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Pferdeentwurmung - schwerer als gedacht?

Datum: 09.12.2019

Pferde werden hierzulande in mannigfaltigen Haltungssystemen (z.B. in Paddock- oder Stallhaltung mit oder ohne Weidegang, in konstanten oder wechselnden Gruppen) und zu unterschiedlichen Zwecken (z.B. Freizeit, Zucht, Renn- oder Turniersport) gehalten. Sie sind verschiedenen Alters, Geschlechts und vielfältiger Rassen. All dies bedingt zum einem ein unterschiedlich hohes Risiko für ein Pferd, eine Wurminfektion zu erwerben und zum zweiten eine individuell hohe oder geringe Empfindlichkeit hinsichtlich der Entwicklung von Krankheitssymptomen aufgrund der Wurminfektion. Hinzu kommt, dass Pferde von einer Vielzahl verschiedener Wurmarten befallen werden können und die krankmachenden Eigenschaften dieser Parasiten unterschiedlich ausgeprägt sind. Da sich die meisten Pferde im Laufe ihres Lebens immer wieder neu mit Würmern anstecken können, werden sie häufig und regelmäßig mit Entwurmungsmitteln behandelt, damit sie nicht krank werden.

Resistenzen vermeiden: Mehr Vorbeugen, mehr Untersuchen, weniger Entwurmen

Leider häufen sich die Berichte über das Vorkommen resistenter (unempfindlicher) Würmer bei Pferden. Dies wird u.a. auf den zu häufigen Gebrauch der Entwurmungsmittel zurückgeführt. Die resistenten Würmer haben Mechanismen entwickelt, die es ihnen ermöglichen, eine Behandlung mit Entwurmungsmitteln zu überleben. Wenn resistente Würmer die Entwurmungen überleben, können Pferde trotz Entwurmung erkranken und die Parasiten breiten sich weiter im Bestand aus. Die empfindlichen Würmer werden durch die Behandlung abgetötet und damit entfällt dann für die resistenten Würmer die Konkurrenz. Es gibt auch Berichte über Pferdewürmer, die mittlerweile gegen verschiedene Entwurmungswirkstoffe resistent sind, d.h. auch ein Wechsel des Präparates mit einem anderen Wirkstoff tötet diese Würmer nicht mehr zuverlässig ab. Eine von den Würmern einmal erworbene Resistenz verschwindet nicht wieder. Resistente Würmer bei Pferden stellen daher ein Problem dar und es sollte alles unternommen werden, um der weiteren Resistenzentwicklung entgegenzuwirken. Um dies zu erreichen, sind in erster Linie Prophylaxemaßnahmen gegen die Ansteckung mit Würmern zu ergreifen (z.B. gute Stall- und Weidehygiene mit zweimal wöchentlichem Kotentfernen, Frühjahrsschnitt zur Reduzierung der überwinterten Larvenpopulation, Entfernen von Geilstellen, Weiderotation und/oder Wechselbeweidung (z. B. mit Wiederkäuern) sowie geringe Besatzdichte, Quarantäne neu eingestallter Pferde). Das Düngen von Pferdeweiden mit Pferdemist ist nicht empfehlenswert.

Das Bild zeigt zwei Pferde Pferde Quelle: Diana Taliun / Fotolia

Darüber hinaus sollten alle Pferde nur so oft wie unbedingt erforderlich entwurmt werden. Unnötige Entwurmungen sind zu vermeiden, damit ein sogenanntes Refugium (Würmer, die keinem Selektionsdruck für Resistenz ausgesetzt sind, erhalten bleibt. Man geht davon aus, dass nur etwa 20% der Pferde einer Herde für 80% der Weidekontamination mit Wurmstadien verantwortlich sind. Daher erscheint es sinnvoll, nur diese Hochausscheider (und an Würmern erkrankte Pferde) zu behandeln und die anderen Tiere unbehandelt zu lassen. Dieses Konzept zur Bekämpfung kleiner Strongyliden erwachsener Pferde wird als „selektive Entwurmung“ bezeichnet und setzt eine vorherige Untersuchung von Kotproben voraus. Ein altersgruppenspezifisches Konzept, um die Selektion auf resistente Würmer zu vermeiden, nennt sich „strategische Bekämpfung“ und schließt ebenfalls ein Monitoring des Befalls mittels Kotprobenuntersuchung ein. Ihr Tierarzt/Ihre Tierärztin wird eine faktenbasierte, individuelle Auswahl des geeigneten Wirkstoffs treffen, um ineffektive Entwurmungen zu vermeiden. Dafür wird er/sie neben Art und Ausmaß des Parasitenbefalls auch die Resistenzsituation vor Ort sowie Wirkspektrum, Wirkdauer, Nebenwirkungsprofil und mögliche Umweltrisiken durch das Entwurmungsmittel berücksichtigen. Allgemein gilt, dass zu häufige und wiederholte Anwendung von Entwurmungsmitteln einer Substanzklasse über einen längeren Zeitraum hinweg zu vermeiden sind. Bei Krankheitsfällen mit Verdacht auf Resistenzen gegen Entwurmungsmittel können geeignete weiterführende Untersuchungen durchgeführt werden. Lassen Sie sich zu diesen komplexen Fragestellungen von Ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin beraten. Vom Erwerb der Entwurmungsmittel über das Internet wird dringend abgeraten, da darüber ggf. gefälschte Tierarzneimittel vertrieben werden. Zudem ist der Kauf verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel ohne Verschreibung illegal.

Bei der praktischen Anwendung der Entwurmungsmittel gibt es einiges zu beachten. Eine zu geringe Dosis kann nicht nur zu einer mangelnden Wirksamkeit führen, sondern auch die Resistenzentwicklung fördern, während eine zu hohe Dosis unerwünschte Arzneimittelwirkungen hervorrufen kann. Daher ist es wichtig, das Gewicht des zu behandelnden Pferdes mittels Waage oder Gewichtsband möglichst genau zu ermitteln, um die richtige Dosis anwenden zu können. Außerdem ist sicherzustellen, dass die gesamte Dosis aufgenommen wird. Wenn trotz der korrekten Anwendung der Behandlungserfolg ausbleibt, melden Sie dies bitte Ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin, dem pharmazeutischen Unternehmer oder uns direkt (siehe unten).

Nebenwirkungen

Generell werden die für Pferde zugelassenen Entwurmungsmittel nach korrekter Anwendung gut vertragen. Abhängig vom Wirkstoff können aber unter Umständen Nebenwirkungen auftreten, die in der Regel vorübergehend sind und spontan abklingen. Eine symptomatische Behandlung kann jedoch mitunter in Einzelfällen ratsam sein. Bei sehr starkem Wurmbefall kann die Abtötung der Parasiten zu leichter, vorübergehender Kolik und zu weichem Kot führen. Vereinzelt zeigen Pferde mit starkem Befall mit bestimmten Parasitenstadien nach der Behandlung Schwellungen v.a. im unteren Bauchbereich und Juckreiz, was vermutlich auf die massive Abtötung von Entwicklungsstadien der Parasiten zurückzuführen ist. Außerdem gibt es bisweilen Berichte über Bewegungsstörungen und Abgeschlagenheit nach bestimmten Wirkstoffen.

Der als Antioxidanz in Entwurmungspasten eingesetzte Stoff Butylhydroxyanisol ist dafür bekannt, bei Menschen örtlich begrenzt Hautreizungen (z. B. Kontaktdermatitis) und Reizungen der Schleimhäute hervorrufen zu können. Fallberichte deuten darauf hin, dass empfindliche Pferde ähnlich auf diesen Stoff reagieren können: Sie zeigen kurz nach Verabreichung der Wurmkur Symptome wie Schmerzhaftigkeit, Schwellungen und Rötungen an Lippen, Maul und Zunge, vermehrtes Speicheln, reduzierte Futteraufnahme und Verhaltensänderungen. In diesem Falle kann Kühlen der betroffenen Stelle als Erste-Hilfe-Maßnahme sinnvoll sein. In schlimmeren Fällen kann die Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten durch den Tierarzt/die Tierärztin notwendig werden. Bis zum vollständigen Abklingen der Symptome empfiehlt sich beim Trensen und Reiten oder Fahren auf die schmerzhafte Maulregion Rücksicht zu nehmen.

Entwurmungsmittel für Pferde mit den Wirkstoffen Ivermectin und Moxidectin können aufgrund der hohen Wirkstoffkonzentration bei Hunden oder Katzen zu teilweise sehr schweren Nebenwirkungen bis hin zum Tod führen. Häufig ist dafür die versehentliche Aufnahme ausgelaufener Paste oder Zugang zu benutzten Applikatoren verantwortlich. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass Hunde und Katzen keinen Zugang zu Tierarzneimitteln für Pferde haben. Auch die Aufnahme von Dung frisch behandelter Pferde ist eine mögliche Vergiftungsquelle für Hunde. Falls Sie Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen (z.B. schwankender Gang), Krampfanfälle, Erbrechen oder Verdacht auf Blindheit und schlechtes Allgemeinbefinden bei Hunden oder Katzen in kurzem zeitlichem Zusammenhang mit der Pferdeentwurmung feststellen, so teilen Sie diese Beobachtung dem behandelnden Tierarzt/der behandelnden Tierärztin mit, damit eine entsprechende Therapie eingeleitet werden kann.

Auch beim Menschen wurden nach versehentlichem Kontakt mit einigen Entwurmungsmitteln Nebenwirkungen wie z.B. Haut- oder Augenreizungen beschrieben. Daher wird geraten, die in der Packungsbeilage für den Anwender beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.

Umweltauswirkungen aufgrund der Reduktion der Dungfauna und der sich davon ernährenden Tierarten sind bei bestimmten Wirkstoffen möglich.

Entwurmungsmittel für Pferde sind verschreibungspflichtig. Sie dürfen nur nach vorheriger Diagnose durch den Tierarzt abgegeben werden. Dieses Vorgehen ist die Voraussetzung einer faktenbasierten Therapie und dient der Verminderung möglicher Risiken für Mensch, Tier und Umwelt, die mit der Verwendung von Entwurmungsmitteln bei Pferden verbunden sind.

Bitte unterstützen Sie die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt und melden alle Fälle mangelnder Sicherheit und mangelnder Wirksamkeit nach Anwendung von Tierarzneimitteln mittels des BVL-Online-Formulars zur Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).

Quellen

  1. Matthews, 2014, Anthelmintic resistance in equine nematodes, International Journal for Parasitology: Drugs and Drug Resistance 4: 310-315
  2. Gokbulut C, McKellar QA, 2018, Anthelmintic drugs used in equine species, Veterinary Parasitology 261, 27-52
  3. EMA/CHMP/302620/2017/DE Annex to the European Commission guideline on ‘Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use’ (SANTE-2017-11668)

Ausgabejahr 2019
Datum 09.12.2019

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