Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Abgabemengen von Antibiotika in der Tiermedizin leicht gestiegen

Mengen für Polypeptidantibiotika und Cephalosporine der 3. und 4. Generation auf niedrigstem Wert seit 2011, leichter Anstieg bei Fluorchinolonen

Datum: 12.10.2021

Die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika ist in Deutschland im Jahr 2020 leicht gestiegen. Wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitteilt, wurden insgesamt 701 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben – 31 Tonnen mehr als im Vorjahr (plus 4,6 %). Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung, betrug der Rückgang der abgegebenen Antibiotika 59 %. Die Abgabemenge der für die Therapie beim Menschen besonders wichtigen Fluorchinolone stieg in 2020 leicht an. Die Polypeptidantibiotika (Colistin) erreichten ihren bisher niedrigsten Wert seit 2011.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 701 Tonnen (t) Antibiotika von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte in Deutschland abgegeben. Die größten Mengen fanden sich wie in den Vorjahren bei den Penicillinen (278 t) und Tetrazyklinen (148 t). Es folgten Sulfonamide (65 t), Makrolide (61 t) und Polypeptidantibiotika mit 60 t.

Die Grafik zeigt den Vergleich der regionalen Antibiotika-Abgabemengen 2011 und 2020.  Abdruck nur unter Quellenangabe "© Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)". Grafik: Vergleich der regionalen Antibiotika-Abgabemengen 2011 und 2020

Hinweis: In der ersten Version der Abbildung 1 "Vergleich der regionalen Antibiotika-Abgabemengen 2011 und 2020" war in der Legende fälschlicherweise der Bereich "200-500t" angegeben. Korrekt umfasst dieser Bereich allerdings "100-500t". Die Abbildung wurde daher am 06.10.2023 angepasst.

Die Menge der abgegebenen Fluorchinolone stieg im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 t (6,7 %). Trotz dieses leichten Anstiegs lag sie deutlich unter dem Anfangswert aus dem Jahr 2011 (-22 %). Einen Rückgang gab es im Vergleich zum Vorjahr dagegen bei den Polypeptidantibiotika (-9,2 %). Auch sie gehören wie die Cephalosporine der 3. und 4. Generation, die Fluorchinolone und die Makrolide zu den Wirkstoffen, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen (Highest Priority Critically Important Antimicrobials for Human Medicine) eingestuft wurden. Insgesamt war zwischen 2011 und 2020 eine Reduktion um 2,2 t (-63,4 %) bei den Cephalosporinen der 3. und 4. Generation sowie um 67 t (53 %) bei den Polypeptidantibiotika zu verzeichnen. Bei den Makroliden gab es 2020 einen Anstieg um 3,7 t (6,4 %) im Vergleich zum Vorjahr, jedoch eine Gesamtreduktion über den Erfassungszeitraum um 112 t (64,9%).

Tab. 1: Vergleich der Antibiotika-Abgabemengen bezogen auf die Wirkstoffklassen 2011 bis 2020
WirkstoffklasseAbgabe-menge [t] 2011Abgabe-menge [t] 2012Abgabe-menge [t] 2013Abgabe-menge [t] 2014Abgabe-menge [t] 2015Abgabe-menge [t] 2016Abgabe-menge [t] 2017Abgabe-menge [t] 2018Abgabe-menge [t] 2019Abgabe-menge [t] 2020Differenz [t] 2011-2020
Aminoglykoside47403938252629303436- 11
Cephalosp., 1. Gen.2,02,12,12,11,92,02,02,12,12,00
Cephalosp., 3. Gen.2,12,32,32,32,32,32,31,31,01,0- 1,1
Cephalosp., 4. Gen.1,41,41,41,41,31,11,10,50,30,3- 1,1
Fenicole6,15,75,25,35,05,15,66,06,36,3+ 0,2
Fluorchinolone8,210,412,112,310,69,39,97,76,06,4- 1,8
Folsäureantagonisten30262419109,87,88,08,18,9- 21,1
Fusidinsäure*           
Ionophore*           
Lincosamide17151715119,9119,91313- 4
Makrolide173145126109525555595761- 112
Nitrofurane*           
Nitroimidazole*           
Penicilline528501473450299279269271264278- 250
Pleuromutiline14181513119,9138,27,711- 3
Polypeptidantibiotika127123125107826974746660- 67
Sulfonamide185162152121736962635965- 120
Tetrazykline564566454342221193188178140148- 416
Summe1.7061.6191.4521.238805742733722670701- 1005

Scheinbare Ungenauigkeiten oder Abweichungen bei den Mengenangaben sind durch Rundungseffekte bedingt.
*Wahrung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, Daten dürfen nicht veröffentlicht werden, da es i. d. R. nur einen Zulassungsinhaber gibt (nach § 6 IFG und § 9 Abs. 1 (3) UIG)

Die gemeldeten Wirkstoffmengen lassen sich einzelnen Tierarten nicht zuordnen, da die Mehrzahl der Wirkstoffe für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen ist. Dies wird im Rahmen der Umsetzung der EU-Tierarzneimittelverordnung ((EU) 2019/6) möglich werden. In Artikel 57 wird die Erfassung der Abgabe- und Verbrauchsmengen von Arzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen, die bei Tieren angewendet werden, vorgeschrieben. Gemäß Art. 57 (5) der VO (EU) 2019/6 müssen die Daten für die ersten Tierarten (Rind, Schwein, Huhn, Pute) ab 2023 erfasst werden, weitere Tierarten werden ab 2027 folgen.

Hintergrund

Tierarzneimittel wie Antibiotika werden eingesetzt, um kranke Tiere zu behandeln. Dies ist erforderlich, um die Tiergesundheit und den Tierschutz sicherzustellen und den Menschen vor Zoonosen (auf Menschen übertragbare Tierkrankheiten) zu schützen.

Die Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellt eine globale Bedrohung dar, in der Human- und in der Veterinärmedizin. Der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien und/oder der Transfer von Resistenzgenen sind wechselseitig zwischen Mensch und Tier möglich.

Seit dem Jahr 2011 sind pharmazeutische Unternehmen und Großhändler gesetzlich dazu verpflichtet, die Mengen an Antibiotika, die jährlich an Tierärzte in Deutschland abgeben werden, zu erfassen. Diese Daten werden an ein zentrales Register gemeldet, welches seit Mai 2020 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn geführt wird. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin nimmt die jährliche Auswertung der Daten vor.

Ausgabejahr 2021
Datum 12.10.2021

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