Hintergrundinformation: Gentechnik in Lebensmitteln
Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen
Datum: 15.03.2007
Gibt es bereits gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem deutschen Markt?
In Deutschland und der europäischen Union wurden gentechnisch veränderte Pflanzen bisher nur in geringem Umfang kommerziell angebaut. Dennoch können sich bereits heute importierte Bestandteile einzelner gentechnisch veränderter Organismen (GVO) als Zutaten, Zusatz- oder Hilfsstoffe in Lebensmitteln befinden, da der Anbau von gentechnisch verändertem Soja und Mais vor allem in Nord und Südamerika weit verbreitet ist. So werden beispielsweise Pflanzenöle bereits heute teilweise aus gentechnisch veränderten Sojabohnen, Raps sowie Mais gewonnen. Auch Glukosesirup wird vielfach schon aus gentechnisch verändertem Mais hergestellt.
Müssen gentechnisch veränderte Organismen gekennzeichnet werden?
Lebensmittel, die selbst einen gentechnisch veränderten Organismus darstellen, müssen ausnahmslos gekennzeichnet werden. Dies gilt auch für lose Ware, die im Supermarkt oder auf Wochenmärkten angeboten wird. Solche Lebensmittel sind aber bisher in der EU noch nicht zugelassen. Folgende GVO könnten beispielsweise nach einer Zulassung auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden:
- Tomaten, Maiskolben, Kartoffeln, Reis, Kernobst
- Lebender Fisch
- Backhefe
Müssen auch Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, gekennzeichnet werden?
Ja, auch Lebensmittel, die GVO enthalten, müssen gekennzeichnet werden. Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten können zum Beispiel sein:
- Weizenbier mit gentechnisch veränderter Hefe
- Joghurt mit gentechnisch veränderten Bakterien
- Dauerwurst mit gentechnisch veränderten Starterkulturen
- Müsli mit vermehrungsfähigen Samenkörnern
Welche Lebensmittel, Zutaten oder Zusatzstoffe aus gentechnisch veränderten Organismen müssen gekennzeichnet werden?
Alle Lebensmittel, die Zusatzstoffe und Zutaten enthalten, die von gentechnisch veränderten Organismen erzeugt wurden, müssen gekennzeichnet werden. Dies können zum Beispiel sein:
- Stärke aus gentechnisch verändertem Mais und daraus hergestellter Glukose o. Fructosesirup
- Öle aus gentechnisch veränderten Sojabohnen oder gentechnisch verändertem Raps
- Zusatzstoffe wie Lecithin aus gentechnisch veränderten Sojabohnen
- Aromen aus gentechnisch verändertem Sojaeiweiß
Solche Zutaten und Zusatzstoffe finden sich in zahlreichen Lebensmitteln, Fertigprodukten und Süßwaren. Ob diese Produkte mit Hilfe der Gentechnik hergestellt wurden, geht seit dem 18. April 2004 aus der Zutatenliste auf dem Produkt hervor.
Müssen auch verarbeitete Lebensmittel und Zutaten, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen und anderen Organismen hergestellt wurden, gekennzeichnet werden?
Ja, auch Zutaten aus gentechnisch veränderten Organismen und verarbeitete Lebensmittel, die solche enthalten, müssen gekennzeichnet werden. Die Pflicht zur Kennzeichnung gilt auch dann, wenn die gentechnische Veränderung im Endprodukt nicht nachweisbar ist, wie beispielsweise bei Zucker aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben.
Müssen auch Zusatzstoffe oder Aromen gekennzeichnet werden?
Werden Zusatzstoffe und Aromen unmittelbar aus einem gentechnisch veränderten Organismus hergestellt, so müssen diese in der Zutatenliste gekennzeichnet werden. Nicht kennzeichnungspflichtig sind dagegen Zusatzstoffe, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden.
Werden auch Fleisch, Fisch, Milch und Eier gekennzeichnet, wenn die Tiere mit gentechnisch verändertem Futter wie Mais oder Soja gefüttert wurden?
Nein. Die Kennzeichnungspflicht bezieht sich nur auf die direkte Anwendung der Gentechnik am Lebensmittel. Fleisch, Fisch, Milch, Eier und andere tierische Erzeugnisse werden daher nicht gekennzeichnet, auch wenn die Tiere mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden.
Muss auch Honig gekennzeichnet werden, der von Trachten stammt, die gentechnisch verändert sind?
Honig, der Pollen und Nektar gentechnisch veränderter Pflanzen enthält, ist nach Auffassung der EU-Kommission ein Lebensmittel, das nicht in den Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 1829/2003 fällt, da Honig kein "aus GVO hergestelltes Lebensmittel" ist. Honig wird nicht im Sinne der Verordnung „mit Hilfe von GVO“ gebildet, da die Biene kein GVO ist. Pollen ist im Honig nicht vermehrungsfähig und stellt daher keinen Organismus im Sinne der Definition der Richtlinie 2001/18/EG dar. Das Gemeinschaftsrecht der EU schließt aber auch keinen Hinweis auf Pollen aus GVO aus.
Müssen auch gentechnisch veränderte Hilfsstoffe gekennzeichnet werden, die bei der Herstellung eines Lebensmittels verwendet wurden?
Gentechnisch veränderte Hilfsstoffe wie zum Beispiel Enzyme, die bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden, müssen nicht gekennzeichnet werden.
Müssen auch geringe Anteile gentechnisch veränderter Organismen, die versehentlich in Lebensmittel gelangen, ausgewiesen werden?
Durch Ladungsreste in Schiffen oder die Nutzung gleicher Maschinen für die Herstellung von Zutaten aus gentechnisch veränderten und konventionellen Organismen können Spuren gentechnisch veränderter Organismen in die Lebensmittel gelangen. Solche unbeabsichtigten und zufälligen GVO-Beimischungen von in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen müssen, bezogen auf die jeweilige Zutat, erst dann gekennzeichnet werden, wenn ihr Anteil mehr als 0,9 Prozent beträgt. Werden allerdings GVO-Rohstoffe bewusst beigemischt, so muss das entsprechende Lebensmittel bzw. die Zutat auch bei einem Anteil von weniger als 0,9 Prozent gekennzeichnet werden.
Wie wird die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel konkret aussehen?
Alle Lebensmittel mit Bestandteilen, die vollständig oder teilweise aus zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (z.B. Raps, Mais oder Soja) hergestellt werden, müssen dies in der Zutatenliste ausweisen. Dies gilt auch dann, wenn sich die gentechnische Veränderung im fertigen Lebensmittel nicht mehr nachweisen lässt. Die Kennzeichnung findet sich also im Kleingedruckten auf der Zutatenliste bzw. dem Etikett des Produkts. Dabei sind verschiedene Formulierungen möglich wie „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem … hergestellt“ Der Hinweis auf die Veränderung muss entweder in Klammern direkt hinter der gentechnisch veränderten Zutat stehen oder in Form einer Fußnote vermerkt werden. Auch unverpackte Lebensmittel (z.B. Obst/Gemüse) müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auslage des Lebensmittels gekennzeichnet werden. Auch auf Miniverpackungen unter 10 cm2 muss in lesbarer Form der Kennzeichnungspflicht Rechnung getragen werden.
Gilt die Kennzeichnungspflicht auch in Kantinen und Restaurants?
Speisen, die GVOs enthalten oder unter Zuhilfenahme von GVOs zubereitet wurden, müssen entsprechend in der Speisekarte oder bei der Essensausgabe gekennzeichnet werden.
Kann ich mich noch 100 Prozent gentechnikfrei ernähren?
Das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gentechnikgesetz sowie die Verordnung zur guten fachlichen Praxis beim Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen zielen darauf, weiterhin einen gentechnikfreien Anbau und gentechnikfreie Lebensmittel in Deutschland zu sichern. In vielen Ländern der Welt werden jedoch gentechnisch veränderte Pflanzen bereits auf einem erheblichen Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche angebaut. Während des Anbaus, bei der Ernte, dem Transport, der Lagerung und der Verarbeitung kann es zu technisch bedingten und unbeabsichtigten Beimengungen gentechnisch veränderter Anteile in gentechnikfreie Chargen kommen. Daher können auch in Produkten, die nicht gekennzeichnet sind, gentechnisch veränderte Beimengungen in der EU zugelassener Organismen bis zum Toleranzwert von 0,9 Prozent, bezogen auf die jeweilige Zutat, enthalten sein.
Verschlechtert sich die Lebensmittelsicherheit insgesamt durch die Zulassung gentechnisch veränderter Produkte?
Zulassungen für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel werden nur dann erteilt, wenn diese keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt haben und den Verbraucher oder Anwender nicht irreführen. Die neuen Produkte dürfen sich von vergleichbaren Erzeugnissen, die sie ersetzen sollen, nicht so unterscheiden, dass ihr normaler Verzehr Ernährungsmängel für Mensch oder Tier mit sich bringt.
Kann ich mich auf die Kennzeichnung verlassen?
Um der Kennzeichnungspflicht Rechnung zu tragen, müssen Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Handel ein über die gesamte Warenkette reichendes Informations- und Dokumentationssystem aufbauen. Die Lebensmittelwirtschaft steht in der Pflicht, geeignete Systeme zur Rückverfolgbarkeit aufzubauen. Die Internationalisierung des Agrarhandels mit Märkten, in denen gentechnisch veränderte Organismen bereits einen großen Anteil haben, werden weitere Regulationsschritte erforderlich machen.
Wer kontrolliert die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften zur Gentechnik?
Die Verantwortung für die amtliche Lebensmittelüberwachung und eine ausreichende technische und personelle Ausstattung der Ämter tragen die Bundesländer. Zur Untersuchung werden u. a. geeignete Nachweisverfahren in spezialisierten und qualifizierten Laboratorien eingesetzt.
Wie sehen die Kontrollen der Kennzeichnungspflicht konkret aus?
In Deutschland ist es Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Länder, die Einhaltung der Kennzeichnung zu überwachen. Die Struktur der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist in den Bundesländern ähnlich, aber nicht völlig übereinstimmend organisiert.
Welche Aufgaben nimmt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Zusammenhang mit der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen in Lebensmitteln wahr?
Um eine gentechnisch veränderten Pflanze anbauen oder zur Lebensmittel- oder/und Futtermittelherstellung nutzen zu dürfen, muss auch ein EU-weites Zulassungsverfahren positiv durchlaufen werden, an dem als die für Deutschland zuständige Behörde das BVL beteiligt ist. Das BVL prüft dabei den Kennzeichnungsvorschlag des Antragstellers. Überdies wird geprüft, ob alle weiteren vom Gesetz geforderten Angaben zur Ermöglichung der Überwachung wie z. B. Informationen zu Nachweisverfahren und Zugang zu Kontrollmaterial in den Antragsunterlagen enthalten sind. Die eigentliche Überwachung des GVO oder der daraus hergestellten Produkte in Lebensmitteln – einschließlich der Kennzeichnungspflicht ist Aufgabe der Bundesländer. Gemäß Gentechnik - Durchführungsgesetz ist das BVL die zuständige nationale Behörde für die Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Lebensmittel. Sie gibt gegenüber der Europäischen Lebensmittelbehörde die nationalen Stellungnahmen ab. Hierzu stellt das BVL das Benehmen mit dem Robert Koch - Institut, dem Bundesinstitut für Risikobewertung und dem Bundesamt für Naturschutz her und holt von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft eine Stellungnahme ein.
Wie werden Verstöße gegen die Kennzeichnungsbestimmungen geahndet?
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf gebilligt, der für Verstöße gegen die Vorschriften zur Kennzeichnung von GVO-Lebensmitteln ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro vorsieht. Dieser Gesetzentwurf befindet sich zurzeit im Vermittlungsverfahren.
Welche Vorschriften und Gesetze regeln die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln?
Die Europäische Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel ersetzt im Bereich der gentechnisch veränderten Organismen die seit Mai 1997 geltenden Bestimmungen der so genannten Novel-Food-Verordnung. Ziel der neuen Rechtsvorschriften ist es, Zulassungsverfahren für neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten sowie Futtermittel einfacher und transparenter zu gestalten, die Sicherheitsprüfung zu harmonisieren und umfassendere Kennzeichnungsbestimmungen festzulegen. In der Europäischen Verordnung zu Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung werden die Anforderungen an diese beiden Aspekte konkretisiert und festgeschrieben.
Soll mit der Kennzeichnung gentechnisch veränderter Inhaltstoffe vor dem Verzehr gewarnt werden?
Die Kennzeichnung ist kein Warnhinweis. Durch die Kennzeichnung soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob er den Einsatz der Gentechnik in Lebensmitteln wünscht. Wer gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt, kann Produkte kaufen, die ohne bewusste und direkte Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen erzeugt wurden. Die Kennzeichnungspflicht ermöglicht dem Verbraucher, eine bewusste Kaufentscheidung im Hinblick auf gentechnisch veränderte Lebensmittel zu treffen. Durch diese „Entscheidung mit dem Einkaufskorb“ bestimmen die Verbraucher über ihre Nachfrage, ob sich gentechnisch veränderte Produkte am Markt durchsetzen können.
Ausgabejahr
2007
Datum
15.03.2007
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