen durch den Einsatz der Ne-onicotinoidbeizung per Notfallzulassung abgesichert werden?

Bei der Erteilung einer Notfallzulassung geht es primär um den Schutz der Kulturpflanze. Notfallzulassungen kommen daher nur zum Tragen, wenn für die konkrete Situation die zur Verfügung stehenden Bekämpfungsmöglichkeiten nicht ausreichend sind. Dabei wird der Nutzen der Notfallzulassung gegenüber dem Risiko in einer Ermessensentscheidung abgewogen. Konkrete wirtschaftliche Belange bzw. exakte Kalkulationen spielen daher im Rahmen dieser Ermessensentscheidung zu einer Notfallzulassung keine Rolle.

6. Welche Kosten sind durch die durchzuführenden Risikominderungs- und Monitoring-Maßnahmen für 2021 und die Folgejahre zu erwarten? Wer trägt die Kosten des Monitorings sowie die Kosten von Folgeschäden?

Mit der Notfallzulassung wird vom BVL lediglich die Anwendung des Saatgutbehandlungsmittels in Form der Beizung zugelassen und die damit verbundenen notwendigen Angaben auf den Saatgutverpackungen vorgeschrieben. Die Rahmenbedingungen der späteren Aussaat des Saatgutes und die damit verbundenen Risikominderungsmaßnahmen sowie begleitenden Aktivitäten wie ein entsprechendes Monitoring sollen über eine zu erlassende Verordnung nach § 6 PflSchG oder einer Allgemeinverfügung nach § 8 in Verbindung mit § 6 PflSchG der jeweiligen Bundesländer erfolgen. Daher können hier keine Aussagen über die mit diesen Maßnahmen der Bundesländer verbundenen Kosten getroffen werden.

7. In welchem Verhältnis steht der wirtschaftliche Nutzen für den Zuckerrübenanbau durch die erteilten Notfallzulassungen zum wirtschaftlichen Schaden der Imkerei sowie dem Schaden an Biodiversität?

Aufgrund der weitreichenden, getroffenen Risikominderungsmaßnahmen im Rahmen der Notfallzulassung ist davon auszugehen, dass es keine wirtschaftlichen Schäden für die Imkerei oder einen anderen zu beziffernden Schaden im Bereich der Biodiversität durch diese Notfallzulassungen geben wird. Da im Gegensatz dazu ein wirtschaftlicher Schaden im Zuckerrübenanbau aufgrund der sich ausbreitenden Vergilbung zu erwarten ist, wird die Notfallzulassung als verhältnismäßige Maßnahme bewertet.

8. Welche Anforderungen stellt das BVL an das begleitende Monitoring? Werden neben den bestäubenden Insekten auch andere Tiergruppen, z.B. Vögel, einbezogen?

Da die begleitenden Monitoring-Maßnahmen von den jeweiligen Bundesländern in Ihren Verordnungen nach § 6 PflSchG oder ihren Allgemeinverfügungen nach § 8 in Verbindung mit § 6 PflSchG zu den Notfallzulassungen festgelegt werden, kann das BVL hier keine Auskunft zu den Detailfragen dieser Festlegungen treffen. Es wird als sinnvoll erachtet, bei den Monitoring-Maßnahmen den Fokus auf die Beobachtung einer möglichen Exposition und etwaige Auswirkungen auf bekanntermaßen besonders empfindliche Gruppen von Nichtzielorganismen zu legen. Aus der Risikobewertung im Verfahren zur früheren Regelzulassung sind keine Hinweise bekannt, dass – soweit die Vorgaben hinsichtlich der vollständigen Einarbeitung des ausgebrachten Saatgutes eingehalten werden – körner- oder blattfressende Vögel einem unvertretbaren Risiko ausgesetzt sein könnten.

9. In welchem Umfang werden Boden-, Gewässer- und Bienenbrotproben auf Kontamination mit Thiamethoxam in den betroffenen und angrenzenden Gebieten der Notfallzulassung untersucht?

Siehe Antwort zu Frage 8.

10. Welche Daten und Kenntnisse zur Persistenz von Thiamethoxam in verschiedenen Bodentypen der Gebiete mit Notfallzulassungen liegen dem BVL vor?

In den Verfahren zur Wirkstoffgenehmigung bzw. Mittelzulassung sind Studien zum Abbau des Wirkstoffs in mindestens vier Böden vorzulegen, die repräsentativ sind für die verschiedenen landwirtschaftlich genutzten Böden in den Regionen der Europäischen Union. Die Ergebnisse zeigen, dass Thiamethoxam im Boden unter Laborbedingungen mit einer DT50 (Zeit, innerhalb der die Ausgangskonzentration auf die Hälfte zurückgeht) von 74 bis 276 Tagen abgebaut wird. Unter Freilandbedingungen wurden in Untersuchungen zum Abbau des Wirkstoffs DT50-Werte von 20 bis 264 (Median: 64) Tagen ermittelt.

Abschließend legt das BVL Wert darauf, daran zu erinnern, dass Landwirte wie auch Imker im gleichen Naturraum wirtschaften und die Grundlagen für eine vielfältige Umwelt schaffen und bewahren und beiderseits vom Dialog und Verständnis für die Probleme der jeweils anderen Seite profitieren.

Ausgabejahr 2021
Datum 12.02.2021

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